Komiker Kurt Krömer

Wege aus der Depressionsschraube

38:50 Minuten
Porträt von Kurt Krömer, Komiker und Schauspieler.
Vier Kinder, zu viel Alkohol, Depressionen und ein absolut sicheres Gespür für absurde Komik: Alexander Bojcan alias Kurt Krömer. © picture alliance / dpa / Fabian Sommer
Moderation: Katrin Heise · 14.03.2022
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Auf dem Höhepunkt seiner Karriere als Komiker war er am Boden zerstört: Alexander Bojcan alias Kurt Krömer litt unter schweren Depressionen. Sein Buch darüber soll anderen helfen. Es zeigt: Krömer ist ganz anders, als alle immer dachten.
Dass Alexander Bojcan den Krawallkomiker Kurt Krömer heute scharf von sich trennt, ist eine eher neue Entwicklung. Sie hat auch mit seiner Krankheit und der Genesung von ihr zu tun. Denn in der Klinik, die ihn und seine schwere Depression behandelte, war er froh darüber, nicht Kurt Krömer genannt und als solcher behandelt zu werden.
„Ich habe gemerkt, dass diese Kunstfigur gar nicht mehr existiert,“ sagt er. „Ich habe mich aus ihr herausgeschlichen. Ich bin zwar Kurt Krömer. Aber das ist (nur) mein Künstlername.“
In seinem Buch "Du darfst nicht alles glauben, was du denkst" beschreibt er den langen Weg aus seiner Depression, unter der er viele Jahre litt.

Die negative Depressionsschraube

Während die Öffentlichkeit über seine künstlerischen Darbietungen lachte und Alexander Bojcan alias Kurt Krömer mit seinen schrägen Talkshows, in denen seine Gäste oftmals nichts zu lachen hatten, immer bekannter wurde, war die Gedankenwelt verdunkelt.
„Ich habe das mal die 'negative Depressionsschraube' genannt,“ sagt er heute. „Du hast nur negative Gedanken und 'katastrophisierst'.“ Wer unter einer Depression leide, nehme immer nur das Schlimmste an. Der Depressive vermute, dass er von allen gehasst werde und alles ein böses Ende nehme.
Auf dem Höhepunkt seiner Karriere musste Bojcan für acht Wochen in eine Klinik, um sich behandeln zu lassen: „Davor hatte ich Angst. Mir wurde gesagt, das ist jetzt nur noch klinisch handhabbar. Da erkannte ich: Der Leidensdruck ist so groß, dass ich das machen muss.“

Sendungsproduktionen zwischen Klinikaufenthalten

Was ihn allerdings nicht daran hinderte, weiter als Komiker zu arbeiten. Er produzierte sogar Folgen seiner Talkshow 'Chez Krömer' zwischen zwei Klinikaufenthalten.
Dass ein Depressiver nicht lustig sein könne, sei eines der Missverständnisse, die es über die Krankheit gebe, sagt Alexander Bojcan. Die Aufführungen seien eine helle Insel in einer Welt voller dunkler Gedanken gewesen.
„Wenn Sie auf eine Bühne gehen, sitzen da in meinem Fall 2.000 Leute – das ist einfach. Die unangenehmen Dinge des Lebens hast du auf der Bühne nicht. Für mich war das ein großes Geschenk, dass ich mich für zwei Stunden da rausnehmen konnte. Viel schwieriger ist ja der Aspekt, alleinerziehender Vater zu sein.“
Denn Alexander Bojcan hat vier Kinder, von denen er drei allein erzieht. Die tägliche Überforderung, die komplizierten Alltagsprobleme hätten zweifellos schon vor Jahren zu einer tiefen Erschöpfung geführt, berichtet er - ein Burnout, der die bereits vorhandene Depression noch verschärft habe.

Öffentliches Outing

Die Ärztinnen und Ärzte in der Klinik konnten ihm schließlich helfen. Kurz darauf machte er seine Erkrankung im Frühjahr 2021 in der eigenen Sendung öffentlich.
„Das kann man vergleichen mit: Ich springe jetzt aus dem Fenster und hoffe, dass da unten Friedrich Küppersbusch, der Produzent der Sendung, eine Matratze hingelegt hat.“
Sofort gab es unglaublich viele Reaktionen auf das Eingeständnis, erkrankt gewesen zu sein. Die allermeisten waren positiv.
„Ich hatte mich ein Jahr zuvor als trockener Alkoholiker geoutet, da hatte es schon viel Resonanz gegeben. Nicht zu vergleichen war das aber mit dem Outing als Depressiver: Ich bekam sofort fünf- oder sechsttausend Nachrichten. Da war mir klar: Du musst die Geschichte aufschreiben.“
Es findet sich viel Biografisches in seinem Buch, auch die Geschichte seines Vaters. Für Krömer ist dieser eine sehr widersprüchliche Figur. Einerseits verehrte er den Vater wegen dessen Gerechtigkeitssinn, andererseits fürchtete er ihn wegen seiner Gewalttätigkeit.

Der Vater ein Schläger – und Vorbild

Er sei nie geschlagen worden, erzählt er – aber die Ausbrüche des Vaters seien beängstigend gewesen. Der habe sich in Kneipen geprügelt, allerdings immer nur mit Stärkeren.
„Wenn du dich prügelst, hat mein Vater gesagt, dann immer mit jemandem, der einen Kopf größer ist als du. Das habe ich nie gemacht, ich habe mich nie geprügelt. Aber bei 'Chez Krömer' ist das Prinzip da: Da verprügele ich verbal jemanden, der viel stärker ist als ich.“
Seine besondere Art, Talkshows zu leiten und seine Gäste rau anzugehen, sei von der cholerischen Art des Vaters geprägt, sagt Bojcan - aber auch von seinem professionellen Vorbild, dem französischen Komiker Louis de Funès.
(AB)
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