Kurz und kritisch
"Der Kapitalismus ist ungesund - sogar für Kapitalisten." Das hat der Philosoph Ernst Bloch vor mehr als 50 Jahren festgestellt. Damals als Marxist abgetan, sind seine Worte heute wieder modern. Einige Neuerscheinungen zum Thema im Überblick.
Der Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesh mit weit mehr als 1000 Toten hat uns noch einmal gezeigt: An vielen Produkten, die wir kaufen, klebt unsichtbares Blut. Ein ethischer Wegweiser durch das Dickicht der globalen Konzerne bietet der Journalist Frank Wiebe uns an: Gleich 50 Weltkonzerne unterwirft er einem "Ethik-Test".
Das klingt gut und sinnvoll. Aber reichen Bewertungen mit ein bis fünf Sternchen und jeweils rund vier Seiten Text aus, um sich ein rechtes Bild von einem weltweit agierenden Unternehmen zu machen? Warum Adidas nur zwei Sterne bekommt, macht das Fazit "Asiatische Löhne, europäische Preise" nachvollziehbar. Aber wenn die vier Sterne für Beiersdorf mit "Ethik hautnah" annonciert werden, klingt das eher nach dem Slogan der Marketingabteilung als nach einer Überprüfung der Unternehmensmoral.
Und für Verbraucher, die eigentlich nur einen Joghurt und nicht gleich den ganzen Nestlé-Konzern kaufen wollen, wäre eine kritische Durchleuchtung einzelner Produkte oder Produktbereiche hilfreicher als der Versuch, die oft widersprüchlichen Aspekte solcher Großunternehmen mit einer Gesamtnote zu bewerten.
"Wie fair sind Apple & Co.? 50 Weltkonzerne im Ethik-Test", von Frank Wiebe. 264 Seiten für 21,95 Euro. Verlag Orell Füssli.
Seitdem Wolfgang Fritz Haug 1971 seine viel diskutierte "Kritik der Warenästhetik" veröffentlicht hat, scheint sich auf diesem Gebiet eine lukrative Aufgabeteilung eingespielt zu haben. Werber umhüllen Waren mit einem schönen Schein, den ihre Kritiker dann umgehend als Humbug entlarven. Ein Beispiel: Das Edelkaufhaus Manufactum umschmeichelt seine Kunden mit einer von den Mönchen der Abtei St. Severin handgesiedeten Seife.
Doch den unbestechlichen Blick des Kulturwissenschaftlers Wolfgang Ullrich vermag das nicht zu blenden. Glasklar durchschaut er auch den gefühlten "Gewissenswohlstand", den sich der Konsument von Bio- und Fairtrade-Produkten erkaufen will. Doch dann macht sich der Autor, frei nach Friedrich Schiller, Gedanken über eine "warenästhetische Erziehung" des Menschen.
Rasch wird aus der Ästhetisierung des Trivialen eine Trivialisierung des Ästhetischen. Da hilft auch kein ironisches Augenzwinkern. Wer sich deshalb als Kunde nicht von den Mönchen St. Severins einseifen lassen will, der kann mit einem guten Fachverkäufer mehr Glück haben als bei diesem warenästhetischen Erzieher.
"Alles nur Konsum", von Wolfgang Ullrich. 224 Seiten für 11,90 Euro. Verlag Klaus Wagenbach Berlin.
Im Jahr 1713 veröffentlichte der sächsische Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz das Buch "Sylvicultura oeconomica". Eine wahrhaft nachhaltige Publikation, wird das Buch doch bis heute als Grundlage für das Konzept nachhaltigen Wirtschaftens gefeiert.
Carlowitz war kein schwärmerischer Naturliebhaber, sondern ein erfahrener Pragmatiker, der angesichts des hohen Holzbedarfs im Bergbau zu einer Forstwirtschaft riet, die auch an Enkel und Urenkel denken sollte. Seine Idee der Forstwirtschaft liefert noch immer Beispiele für eine Generationen übergreifende Langzeitplanung.
Jetzt sind eine aufwändige Neuausgabe sowie ein Begleitband erschienen. Dieser führt nicht nur in sein Leben und Werk ein, sondern versteht Carlowitz' Vermächtnis als solide Grundlage für Konzepte einer heutigen Rohstoff-Nutzung. Ein schönes Beispiel dafür, wie sich die Erfahrungen der Vergangenheit für die Zukunft nutzbar machen lassen.
"Die Erfindung der Nachhaltigkeit. Leben, Werk und Wirken des Hans Carl von Carlowitz", herausgegeben von der Sächsischen Carlowitz-Gesellschaft. 288 Seiten für 24,95 Euro. Oekom Verlag.
Das klingt gut und sinnvoll. Aber reichen Bewertungen mit ein bis fünf Sternchen und jeweils rund vier Seiten Text aus, um sich ein rechtes Bild von einem weltweit agierenden Unternehmen zu machen? Warum Adidas nur zwei Sterne bekommt, macht das Fazit "Asiatische Löhne, europäische Preise" nachvollziehbar. Aber wenn die vier Sterne für Beiersdorf mit "Ethik hautnah" annonciert werden, klingt das eher nach dem Slogan der Marketingabteilung als nach einer Überprüfung der Unternehmensmoral.
Und für Verbraucher, die eigentlich nur einen Joghurt und nicht gleich den ganzen Nestlé-Konzern kaufen wollen, wäre eine kritische Durchleuchtung einzelner Produkte oder Produktbereiche hilfreicher als der Versuch, die oft widersprüchlichen Aspekte solcher Großunternehmen mit einer Gesamtnote zu bewerten.
"Wie fair sind Apple & Co.? 50 Weltkonzerne im Ethik-Test", von Frank Wiebe. 264 Seiten für 21,95 Euro. Verlag Orell Füssli.
Seitdem Wolfgang Fritz Haug 1971 seine viel diskutierte "Kritik der Warenästhetik" veröffentlicht hat, scheint sich auf diesem Gebiet eine lukrative Aufgabeteilung eingespielt zu haben. Werber umhüllen Waren mit einem schönen Schein, den ihre Kritiker dann umgehend als Humbug entlarven. Ein Beispiel: Das Edelkaufhaus Manufactum umschmeichelt seine Kunden mit einer von den Mönchen der Abtei St. Severin handgesiedeten Seife.
Doch den unbestechlichen Blick des Kulturwissenschaftlers Wolfgang Ullrich vermag das nicht zu blenden. Glasklar durchschaut er auch den gefühlten "Gewissenswohlstand", den sich der Konsument von Bio- und Fairtrade-Produkten erkaufen will. Doch dann macht sich der Autor, frei nach Friedrich Schiller, Gedanken über eine "warenästhetische Erziehung" des Menschen.
Rasch wird aus der Ästhetisierung des Trivialen eine Trivialisierung des Ästhetischen. Da hilft auch kein ironisches Augenzwinkern. Wer sich deshalb als Kunde nicht von den Mönchen St. Severins einseifen lassen will, der kann mit einem guten Fachverkäufer mehr Glück haben als bei diesem warenästhetischen Erzieher.
"Alles nur Konsum", von Wolfgang Ullrich. 224 Seiten für 11,90 Euro. Verlag Klaus Wagenbach Berlin.
Im Jahr 1713 veröffentlichte der sächsische Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz das Buch "Sylvicultura oeconomica". Eine wahrhaft nachhaltige Publikation, wird das Buch doch bis heute als Grundlage für das Konzept nachhaltigen Wirtschaftens gefeiert.
Carlowitz war kein schwärmerischer Naturliebhaber, sondern ein erfahrener Pragmatiker, der angesichts des hohen Holzbedarfs im Bergbau zu einer Forstwirtschaft riet, die auch an Enkel und Urenkel denken sollte. Seine Idee der Forstwirtschaft liefert noch immer Beispiele für eine Generationen übergreifende Langzeitplanung.
Jetzt sind eine aufwändige Neuausgabe sowie ein Begleitband erschienen. Dieser führt nicht nur in sein Leben und Werk ein, sondern versteht Carlowitz' Vermächtnis als solide Grundlage für Konzepte einer heutigen Rohstoff-Nutzung. Ein schönes Beispiel dafür, wie sich die Erfahrungen der Vergangenheit für die Zukunft nutzbar machen lassen.
"Die Erfindung der Nachhaltigkeit. Leben, Werk und Wirken des Hans Carl von Carlowitz", herausgegeben von der Sächsischen Carlowitz-Gesellschaft. 288 Seiten für 24,95 Euro. Oekom Verlag.