30. Todestag von Kurt Cobain
Kurt Cobain: ein Genie, gequält von Depressionen, Drogensucht und schlimmen Magenschmerzen. © picture alliance / Photoshot
Auf ewig der große Rock-Rebell
Vor 30 Jahren nahm sich Kurt Cobain das Leben. Der Nirvana-Sänger war eine Ikone, seine Bedeutung für die Rockmusik ist kaum zu überschätzen. Doch sein Lebensglück fand er nicht.
Er habe keine Waffe, singt Kurt Cobain in „Come As You Are“.
Im Nachhinein wurde klar, dass das nicht stimmte.
Am 5. April 1994 nahm sich Cobain über der Garage auf seinem Anwesen in Seattle mit einer Schrotflinte das Leben – unter Heroineinfluss und getrieben von Drogen-, Gesundheits- und Eheproblemen.
Ikone und Genie
Er war eine Ikone seiner Generation, Miterfinder und Protagonist einer neuen Musikrichtung: Grunge war die Antwort auf Rockmusik, die ihre ursprüngliche Kraft verloren hatte. Kurt Cobain war ein musikalisches Genie, doch in ihm steckte auch grenzenlose Trauer.
Wo sie herkam, darüber ist viel spekuliert worden. Ganz am Anfang scheint sie noch nicht dagewesen zu sein: 1967 im Nordwesten der USA geboren, beginnt das Leben von Kurt Cobain keineswegs depressiv oder selbstzerstörerisch. Biografen beschreiben seine frühe Kindheit im Bundesstaat Washington als glücklich. Der kleine Kurt trällert Beatles-Songs, trommelt auf Töpfen, ein aufgewecktes Kind.
„Ich hatte eine wirklich gute Kindheit, bis ich neun war“, erinnerte er sich selbst viele Jahre später. Doch dann kommt die Trennung seiner Eltern, die er nicht verkraftet. Sie lässt ihn verstört und zutiefst wütend zurück.
Ein Leben bei Freunden und unter Brücken
In seiner Jugend lebt Cobain zeitweise bei Verwandten, übernachtet bei Freunden oder manchmal auch unter Brücken. Er beginnt, Drogen zu nehmen.
Schon früh zeigt sich sein musikalisches Talent. Mitte der 1980er-Jahre spielt er in der Sludge-Rock-Band Melvins, die es zu lokaler Bekanntheit bringt.
1987 gründet er zusammen mit dem Bassisten Krist Novoselic Nirvana. Die beiden rekrutieren verschiedene Schlagzeuger, nehmen Demobänder auf und spielen kleine Konzerte im amerikanischen Nordwesten rund um die Großstadt Seattle.
Schlagzeuger Dave Grohl, heute Sänger der Foo Fighters, stößt schließlich als drittes festes Bandmitglied dazu. Was folgt, ist Rock ’n’ Roll-Geschichte. 1989 wird das Debüt „Bleach“ veröffentlicht, im September 1991 erscheint das Album „Nevermind“ mit der Hymne einer ganzen Generation: „Smells Like Teen Spirit“.
Simpel und kraftvoll
Die unwiderstehliche Simplizität der Songs, gepaart mit unglaublicher Kraft und Energie, macht Nirvana zur Sensation. Kurt Cobain, ein schmächtiges Männchen in Jeans und Holzfällerhemd, verdrängt selbst Michael Jackson von der Spitze der Charts - indem er von Angst, Desillusionierung und Missbrauch singt.
„Nevermind“ katapultiert die Band in höchste Höhen. Damit hat niemand so richtig gerechnet. Der britische Musikjournalist Keith Cameron begleitete Nirvana vor der Veröffentlichung des Albums und beschreibt Musiker, die nicht wussten, wo sie die Miete für den nächsten Monat hernehmen sollten.
Die englische Plattenfirma hatte, so Cameron, 6000 Exemplare für den britischen Markt vorgesehen. Das sollte reichen. Schließlich wurde „Nevermind“ weltweit rund 30 Millionen Mal verkauft.
Raue Gitarren, schleifender Gesang
Mit rauen Gitarren, schroffem Schlagzeug und schleifendem Gesang irgendwo zwischen Punk, Hardrock und Metal macht Nirvana – zusammen mit Bands wie Pearl Jam und Soundgarden - den Grunge groß. Wie eine Riesenwelle bricht der Erfolg über die drei Musiker herein. Ruhm, Geld, Fans, Interviews, Promo-Termine, ein Star sein – eine Welt, mit der Cobain kaum etwas anfangen kann.
Es gibt nur drei Nirvana-Alben. „Nevermind“ ist das zweite und eingängigste Werk, massenkompatibel. Auf „In Utero“, der dritten Platte, kehrt die Band wieder zur ursprünglichen Intensität ihrer Debütjahre zurück, mit teils düsteren Texten: „Hasse mich / Tu es und tu es noch einmal / Verschwende mich / Vergewaltige mich, mein Freund“.
Cobain verliert immer mehr den Halt, auch die Ehe mit Sängerin Courtney Love erzeugt nicht die Stabilität, die er bräuchte. Depressionen und chronische Magenschmerzen versucht er mit harten Drogen und Schmerzmitteln zu lindern.
Im Februar 1994 startet die Band die bis April geplante Europa-Etappe ihrer In-Utero-Tour. Doch bereits am 1. März gibt Nirvana im Münchner Terminal 1 das letzte Konzert. Cobain nimmt am 6. März in Rom eine Überdosis - und stimmt einem Entzug in den USA und einem Abbruch der Tour zu.
Doch in den Vereinigten Staaten flieht er wenig später aus der Klinik. Der Letzte, der ihn lebend gesehen haben will, ist Duff McKagan von der Band Guns N´Roses – auf einem Flug nach Seattle.
"Er darf auf keinen Fall alleine sein"
Cobain habe im Flieger neben ihm gesessen und sei verzweifelt gewesen, berichtet er. „Als wir am Flughafen ankamen, wurde ich von einem Freund abgeholt – er von einem Limousinen-Service. Ich dachte noch: Warum nehmen wir ihn nicht mit? Er darf auf keinen Fall alleine sein. Doch als ich mein Gepäck hatte, war er schon weg.“
Cobains Freitod, um den sich wilde Mord- und Verschwörungserzählungen ranken, ist ein Schock für die Musikwelt. Er machte Cobain auf ewig zum großen Rock-Rebellen. „Wenn die Lichter aus sind, ist es nicht so gefährlich“ sang Cobain in „Smells Like Teen Spirit“: Ausdruck seiner Zerbrechlichkeit und einer tiefen Furcht vor dem Leben.