Kurz und kritisch

"Dreck" vermittelt Einsichten in die Bodenkunde. In "Mein Leben ist mein Werk" geht es um den geistigen Austausch zwischen Argentinien und Europa. "Systemwechsel in Deutschland" befasst sich mit der politischen Ordnung.
David Montgomery:
Dreck. Warum unsere Zivilisation den Boden unter den Füßen verliert

Oekom Verlag

Zum Boden haben wir ein zwiespältiges Verhältnis. Jeder, der schon einmal in Halbschuhen einen fruchtreichen Rübenacker betreten hat, kann das unschwer nachempfinden, doch so zäh dieser Dreck am Leder haftet, so schnell erodieren Böden, wenn man sie ihres schützenden Pflanzenbewuchses beraubt. Das einst reich bewaldete Island und die Osterinsel sind Beispiele für Kulturen, die durch Abholzung und Überweidung den Boden unter ihren Füßen verloren haben. Wasser ist ein wesentlicher Erosionsfaktor, doch wo Regen ausbleibt, übernimmt der Wind dessen Rolle.

In den Dreißigerjahren wurden so weite Landstriche der USA vom Winde verweht, und durch die fortschreitende Industrialisierung der Landwirtschaft drohen heute noch größere Bodenverluste. All dies beschreibt der amerikanische Geologe David R. Montgomery in seiner Monographie über den lebenswichtigen "Dreck". Dieses Buch kommt nicht mit der Penetranz einer Alarmsirene daher, nein es vermittelt anschaulich und unterhaltsam grundlegende Einsichten in die Bodenkunde. Erschienen in der verdienstvollen Reihe "Stoffgeschichten" des Münchner Oekom Verlages, gelingt auch diesem Band eine lehrreiche Synthese aus Natur-, Kultur- und Technikgeschichte.


Victoria Ocampo: Mein Leben ist mein Werk
Aufbau Verlag

Man muss schon eine starke Persönlichkeit sein, um den Spruch, sie sei " die schönste Kuh der Pampa", als Lob zu verstehen. Victoria Ocampo, Mitglied der argentinischen Oberklasse, von der Familie verwöhnt und mit viel Geld ausgestattet, ging nicht nur in Buenos Aires in den Häusern der Intellektuellen und Politiker ein und aus. Regelmäßige Aufenthalte - auch bereits als Kind - in den Metropolen London oder Paris und Bekanntschaften zu den Geistesgrößen in Europa prägten sie. Sie war schon emanzipiert, als das Wort noch ein Schimpfwort war und wurde zur intellektuellen Muse vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ihr Vermögen steckte sie zum Beispiel in die, das Geistesleben der lateinamerikanischen Welt prägende, Kulturzeitschrift SUR und einen Buchverlag. Viele Literaten und Intellektuelle konnten Dank ihrer geistigen und finanziellen Großzügigkeit existieren. Wer sich ein Bild vom geistigen Austausch zwischen Argentinien und Europa im letzten Jahrhundert machen will, dem sei empfohlen


Eckart Jesse: Systemwechsel in Deutschland
Böhlau Verlag

Meistens habe ich mich bei der Lektüre des Buches "Systemwechsel in Deutschland" gelangweilt, auch wenn es manch Wissenswertes wieder in Erinnerung rief. Doch wirklich neu war es nicht. Das Buch dient gewissermaßen der Erinnerungspflege. Wer darüber hinaus wissenschaftlich korrekte, gleichwohl formale Vergleiche und die Schubkastensystematik der Politologie liebt, kann sich hier laben. Doch dem Wesen der historischen Veränderungen von 1918, 1933, 1945-49 und 1989, die Jesse behandelt, wird man damit eben nicht gerecht.

Gelegentlich scheint ihm das sogar selber aufzufallen, indem er völlig zu Recht die Unsitte der Achtzigerjahre kritisiert, die mit ihren formalen Vergleichen von DDR und alter Bundesrepublik eher das Geschäft der Verharmlosung der DDR betrieb. Befriedigend wird das Buch erst gegen sein Ende hin, wo Jesse die Perspektiven von Deutschland beleuchtet. Seiner behutsam formulierten, allgemein positiven Sicht auf die Zukunft Deutschlands angesichts seiner staatlichen und gesellschaftlichen Verfasstheit heute, kann man sich nur anschließen. Möge er damit Recht behalten.
Cover: "David Montgomery: Dreck"
Cover: "David Montgomery: Dreck"© Oekom Verlag