Rita Kapfhammer, Mezzosopran
Benyamin Nuss, Klavier
Anhaltische Philharmonie Dessau
Leitung: Markus L. Frank
American Classics
30 Jahre nach der deutschen Einheit steht das Kurt-Weill-Fest unter dem Motto: Was sind Grenzen? - somit auch unser heutiges KOnzert. Alle Komponisten des Abends gingen ein Leben lang über künstlerische, geographische und religiöse Grenzen. Sie sind längt, auch Weill, amerikanische Klassiker.
"Was sind Grenzen?" Diese Frage ist das Motto des Kurt-Weill-Festes in Dessau in diesem Jahr. Das hebt auf die Ereignisse nach 1989 ab, auf 30 Jahre vereintes Deutschland, auf die politischen Konstellationen, die immer auch auf die Kultur- und Musikpolitik durchschlugen. Die Werke des Abends passen in den Kontext.
Mit Musik durch die Glaubenskrise
Leonard Bernstein hat in seiner ersten Sinfonie die Klage des Jeremias einbezogen. Ausgangspunkt war eine Glaubenskrise Bernsteins. Diese Erschütterung war für ihn auch eine Krise des Glaubens an die Menschheit, die Menschlichkeit. Er konzipierte die Vertonung des Jeremias-Textes für Sopran und Orchester 1939 im Alter von 21 Jahren. Irgendwie hat er geahnt, welches Grauen in Europa heraufzog.
Die Sinfonie widmete er seinem Vater, der ihn mit der jüdischen Traditionen vertraut gemacht hatte. Die Klage des Jeremias ist für ihn ein Bild für Zerstörung von menschlichen Werten, von Tradition, von Bildung und Humanismus.
1939 entstand die gedankliche Keimzelle, die Vertonung der Klagelieder. Drei Jahre später hat er sie zur Sinfonie komplettiert. Das Motiv zu Beginn kann man, weiß man um die Entstehungsgeschichte, als Klopfen des Schicksals hören. Die hebräisch gesungene Klage ist schließlich Schlusspunkt.
Ergreifendes Adagio
Es folgt das Adagio für Streicher von Samuel Barber, das grenzüberschreitend zum Einsatz kommt: Mal als Filmmusik, mal als Trauermusik während der Beisetzungen großer Männer wie Einstein oder Kennedy, auch als Anklage- und Besinnungsmoment nach den Anschlägen von 9/11.
Das Adagio hatte Barber vorerst als langsamen Satz seines Streichquartettes während einer Europatour komponiert. Für den Dirigenten Toscanini arrangierte er es als Streicherstück - mit dem NBC-Orchester wurde es 1938 in New York uraufgeführt. Barber hat es noch einmal bearbeitet: als achtstimmigen Choral, unterlegt mit dem Text "Agnus Dei".
Psychoanalyse im Broadway-Stück
Das Symphonische Nocturne aus Kurt Weills Broadway-Stück "Lady in the Dark" ist die ausgekoppelte Traummusik der Hauptfigur. Das ist Liza Elliott, eine Modemagazinherausgeberin, die vor etlichen Entscheidungen steht, unter anderem hat sie die Wahl zwischen drei Männern, die ihr nahe stehen. Psychoanalyse soll helfen und Liza träumt die Lebensvarianten durch.
Kurt Weill hatte nach Innovation für den Broadway gesucht. Er wollte den Alltag bühnentauglich zeigen. Weill überspringt die traditionellen Grenzen in seiner Bühnenhandlung und baut die damals geradezu populäre Psychoanalyse mit ein.
Ist das ein Konzert oder doch schon Jazz?
Musikalisch verwischt auch George Gershwin Grenzen in seinem Klavierkonzert, das zwischen traditionellem Konzertbegriff und aufregender Jazzszene changiert.
In der Pause begrüßte das Moderationsteam Beatrice Schwartner und Stefan Lang den Intendanten des Festivals Jan Henric Bogen und den Vorsitzenden der Kurt-Weill-Gesellschaft Thomas Markworth.
Live aus dem Anhaltischen Theater
Leonard Bernstein
Sinfonie Nr. 1 "Jeremiah"
Sinfonie Nr. 1 "Jeremiah"
Samuel Barber
Adagio for Strings
Adagio for Strings
Kurt Weill
Symphonisches Nocturne aus "Lady in the Dark"
Symphonisches Nocturne aus "Lady in the Dark"
George Gershwin
Klavierkonzert in F
Klavierkonzert in F