Kurz und Kritisch
Ingrid Eissele gibt in "Kalte Kinder" Hinweise, wie Eltern und Erzieher Fehlentwicklungen früh erkennen. Pleiten, Pech und Pannen versammelt Wolfgang Hars versammelt in "Wer trinkt die wächserne Kaulquappe" Pleiten, Pech und Pannen in seinem unterhaltsamen Kompendium über die globalisierte Werbebranche.
Kalte Kinder von Ingrid Eissele,
Herder Verlag, Freiburg.
Gewöhnen wir uns langsam an sie? An die aggressiven Kinder und Jugendlichen, die uns immer häufiger begegnen, die keines Mitgefühls mehr fähig sind, die früh Gewalttäter werden? Wir stehen hilflos, fassungslos vor ihnen.
Sie mobben, schikanieren, prügeln – und sind sich ihrer Grenzverletzung nicht bewusst. Wer ist schuld? Wer soll es richten? Der Staat, die Lehrer, die Eltern? Diskutiert wird viel, aber die Lösungsansätze verschwimmen. Vielleicht müssen jene, die mit Kindern zu tun haben, und das sind anfangs die Eltern, erst einmal begreifen, wie Aggression entsteht. Und wie beeinflussbar schon Säuglinge sind.
Ingrid Eissele will in ihrem Buch Hinweise geben, wie Eltern und Erzieher Fehlentwicklungen früh erkennen und was sie konkret tun können, um Empathie und damit soziale Kompetenz bei Kindern zu entwickeln. Ohne diese Fähigkeiten funktioniert, wie wir längst wissen, ein Gemeinwesen nur sehr schlecht.
Das Buch weist vor allem auf uns selbst. Wie schrieb der Psychoanalytiker Arno Gruen: Kinder erben die Gefühlsarmut ihrer Eltern und tragen sie in die nächste Generation. Die Decke der Zivilisation ist dünn. Wird sie noch dünner?
Wolfgang Hars: Wer trinkt die wächserne Kaulquappe? Mythen, Märchen, Missgeschicke aus der Welt der Werbung
Rowohlt Verlag, Reinbek
Ein Buchtitel wie aus dem Narrenhaus: "Wer trinkt die wächserne Kaulquappe?" Ja wer? Chinesen zum Beispiel, denn Coca Cola verwandelte sich in ihrer Sprache durch einen Übersetzungsfehler zur "wächsernen Kaulquappe". Pleiten, Pech und Pannen versammelt Wolfgang Hars in seinem unterhaltsamen Kompendium über die globalisierte Werbebranche.
Etwa den Versuch der US-Firma Hoover, ihre Lagerbestände an Staubsaugern zu verringern, indem sie jedem Käufer ein Flugticket versprach. Am Ende hatte man alle Geräte verkauft ... und 80 Millionen Verlust gemacht. Manch überlieferter Flop ist eher komisch: So existierte in Frankreich eine Zahnpasta, die wie ein Pornomagazin hieß. Nach dem Motto "Sex sells" bewusst kalkuliert? Iwo. Ein Fehler war’s, wie das Schlagwort vom verkaufsfördernden Sex ebenfalls nicht stimmt: sexualisierte Anzeigen sind häufig wirkungslos – sagt jedenfalls die Empirie. Werbung – eine wundersame Welt.
100 Gedichte aus der DDR
herausgegeben von Christoph Buchwald und Klaus Wagenbach im Verlag Wagenbach, Berlin.
"Als wir sie schleiften, ahnten wir nicht, wie hoch sie ist – in uns …" So beginnt das Gedicht "Die Mauer", das der Lyriker Rainer Kunze zum 3. Oktober 1990 schrieb. Heute, fast 20 Jahre später, lesen wir Zeilen aus jener versunkenen Zeit natürlich anders und können manches beziehen auf den aktuellen Bewusstseinszustand unseres Landes.
Dass es nicht unbedingt der großen Erzählung bedarf, um den früheren zweiten deutschen Staat erfahrbar zu machen, zeigen "100 Gedichte aus der DDR". Zwischen dem "Auferstanden aus Ruinen" von Johannes R. Becher und dem "Verschwinden des Volkseigentums", das Volker Braun 1991 beklagte, liegen Aufstieg und Niedergang eines Regimes, das auch die Dichterschaft prägte und teilte – in jene, die mitschwangen und jene, die deprimiert oder verzweifelt nach Auswegen suchten. Ein Geschichtsgemälde aus Gedichten in einem schmalen, aufschlussreichen Band, Lyrik als Seismograph einer politischen Landschaft – muss man einfach lesen.
Herder Verlag, Freiburg.
Gewöhnen wir uns langsam an sie? An die aggressiven Kinder und Jugendlichen, die uns immer häufiger begegnen, die keines Mitgefühls mehr fähig sind, die früh Gewalttäter werden? Wir stehen hilflos, fassungslos vor ihnen.
Sie mobben, schikanieren, prügeln – und sind sich ihrer Grenzverletzung nicht bewusst. Wer ist schuld? Wer soll es richten? Der Staat, die Lehrer, die Eltern? Diskutiert wird viel, aber die Lösungsansätze verschwimmen. Vielleicht müssen jene, die mit Kindern zu tun haben, und das sind anfangs die Eltern, erst einmal begreifen, wie Aggression entsteht. Und wie beeinflussbar schon Säuglinge sind.
Ingrid Eissele will in ihrem Buch Hinweise geben, wie Eltern und Erzieher Fehlentwicklungen früh erkennen und was sie konkret tun können, um Empathie und damit soziale Kompetenz bei Kindern zu entwickeln. Ohne diese Fähigkeiten funktioniert, wie wir längst wissen, ein Gemeinwesen nur sehr schlecht.
Das Buch weist vor allem auf uns selbst. Wie schrieb der Psychoanalytiker Arno Gruen: Kinder erben die Gefühlsarmut ihrer Eltern und tragen sie in die nächste Generation. Die Decke der Zivilisation ist dünn. Wird sie noch dünner?
Wolfgang Hars: Wer trinkt die wächserne Kaulquappe? Mythen, Märchen, Missgeschicke aus der Welt der Werbung
Rowohlt Verlag, Reinbek
Ein Buchtitel wie aus dem Narrenhaus: "Wer trinkt die wächserne Kaulquappe?" Ja wer? Chinesen zum Beispiel, denn Coca Cola verwandelte sich in ihrer Sprache durch einen Übersetzungsfehler zur "wächsernen Kaulquappe". Pleiten, Pech und Pannen versammelt Wolfgang Hars in seinem unterhaltsamen Kompendium über die globalisierte Werbebranche.
Etwa den Versuch der US-Firma Hoover, ihre Lagerbestände an Staubsaugern zu verringern, indem sie jedem Käufer ein Flugticket versprach. Am Ende hatte man alle Geräte verkauft ... und 80 Millionen Verlust gemacht. Manch überlieferter Flop ist eher komisch: So existierte in Frankreich eine Zahnpasta, die wie ein Pornomagazin hieß. Nach dem Motto "Sex sells" bewusst kalkuliert? Iwo. Ein Fehler war’s, wie das Schlagwort vom verkaufsfördernden Sex ebenfalls nicht stimmt: sexualisierte Anzeigen sind häufig wirkungslos – sagt jedenfalls die Empirie. Werbung – eine wundersame Welt.
100 Gedichte aus der DDR
herausgegeben von Christoph Buchwald und Klaus Wagenbach im Verlag Wagenbach, Berlin.
"Als wir sie schleiften, ahnten wir nicht, wie hoch sie ist – in uns …" So beginnt das Gedicht "Die Mauer", das der Lyriker Rainer Kunze zum 3. Oktober 1990 schrieb. Heute, fast 20 Jahre später, lesen wir Zeilen aus jener versunkenen Zeit natürlich anders und können manches beziehen auf den aktuellen Bewusstseinszustand unseres Landes.
Dass es nicht unbedingt der großen Erzählung bedarf, um den früheren zweiten deutschen Staat erfahrbar zu machen, zeigen "100 Gedichte aus der DDR". Zwischen dem "Auferstanden aus Ruinen" von Johannes R. Becher und dem "Verschwinden des Volkseigentums", das Volker Braun 1991 beklagte, liegen Aufstieg und Niedergang eines Regimes, das auch die Dichterschaft prägte und teilte – in jene, die mitschwangen und jene, die deprimiert oder verzweifelt nach Auswegen suchten. Ein Geschichtsgemälde aus Gedichten in einem schmalen, aufschlussreichen Band, Lyrik als Seismograph einer politischen Landschaft – muss man einfach lesen.

Cover: "Ingrid Eissele: Kalte Kinder"© Herder Verlag

Cover: "Wolfgang Hars: Wer trinkt die wächserne Kaulquappe?"© Rohwolt Verlag

"100 Gedichte aus der DDR"© Verlag Wagenbach