Kurt Wagner über neues Album von Lambchop

"Ich schreibe keine Fiktion"

10:12 Minuten
Kurt Wagner, Sänger der Band Lambchop steht auf einer blauviolett erleuchteten Bühne am Mikrofon und schaut nach oben
Für Lambchop-Mastermind Kurt Wagner sollte jeder Song so geschrieben werden, als sei es der letzte Song. © picture alliance / Photoshot / Christian Hjorth
Kurt Wagner im Gespräch mit Oliver Schwesig |
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Fast 30 Jahre gibt es die Band Lambchop schon, 1993 gegründet von Songwriter und Stimme Kurt Wagner. "The Bible" heißt das neue Album, und so sei die Arbeit an den Songs dieses Mal auch anders gelaufen als sonst: Nämlich genau umgekehrt, sagt Kurt Wagner.
Die Americana-Band "Lambchop" und ihr Mastermind Kurt Wagner haben ein neues Album vorgelegt: "The Bible". Sakraler könnte wohl kaum ein Titel für ein Album sein und in der Tat spricht Wagner im Interview von einer Art Erkenntnis, die Grundlage für die Arbeit an diesem Album war: "Mein Leben hat sich verändert, ich bin älter geworden und man weiß ja nie, ob das die letzte Platte sein wird, die man macht."

Ein unsicherer Kurt Wagner

Er "habe eigentlich nur versucht herausfinden, was als Nächstes passiert" und was er tun wolle, sagt Wagner: "Außerdem war ich unsicher, ob ich wirklich ein neues Album aufnehmen kann, weil so viel in der Welt los war."
Der Start für die Arbeit sei dann nicht von ihm ausgegangen, wie er erzählt: "Ich habe mich mit einem Freund unterhalten. Der hat mir einen Song geschickt und gesagt: 'Ich glaube, das ist der letzte Song, den ich in meinem Leben schreibe.' Und ich finde: Sollte nicht jeder Song so sein?"

So sollte es bei allem laufen, was man macht. Man will einfach immer sein Bestes geben.

Wagners Begründung für die Auswahl des Titels ist dann auch eher praktisch: „Es ist ein sehr einprägsamer Titel. Soweit ich weiß, hat noch niemand sein Album so benannt. Das hat mich überrascht. Ich finde, dass es ein wirklich tolles Album ist, und es sollte einen angemessenen Namen bekommen."

Die Suche nach biblischen Bezügen

Erst nach der Auswahl des Titels habe er dann neue Fragen gestellt und – offenbar – biblische Bezüge und Verbindungen hergestellt, wie er berichtet: "Manchmal muss man nach dem Betiteln rückwärts arbeiten – soll heißen: Es fühlt sich wie der richtige Titel an, aber man weiß nicht wieso. In diesem Fall musste ich herausfinden, warum dieses Album 'The Bible' heißt."
Aber Wagner betont auch, dass es bei diesem Album und grundsätzlich in seiner Arbeit nicht um Religiosität gehe: „Es geht mir mehr um Spiritualität. Ich wollte diese Motivation erkunden und sie aus Songs herausfiltern. Ich wollte aber niemandem erklären, dass es darum geht. Ich wollte, dass man es einfach fühlt." Und er fügt lachend hinzu: "Und dann habe ich es vermasselt und das Album 'Die Bibel' genannt.“
Während der Pandemie pflegte Wagner seinen schwerkranken Vater. Und vieles aus dieser Zeit und diesen Umständen sei dann auch mit den Songs verbunden: „Als ich die Songs geschrieben habe, habe ich Anrufe aus dem Krankenhaus bekommen. Das fand einfach gerade in meinem Leben statt. Und ich versuche immer, in meine Songs einzuarbeiten, was in meinem Leben oder in dem meiner Freunde und meiner Familie passiert." All das tauche in seinen Texten auf. "Ich schreibe keine Fiktion", sagt Wagner.

Thoreau und die Corona-Einsamkeiten

Klare Verbindungen zieht Wagner auch zu einem Klassiker der amerikanischen Literatur: Henry David Thoreaus "Walden" aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Thoreau war für die Arbeit in die Einsamkeit des Waldes gezogen weg von der Zivilisation und schrieb über diese Weltflucht, philosophierte über die Basis des Lebens.
Und für Wagner nun war es ähnlich – die Arbeit an "The Bible" fiel in die Zeit der Entsagungen durch Corona: "Wir waren damals ziemlich isoliert, wir haben nicht viele andere Menschen gesehen. Ich habe mich sehr auf die Natur konzentriert. Und dann habe ich angefangen, den Meister der Naturbeobachtung zu lesen – und habe eine Menge Dinge erfahren, die zu dieser Zeit wichtig erschienen."

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Zusammen mit zwei Produzenten habe er das Album gemacht und mit ihnen auch die Songs gemeinsam geschrieben, berichtet Wagner: "Jeder von uns hat seine eigenen Punkte in bestimmte Songs einfließen lassen. Mein größter Beitrag war meine Stimme und der lyrische Inhalt. Ihr Beitrag war musikalischer."

Neues nur möglich, durch die Arbeit mit anderen

Diese Art der Produktion sei das Prinzip der Band: "Lambchop ist dafür bekannt, dass jedes Album sehr anders klingt und wenn du dir die Alben in chronologischer Reihenfolge ansiehst, siehst du die Vielfalt." Nur so sei es für ihn möglich, Neues zu schaffen, so Wagner:
"Man muss dazu fähig sein, dass die Musik jemand anders produziert oder mitschreibt. Genau deswegen habe ich mich anderen Möglichkeiten geöffnet: Wenn man in die Zukunft blickt, sollte man weiterhin versuchen, ein hoffentlich interessanter Musiker zu bleiben."
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