Kurioses vom Bahnhof in Bad Bentheim

Von der Bauposse zum Marketinggag

Der Bahnhof von Bad Bentheim: Nach Modernisierungsarbeiten des Bahnhofes, bei dem der Bahnsteig um 40 cm erhöht wurde, lassen sich die Bahnhofstüren nicht mehr öffnen.
Um 40 cm wurde der Bahnsteig am Bahnhof von Bad Bentheim erhöht, die Bahnhofstüren konnte nicht mehr geöffnet werden. © picture alliance / Mohssen Assanimoghaddam/dpa
Von Dietrich Mohaupt |
Ganz Deutschland lachte darüber: In Bad Bentheim wurden die Bahnsteige erhöht und waren vom Bahnhofsgebäude nicht mehr zu erreichen. Viele Reisende kletterten deshalb durch ein Fenster. Die Verantwortlichen nehmen es mit Humor.
Ja, die Sache mit den Bahnreisenden, die in Bad Bentheim am Bahnhof durch ein Fenster auf den Bahnsteig klettern mussten… die war im August 2016 schon dem Satire-Magazin extra-3 des NDR eine kleine Geschichte wert.
"Die Bahn hat den Bahnsteig knapp 40 Zentimeter erhöht, hier wurde alles neu und hübsch bepflastert… nur das Bahnhofsgebäude wurde nicht mit erhöht! Und jetzt gehen die Türen nicht mehr so gut auf… also alle Türen!"
Damals bemühte sich Joachim Berends von der Eisenbahngesellschaft Bad Bentheim – der das Bahnhofsgebäude gehört – um eine … sagen wir mal "pragmatische" Lösung für die Reisenden.
"Die Leute gehen quasi… nicht durch die Tür, sondern sie gehen durch das Fenster. Sie machen das Fenster auf, da ist so ein kleiner Stuhl davor, da steigen die drauf und dann gehen sie durch das Fenster auf den Bahnsteig."
"Durch das Fenster? Das gibt es ja wohl nicht, oder? Das ist doch wohl ein Witz!"

Wie ein Schildbürgerstreich

Nein – kein Witz, monatelang kletterten tatsächlich immer wieder Reisende durch das Fenster aus dem Bahnhofsgebäude auf den Bahnsteig. Sie hätten auch außen um das Gebäude herumgehen können – ein Umweg von etwa 50 Metern wäre das gewesen. Aber – einige wollten offenbar unbedingt mal durch so ein Fenster klettern… vor allem wenn gerade mal wieder ein Fernsehteam vor Ort war, gestand damals ein etwas gequält in die NDR-Kamera lächelnder Joachim Berends ein.
"Derzeit ist das so… wir haben – ja, das kommt einem ein bisschen vor wie ein Schildbürgerstreich…"
Naja – ganz ehrlich… aber lassen wir doch einfach mal den Bürgermeister von Bad Bentheim, Volker Pannen, zu dieser Angelegenheit zu Wort kommen. Der holt ein wenig weiter aus, berichtet von einem Gesamtpaket in Sachen Stadtsanierung, zu dem auch die Umgestaltung des gesamten Bahnhofsumfeldes und die Grundsanierung des alten Bahnhofsgebäudes gehöre. Erste Pläne dafür waren gerade in Arbeit, als die Deutsche Bahn schon mit den Arbeiten an den Bahnsteigen begann – was nun, habe man sich damals überlegen müssen.
"Machen wir ein Sammelsurium von Rampen und Treppen auf den Bahnsteig, den die Deutsche Bahn dort ja um 38 Zentimeter erhöhen wollte, um die Barrierefreiheit in die Züge hinein herzustellen – oder lassen wir das sein, weil wir davon ausgehen, dass wir innerhalb kurzer Zeit auch das Bahnhofsgebäude selbst, den Boden dort im Erdgeschoss, um 38 Zentimeter erhöhen können."

Das berühmte Fenster

Man habe sich dann …. richtig, gegen das Sammelsurium aus Rampen und Treppen entschieden. Nur leider hat eben die Sache mit der Erhöhung des Fußbodens im Bahnhofsgebäude deutlich länger gedauert als ursprünglich gedacht. Das besagte Fenster wurde mit der Zeit immer berühmter, über Bad Bentheims Bahnhof wurde recht spöttisch, manchmal auch nicht ganz fair, bundesweit in den Medien berichtet. Die große Boulevard-Zeitung mit den vier Buchstaben z.B. titelte "Letzter Halt – Bad Doofheim" – das war gar nicht nett, findet der Bürgermeister rückblickend, aber eigentlich war es eher die Ausnahme.
"Diese Überschrift war sicherlich so, dass sie Aufmerksamkeit verschafft hat und uns nicht in einem guten Licht hat dastehen lassen … ansonsten hat man schon auch nicht verschwiegen, weshalb es jetzt dazu gekommen war. Umso schöner ist es heute, den Bahnhof zu erleben und tatsächlich zu sehen, wie schön es werden wird."
Obwohl – so richtig viel ist am Bahnhof noch nicht zu erleben. Das gesamte Umfeld ist immer noch Baustelle. Parkplätze und Bushaltestellen entstehen hier, ein neues Bistro, das gesamte Gelände vor dem Bahnhof wird um gut eineinhalb Meter angehoben – es gibt noch viel zu tun, weiß auch Projektmanagerin Britta Kwakkel.
"Also – mein Leitspruch bei Baustellen ist immer: Es muss erst schlimmer werden, bevor es besser wird. Und den Punkt haben wir hier gerade ganz deutlich erreicht. Die große Parkplatzanlage ist jetzt demontiert, zurück gebaut worden – es ist nur noch eine große, schwarze Fläche, ziemlich matschig im Moment."
Und auch im Bahnhofsgebäude selbst wird überall eifrig gewerkelt – das alte Backsteinhaus ist komplett entkernt – schließlich war es schon ziemlich marode und teilweise wirklich in einem erbärmlichen Zustand, betont Joachim Berends von der Bentheimer Eisenbahngesellschaft.

Publicity für Bad Bentheim

"Genau – das war der Zustand. Jetzt haben wir alles frei gemacht, Fenster raus – dort kommen bodentiefe Türen rein, so dass man von hier dann barrierefrei auch den Bahnsteig gut erreichen kann, den Boden haben wir schon angehoben jetzt…"
Jetzt… immerhin eineinhalb Jahre nach Beginn der ganzen "Affäre"! Einen Kiosk und ein Reisebüro soll es künftig in der Wartehalle geben und das ominöse "Ausstiegs"-Fenster wird dann nur noch Geschichte sein. Nichts wird in ein paar Monaten mehr an diese Episode erinnern – könnte man meinen. Weit gefehlt, versichert dagegen Joachim Berends.
"Es ist ohne Zweifel – und das nehme ich ein Stück weit auch mit Humor – es ist das berühmteste Bahnhofsfenster, das wir jetzt in Deutschland kennen. Das Fenster wird einen ehrenden Platz bekommen – weil es eben so ein berühmtes Fenster ist, wir werden auch die internationalen Zeitungsberichte noch mit dokumentieren, die dieses Fenster geschrieben hat."
Und auch Bürgermeister Pannen ist sehr zuversichtlich – eigentlich habe die ganze Aufregung um das Bahnhofsfenster dem Kurort Bad Bentheim ja richtig viel Publicity verschafft. Wenn erst einmal der gesamte Bereich um den Bahnhof fertig saniert sei, dann werde sich das alles noch auszahlen, mutmaßt er mit einem Augenzwinkern.
"Mitte 2019 wird auch das Umfeld fertig gestellt sein – dann werden die Leute sich die Augen reiben und sagen: Was ist das schön geworden hier in Bad Bentheim!"