Kurz und kritisch
Klaus Harpprecht schreibt über Arletty und ihren deutschen Offizier und erinnert so an die bewegende Geschichte einer deutsch-französischen Liebe. Josef Winiger schreibt über den aus einer Juristenfamilie stammenden Ludwig Feuerbach und Florian Klenk berichtet mit Reportagen über Grenzgebiete.
Die Liebe, die Liebe ist eine Himmelsmacht. Diese Operettenweisheit aus dem "Zigeunerbaron" wird immer wieder neu bestätigt, sofern sie nicht zur Ehe führt. Daran erinnert die durchaus bewegende Geschichte einer deutsch-französischen Liebe. Der französische Filmstar Arletty sah im Dezember 1940 in Paris den deutschen Militärrichter Hans Jürgen Soehring.
Sie hatte sich immer ihre Männer ausgesucht. Diesmal erlag sie wehrlos der Anmut eines Besatzungssoldaten, der ihrem Zauber wiederum nicht widerstehen konnte. Unter widrigsten Bedingungen richteten sich beide, fern vom Lärm der aufgeregten Zeit, in ihrem Wunderreich der Liebe ein. Das private Glück fassten politisch-eitle Tagesknechte, ob Franzosen oder Deutsche, als Verrat an der jeweiligen Nation auf.
Soehring wurde im Sommer 1943 an die Front versetzt, um wieder zu lernen, ein Deutscher zu sein. Die Arletty wurde im Herbst 1944 verhaftet, weil sie vergessen hatte, eine Französin zu sein. In den Wirren der Nachkriegszeit verlor sich die Leidenschaftlichkeit, jedoch nicht die zärtliche amitié. Diese Liebe - wie die von vielleicht zweihunderttausend ähnlich gemischter Paare - ging der offiziellen deutsch - französischen Freundschaft voraus. Allen Widrigkeiten zum Trotz erwies sie sich einmal mehr als die insgesamt stärkere Macht, eben als eine Himmelsmacht.
"Eine Liebe in Zeiten des Krieges" von Klaus Harpprecht
S. Fischer Verlag Frankfurt.
Gegen die Trägheit des Herzens, welche die Religion auf die Tugend des Anstands reduzierte, schrieb der Theologe und Philosoph Ludwig Feuerbach, der von 1804 bis1872 lebte. Aus einer bedeutenden Juristenfamilie stammend gehörte er zum Bildungsbürgertum, vom er sich freilich löste.
Einen Lehrstuhl erhielt er nicht. Für die akademische Welt war er zu unbürgerlich. Er wurde rasch als Atheist verketzert. Dabei wollte er nur einem in Routine erstarrten Kulturprotestantismus, vor dem Gott selbst nahezu ratlos wurde, zu neuem Leben verhelfen. Den Glauben sah er nicht als ein weltfremdes System von Dogmen. Er versetzte ihn mitten in die Wirklichkeit, in die Totalität des menschlichen Lebens und Wirkens.
Das Ich kann ohne den anderen nicht leben, beide erschließen sich die Welt und finden zur göttlichen Wahrheit in der Liebe.
"Denker der Menschlichkeit" von Josef Winiger
Lambert Schneider Verlag, Darmstadt.
Florian Klenk hat Grenzgebiete besucht - eines zwischen Deutschland und Tschechien, ein anderes zwischen der Slowakei, Ungarn und der Ukraine. Der Eiserne Vorhang mitten durch Europa ist zwar lange gefallen, aber, so stellt er fest, die Europäische Union hat mittlerweile einen neuen an ihren östlichen Außengrenzen errichtet.
Die Reportagereise gilt den Gestrandeten, Flüchtlingen aus Asien und Afrika, die ebenso wenig wie die Leute aus der Nachbarschaft, in die EU hineinkommen. Oder anderen, die sich illegal über die Grenzen schleppen lassen. Um Geld und Illusionen ärmer landen sie im armseligen Milieu von Kriminalität und Prostitution.
Der finstere Handel mit Frauen und Mädchen aus Osteuropa führt ihn zurück zu Freiern ins vornehme Wien, aber auch zu Absteigen und Sozialbausiedlungen. Er erzählt die Geschichte eines Jugendlichen, der beim Einbruch in einen Supermarkt getötet wird, fragt nach, wer an betrügerischen Spielautomaten verdient. Und er lässt sich von einem Kärntner Bürgermeister rechtsnationale Bodenpolitik erklären, die Türken und Muslime ausschließt.
Florian Klenk prangert eine Boulevardpresse an, die schamlos Schicksale ausbeutet, ohne Persönlichkeitsrechte zu achten. Er will die Schattenseite einer offenen, rechtsstaatlichen Gesellschaft aufdecken - nach dem Vorbild von Egon Erwin Kisch.
"Früher war hier das Ende der Welt. Reportagen" von Florian Klenk
Zsolnay Verlag Wien
Sie hatte sich immer ihre Männer ausgesucht. Diesmal erlag sie wehrlos der Anmut eines Besatzungssoldaten, der ihrem Zauber wiederum nicht widerstehen konnte. Unter widrigsten Bedingungen richteten sich beide, fern vom Lärm der aufgeregten Zeit, in ihrem Wunderreich der Liebe ein. Das private Glück fassten politisch-eitle Tagesknechte, ob Franzosen oder Deutsche, als Verrat an der jeweiligen Nation auf.
Soehring wurde im Sommer 1943 an die Front versetzt, um wieder zu lernen, ein Deutscher zu sein. Die Arletty wurde im Herbst 1944 verhaftet, weil sie vergessen hatte, eine Französin zu sein. In den Wirren der Nachkriegszeit verlor sich die Leidenschaftlichkeit, jedoch nicht die zärtliche amitié. Diese Liebe - wie die von vielleicht zweihunderttausend ähnlich gemischter Paare - ging der offiziellen deutsch - französischen Freundschaft voraus. Allen Widrigkeiten zum Trotz erwies sie sich einmal mehr als die insgesamt stärkere Macht, eben als eine Himmelsmacht.
"Eine Liebe in Zeiten des Krieges" von Klaus Harpprecht
S. Fischer Verlag Frankfurt.
Gegen die Trägheit des Herzens, welche die Religion auf die Tugend des Anstands reduzierte, schrieb der Theologe und Philosoph Ludwig Feuerbach, der von 1804 bis1872 lebte. Aus einer bedeutenden Juristenfamilie stammend gehörte er zum Bildungsbürgertum, vom er sich freilich löste.
Einen Lehrstuhl erhielt er nicht. Für die akademische Welt war er zu unbürgerlich. Er wurde rasch als Atheist verketzert. Dabei wollte er nur einem in Routine erstarrten Kulturprotestantismus, vor dem Gott selbst nahezu ratlos wurde, zu neuem Leben verhelfen. Den Glauben sah er nicht als ein weltfremdes System von Dogmen. Er versetzte ihn mitten in die Wirklichkeit, in die Totalität des menschlichen Lebens und Wirkens.
Das Ich kann ohne den anderen nicht leben, beide erschließen sich die Welt und finden zur göttlichen Wahrheit in der Liebe.
"Denker der Menschlichkeit" von Josef Winiger
Lambert Schneider Verlag, Darmstadt.
Florian Klenk hat Grenzgebiete besucht - eines zwischen Deutschland und Tschechien, ein anderes zwischen der Slowakei, Ungarn und der Ukraine. Der Eiserne Vorhang mitten durch Europa ist zwar lange gefallen, aber, so stellt er fest, die Europäische Union hat mittlerweile einen neuen an ihren östlichen Außengrenzen errichtet.
Die Reportagereise gilt den Gestrandeten, Flüchtlingen aus Asien und Afrika, die ebenso wenig wie die Leute aus der Nachbarschaft, in die EU hineinkommen. Oder anderen, die sich illegal über die Grenzen schleppen lassen. Um Geld und Illusionen ärmer landen sie im armseligen Milieu von Kriminalität und Prostitution.
Der finstere Handel mit Frauen und Mädchen aus Osteuropa führt ihn zurück zu Freiern ins vornehme Wien, aber auch zu Absteigen und Sozialbausiedlungen. Er erzählt die Geschichte eines Jugendlichen, der beim Einbruch in einen Supermarkt getötet wird, fragt nach, wer an betrügerischen Spielautomaten verdient. Und er lässt sich von einem Kärntner Bürgermeister rechtsnationale Bodenpolitik erklären, die Türken und Muslime ausschließt.
Florian Klenk prangert eine Boulevardpresse an, die schamlos Schicksale ausbeutet, ohne Persönlichkeitsrechte zu achten. Er will die Schattenseite einer offenen, rechtsstaatlichen Gesellschaft aufdecken - nach dem Vorbild von Egon Erwin Kisch.
"Früher war hier das Ende der Welt. Reportagen" von Florian Klenk
Zsolnay Verlag Wien