Simon Wiesenthal: "Die Sonnenblume. Über die Möglichkeiten und Grenzen von Vergebung"
400 Seiten, 22,90 Euro, erschienen im Europa Verlag.
Holocaust - ist Vergeben möglich?
1969 erschien Simon Wiesenthals Erzählung "Die Sonnenblume". In dem Buch geht es über die Grenzen der Vergebung: Diese Frage ließ den Shoah-Überlebenden, zeit seines Lebens nicht los. In der Neuauflage steht nicht nur der Holocaust im Mittelpunkt der Auseinandersetzung.
Simon Wiesenthals schriftstellerisches Werk ist umfangreich. Hierzulande fast unbekannt ist die autobiografisch gefärbte Erzählung "Die Sonnenblume". Dort schildert Wiesenthal, wie er als Häftling in Lemberg ans Krankenbett eines sterbenden SS-Mannes gerufen wurde, der vor seinem Tode von einem Juden eine Art Absolution für seine begangenen Taten suchte. Wiesenthal aber verließ nach dessen langer Beichte wortlos den Raum. In seinem Buch legt er dar, warum er jenen Mann, der ihm im Todeskampf seine Verbrechen gestand, nicht vergeben konnte - er hatte nach seinem Dafürhalten nicht die Macht, ihm im Namen anderer zu verzeihen.
Wiesenthal schildert eine eindringliche, verstörende Geschichte. Die Frage nach Schuld und Vergebung ließ ihn, den Shoah-Überlebenden, zeit seines Lebens nicht los.
1969 erschien die Erzählung unter dem Titel "Die Sonnenblume – über die Möglichkeiten und Grenzen der Vergebung" samt zahlreicher Essays verschiedenster Kommentatoren zum ersten Mal.
Gedanken zum Thema "Vergebung"
In diesem Jahr, zum 10. Todestag von Simon Wiesenthal, ist eine Neuauflage erschienen. Die Herausgeberin Nicola Jungsberger bat 44 renommierte Persönlichkeiten, ihre Gedanken und Erfahrungen zum Thema "Vergebung" aufzuschreiben. Und sie übernahm 15 Texte aus der Erstausgabe, darunter die des Philosophen Jean Améry und des Schriftstellers Primo Levy – beide waren ebenfalls Überlebende des Holocaust.
In der Neuauflage unter anderem mit dabei: Essays des Schauspielers Josef Bierbichler, des Dalai Lama, von Desmond Tutu und Martin Walser. Dabei steht nicht nur der Holocaust im Mittelpunkt der Auseinandersetzung.
Herausgekommen ist eine spannende, nachdenklich stimmende Lektüre über essentielle Fragen des Menschseins: Darf man einem Mörder, der bereut, vergeben? Oder soll man sogar?