Kurz und kritisch
Ein kaum vorstellbares Schicksal verbindet den Filmregisseur Rithy Panh und den Maler Vann Nath. Beide saßen unter Pol Pots Terrorherrschaft im berüchtigten Gefängnis S 21 in Kambodscha. Ihre Berichte zeigen, wie sie die Folter an Körper und Seele überleben konnten.
Dieses Buch tut weh, nicht nur beim Lesen. Entschieden noch mehr bei der unausweichlichen Vorstellung, was der Autor im Prozess des Schreibens an Qualen durchlitten haben musste. Verfolgungswahn, Panikattacken, Alpträume und Nervenzusammenbrüche waren da vielleicht noch das Harmloseste. Rithy Panh, Jahrgang 1964, während der vierjährigen Mordherrschaft der Roten Khmer in Kampuchea in seiner Jugend einziger Überlebender einer vielköpfigen Familie, ist später ein weltweit gefeierter Filmemacher geworden. Wie bereits in zweien seiner preisgekrönten Filme gibt Rithy Panh in "Auslöschung" viele seiner Interviews mit Duch, dem Direktor des Folterzentrums S 21 von Pol Pots Geheimpolizei Santebal, wieder.
Die Roten Khmer hatten während ihrer Terrorherrschaft das gesamte individuelle Dasein in Kampuchea zwangsvergesellschaftet, den einzelnen Menschen, Ehe und Familie, das Leben und Sterben. Selbst der gewaltsame Tod dieser Verdächtigen sollte niemals stattgefunden haben. Sie verschwanden spurlos: Erschlagen oder mit durchschnittener Kehle, nachdem sie bei satanischer Folter niemals existierende Kontakte zu fremden Geheimdiensten eingestanden hatten.
Wer eigentlich stand auf der Todesliste von Duch, den an seiner eigenen Lebenslegende und -lüge fleißig strickenden Chef-Kerkermeister von Pol Pot? Alle "bourgeoisen" Stadtbewohner, die für die Khmer pauschal Anhänger des von ihnen gestürzten und mit den USA kollaborierenden Lon-Nol-Regimes gewesen waren. Ab 1975 wurde das sogenannte "Neue Volk" ideologisch "umerzogen" oder bei schwerster Feldarbeit dezimiert. Die Roten Khmer töteten vorsintflutlich: ohne Massenvernichtungsmittel, selten mit Schusswaffen. Die Munition war ihnen zu schade.
Die Roten Khmer hatten während ihrer Terrorherrschaft das gesamte individuelle Dasein in Kampuchea zwangsvergesellschaftet, den einzelnen Menschen, Ehe und Familie, das Leben und Sterben. Selbst der gewaltsame Tod dieser Verdächtigen sollte niemals stattgefunden haben. Sie verschwanden spurlos: Erschlagen oder mit durchschnittener Kehle, nachdem sie bei satanischer Folter niemals existierende Kontakte zu fremden Geheimdiensten eingestanden hatten.
Wer eigentlich stand auf der Todesliste von Duch, den an seiner eigenen Lebenslegende und -lüge fleißig strickenden Chef-Kerkermeister von Pol Pot? Alle "bourgeoisen" Stadtbewohner, die für die Khmer pauschal Anhänger des von ihnen gestürzten und mit den USA kollaborierenden Lon-Nol-Regimes gewesen waren. Ab 1975 wurde das sogenannte "Neue Volk" ideologisch "umerzogen" oder bei schwerster Feldarbeit dezimiert. Die Roten Khmer töteten vorsintflutlich: ohne Massenvernichtungsmittel, selten mit Schusswaffen. Die Munition war ihnen zu schade.
Rithy Panh mit Christophe Bataille: Auslöschung, Hoffmann und Campe, Hamburg,340 Seiten, 19,99 Euro
Die Schicksale und die Bücher von Rithy Panh und Vann Nath sind untrennbar miteinander verbunden. Der Maler Nath war über ein Jahr im berüchtigten Foltergefängnis S 21 eingekerkert. Er überlebte nur dadurch, weil es ihm gelang, eine ganze Reihe von Propagandabildern und Skizzen von Pol Pot in der Zeit seiner Inhaftierung anzufertigen. Dabei mußte er jeden Tag gewärtig sein, dass ihn seine Peiniger dennoch umbringen würden. Unbegreiflicherweise taten sie das nicht, folterten ihn aber so brutal, dass ihn die physischen und psychischen Spätfolgen dieser Torturen bis an sein Lebensende begleiten sollten.
Was Nath nicht wissen konnte: Ausgerechnet dem Gefängnischef Duch, der an den Rand seiner Akte geschrieben hatte "Behalten zur weiteren Verwendung", verdankte er sein Leben. Denn Duch trieb mit ihm seine diabolischen Machtspiele, nannte ihn einerseits "seinen Freund, den Maler Nath" und ließ ihn andererseits bestialisch martern. Nath, der die Folterhölle S 21 mit viel Glück überlebte, starb 2011 im Alter von 65 Jahren. Sein Freund Rithy Panh hielt die schlichte zeitlose Totenrede, und Alexander Goeb erwies sich als subtiler und sensibler Editor der deutschen Ausgabe von Vann Naths bedrückenden Erinnerungen. Nicht allein deren Worte erschüttern den Leser, ebenso ergreifend sind die Abbildungen im Mittelteil.
Vann Nath: Ich malte um mein Leben, Verlag Brandes & Aspel, Frankhurt/Main, 159 Seiten, 17,90 Euro