Deutsch-griechische Kulturversöhnung
Jahrzehntelang befanden sich zwei Objekte aus der frühesten Periode griechischer Kultur im Badischen Landesmuseum in Karlsruhe. Bei ihnen handelte es sich um Raubkunst aus illegalen Grabungen. Jetzt wurden die Artefakte an Athen zurückgegeben.
Groß war die Freude beim griechischen Kulturminister Panos Panagiotopoulos, als er zwei bedeutende Artefakte kykladischer Kunst entgegennahm und im griechischen Nationalmuseum in Athen platzierte.
Es handelt sich um ein sogenanntes Idol, eine knapp einen Meter große reliefartige Statue, und damit eines der ganz wenigen erhaltenen annähernd lebensgroßen Objekte aus der frühen kykladischen Periode um 2500 vor Christus. Das zweite Artefakt beschreibt Harald Siebenmorgen, der Direktor des badischen Landesmuseums in Karlsruhe so:
"Das ist eine vom Gebrauch her rätselhafte sogenannte Pfanne, die aber durch ein äußerst raffiniertes Spiralornament auf der Unterseite ausgezeichnet ist."
Die kykladischen Artefakte galten bis ins 19. Jahrhundert hinein als primitiv und wurden wenig geschätzt, als sich jedoch in der Moderne Künstler wie Picasso, Moore oder Brancusi mit ihnen beschäftigten, stieg ihr Ansehen. Heute erzielen sie auf dem Kunstmarkt höchste Preise.
"Es war eine offene Wunde, die mussten wir schließen"
Die beiden Artefakte, die heute zurück nach Athen kommen, gelten jedenfalls als außerordentliche Objekte dieser frühesten Periode griechischer Kultur. Beide gehörten seit den 70er-Jahren zum Fundus des badischen Landesmuseums. Und bei beiden handelt es sich mit großer Sicherheit um Raubkunst aus verbotenen Grabungen.
Der Ankauf der Artefakte geht auf Jürgen Timme zurück, in den 60er- und 70er-Jahren Direktor des Museums. Er galt als ehrgeizig, wurde damals unter Kollegen für seine Arbeit bewundert - aus heutiger Sicht ist aber ziemlich eindeutig, dass der Ankauf der Artefakte in den 70er-Jahren illegal war, so Lord Colin Renfrew, einer der großen Kenner kykladischer Kunst.
"Es ist heute völlig klar, dass es in den 60er- und 70er-Jahren illegal war, die Objekte ohne genaue Prüfung der Herkunft anzukaufen."
Bereits bei einer großen Kykladenausstellung des Landesmuseums im Jahr 1976 führte die Präsentation der Artefakte zu einem Eklat mit Griechenland und die griechischen Museum weigerten sich seitdem, mit dem Landesmuseum oder anderen baden-württembergischen Häusern zusammenzuarbeiten.
Die Situation glich seitdem, so die heutige Kuratorin der Kykladensammlung im Landesmuseum Katarina Horst, einer offenen Wunde.
"Es war eine offene Wunde, die mussten wir schließen. Deshalb habe ich daran gearbeitet, dass wir die richtige Medizin finden, um sie für alle Zeiten richtig zu schließen und jetzt mal gut zusammenarbeiten können."
Die grün-rote Landesregierung setzt auf Rückgabe
Beim Amtsantritt der grün-roten Landesregierung jedenfalls schlug Harald Siebenmorgen, der Direktor des Landesmuseums, dem zuständigen Kulturstaatssekretär Jürgen Walter vor, die beiden Kunstwerke aus Landesbesitz an Griechenland zurückzuerstatten und stattdessen auf Kooperation mit dem griechischen Staat zu setzen. Bei Walter stieß der Vorschlag auf offene Ohren:
"Ich finde, all die Dinge, die geraubt worden sind, von den Nazis oder auf andere Weise nach Deutschland gekommen sind, die uns nicht gehören, da haben wir die moralische Verpflichtung, dass es zurückgeht. Und deshalb dränge ich immer darauf, wenn ich von solchen Fällen höre: Sofort zurückgeben. Wir haben kein Recht, solche Kunstwerke zu behalten."
Vor einigen Monaten hat das Land bereits ein von den Nazis geraubtes Gemälde des italienischen Malers Guardi an das polnische Nationalmuseum zurückgegeben.
Die Rückgabe der Kykladenartefakte hat jedoch eine andere Qualität, denn Handel mit illegal gegrabenen Kunstwerken aus Griechenland ist noch immer im Gange und Rückgaben in Griechenland gab es bislang nur in wenigen Ausnahmefällen.
Harald Siebenmorgen vom Landesmuseum:
"Wir wollen natürlich auch ein Zeichen setzen, dass zumindest jetzt Raubgräberei und Antikenschmuggel sich nicht lohnen, weil die Museen sich zunehmend dem verweigern sollten, dafür als Käufer zur Verfügung zu stehen."
Experte Colin Renfrew spricht jedenfalls von einem glücklichen Tag für die Kykladenkunst, und der baden-württembergische Kulturstaatssekretär hofft, auf diese Weise nicht nur die kulturelle Zusammenarbeit zwischen Baden-Württemberg und Griechenland zu verbessern, sondern auch darüber hinaus dazu beizutragen, das gespannte griechisch-deutsche Verhältnis zu verbessern.