Kurz und kritisch
Heute dreht sich in unserer Reihe alles um den französischen General und Staatsmann Napoleon Bonaparte und dessen Feldzüge durch Europa. Über kaum eine andere Figur der Geschichte ist so umfangreich geschrieben und geforscht worden.
Günter Müchler: 1813. Napoleon, Metternich und das weltgeschichtliche Duell von Dresden
Konrad Theiss Verlag, Stuttgart
Am 26. Juni 1813 treffen in Dresden Napoleon und Metternich, der österreichische Außenminister, zusammen. Acht Stunden sprechen sie über die Möglichkeiten eines europäischen Friedens, zuletzt liegt es zutage: Mit Napoleon kann es keinen Frieden geben.
Dies, wie er es nennt, "weltgeschichtliche Duell von Dresden" hat Günter Müchler dargestellt als Zusammenstoß zweier Männer und zweier Prinzipien. Metternich ist der Mann des Alten Reiches, seiner sicher aus Tradition, er vertritt den Gedanken des europäischen Gleichgewichts, das Freiheit und Frieden sichert.
Napoleon ist der Aufsteiger. Alles verdankt er sich und seinem Glück und weiß es auch. Er braucht unablässig Erfolg, aufsehenerregende Taten - ohne sie keine Legitimität. Aufsehen aber heißt: Krieg und Unterwerfung. Napoleons Herrschaft ist unfähig zu Kompromiss und Frieden. So müssen weiter Schlachten geschlagen werden.
Georges Lefebvre: Napoleon
Herausgegeben von Peter Schöttler
Reclam Verlag Ditzingen
Keine Figur der Geschichte, abgesehen vielleicht von Hitler, hat eine solch reiche Literatur hervorgebracht wie Napoleon. Ein Klassiker ist Georges Lefèbvres "Napoleon" von 1936. Lefèbvre, einer der großen marxistischen Historiker, wollte nicht eine Biografie, sondern die "wesentlichen Züge des Gemeinschaftslebens der Franzosen" und ihrer Nachbarn beschreiben. Und doch spricht er von dem "Genie Napoleons": Er sei es, der die Geschichte führt.
Lefèbvres Buch steckt voller Details wirtschafts- und sozialgeschichtlicher Art, manches ist inzwischen natürlich überholt. Aber die Darstellung des Kontinentalsystems, das die Länder bilden, die der Kaiser sich unterworfen hatte, ist großartig zu lesen.
Wie sich der universalistische Anspruch der Revolution, den auch das Kaiserreich ertönen lässt, bricht an den Eigentümlichkeiten der Völker, wie die proklamierte Befreiung der Völker den nationalen Interessen Frankreichs und dem Herrschaftswillen des Kaisers unterliegt.
Josef Deifel: Mit Napoleon nach Russland. Tagebuch des Infanteristen Josef Deifel
Verlag Friedrich Pustet Regensburg
Sein "einziges Tallend" wollte er nicht in der Erde vergraben. Und so arbeitete der bayerische Eisenschmelzer Josef Deifel sein ganzes Leben an seinen Erinnerungen als Infanterist in den Napoleonischen Kriegen. 1790 geboren, Kind armer Leute, ohne gute Schulbildung, wird er 1808 eingezogen, 1816 entlassen.
An den großen Schlachten nimmt er nicht teil, aber er sieht das Elend hinter der Front, die Verwundeten und Gefallenen, davon will er berichten. Auch wenn er stolz ist auf die Leistungen der bayerischen Truppen, der Infanterist Deifel sehnt sich nach Frieden. Nicht fürs Vaterland sei gestorben worden, sondern für "Zucker und Kaffee" - zu denken ist an die Kontinentalsperre Napoleons, die ein Grund für den Russlandfeldzug war.
Immer wieder, noch als 60-Jähriger, hat er sein Tagebuch umgeschrieben. So ist es ein Dokument nicht allein der Kriegszeit, sondern auch der folgenden Jahrzehnte. Die Nation wird zum Thema, man spürt bei Deifel, wie unsicher er ist, was das heißt, Vaterland: Deutschland? Bayern? Oder vielleicht doch eher die unmittelbare Heimat?
Konrad Theiss Verlag, Stuttgart
Am 26. Juni 1813 treffen in Dresden Napoleon und Metternich, der österreichische Außenminister, zusammen. Acht Stunden sprechen sie über die Möglichkeiten eines europäischen Friedens, zuletzt liegt es zutage: Mit Napoleon kann es keinen Frieden geben.
Dies, wie er es nennt, "weltgeschichtliche Duell von Dresden" hat Günter Müchler dargestellt als Zusammenstoß zweier Männer und zweier Prinzipien. Metternich ist der Mann des Alten Reiches, seiner sicher aus Tradition, er vertritt den Gedanken des europäischen Gleichgewichts, das Freiheit und Frieden sichert.
Napoleon ist der Aufsteiger. Alles verdankt er sich und seinem Glück und weiß es auch. Er braucht unablässig Erfolg, aufsehenerregende Taten - ohne sie keine Legitimität. Aufsehen aber heißt: Krieg und Unterwerfung. Napoleons Herrschaft ist unfähig zu Kompromiss und Frieden. So müssen weiter Schlachten geschlagen werden.
Georges Lefebvre: Napoleon
Herausgegeben von Peter Schöttler
Reclam Verlag Ditzingen
Keine Figur der Geschichte, abgesehen vielleicht von Hitler, hat eine solch reiche Literatur hervorgebracht wie Napoleon. Ein Klassiker ist Georges Lefèbvres "Napoleon" von 1936. Lefèbvre, einer der großen marxistischen Historiker, wollte nicht eine Biografie, sondern die "wesentlichen Züge des Gemeinschaftslebens der Franzosen" und ihrer Nachbarn beschreiben. Und doch spricht er von dem "Genie Napoleons": Er sei es, der die Geschichte führt.
Lefèbvres Buch steckt voller Details wirtschafts- und sozialgeschichtlicher Art, manches ist inzwischen natürlich überholt. Aber die Darstellung des Kontinentalsystems, das die Länder bilden, die der Kaiser sich unterworfen hatte, ist großartig zu lesen.
Wie sich der universalistische Anspruch der Revolution, den auch das Kaiserreich ertönen lässt, bricht an den Eigentümlichkeiten der Völker, wie die proklamierte Befreiung der Völker den nationalen Interessen Frankreichs und dem Herrschaftswillen des Kaisers unterliegt.
Josef Deifel: Mit Napoleon nach Russland. Tagebuch des Infanteristen Josef Deifel
Verlag Friedrich Pustet Regensburg
Sein "einziges Tallend" wollte er nicht in der Erde vergraben. Und so arbeitete der bayerische Eisenschmelzer Josef Deifel sein ganzes Leben an seinen Erinnerungen als Infanterist in den Napoleonischen Kriegen. 1790 geboren, Kind armer Leute, ohne gute Schulbildung, wird er 1808 eingezogen, 1816 entlassen.
An den großen Schlachten nimmt er nicht teil, aber er sieht das Elend hinter der Front, die Verwundeten und Gefallenen, davon will er berichten. Auch wenn er stolz ist auf die Leistungen der bayerischen Truppen, der Infanterist Deifel sehnt sich nach Frieden. Nicht fürs Vaterland sei gestorben worden, sondern für "Zucker und Kaffee" - zu denken ist an die Kontinentalsperre Napoleons, die ein Grund für den Russlandfeldzug war.
Immer wieder, noch als 60-Jähriger, hat er sein Tagebuch umgeschrieben. So ist es ein Dokument nicht allein der Kriegszeit, sondern auch der folgenden Jahrzehnte. Die Nation wird zum Thema, man spürt bei Deifel, wie unsicher er ist, was das heißt, Vaterland: Deutschland? Bayern? Oder vielleicht doch eher die unmittelbare Heimat?