Blues für das 21. Jahrhundert
Wenn ein junger Folk- und Blues-Musiker Bob Dylan als seine größte Inspiration bezeichnet, ist das nicht besonders originell und aufregend. Dem 26-jährigen Londoner L.A. Salami deswegen nicht zuzuhören, wäre allerdings ein großer Fehler.
Eingebildete Freunde. Freunde, die es real gar nicht gibt, die nur in der Fantasie existieren. Bei drei-, vierjährigen Kindern, völlig normal. Bei 26-jährigen Musikern eher außergewöhnlich.
L.A. Salami hat so einen imaginären Freund: Papa Stokely. Der lebt in seinem Kopf, gibt ihm Tipps, motiviert ihn, kritisiert ihn aber auch. Und Papa Stokely hat es sogar auf das Debütalbum geschafft.
L.A. Salami ist mit großer Fantasie gesegnet
Ganz offensichtlich ist L.A. Salami mit einer großen Fantasie gesegnet, immer von Vorteil wenn man Künstler ist. Neben der Stimme im Kopf, gibt es aber eine weitere Stimme, die für ihn und seine Musik wichtig ist: die Stimme von Bob Dylan. Seine größte Inspiration. Unüberhörbar.
"Seine Musik klingt für mich so bodenständig, ehrlich und voller großer Worte. Man hört die Poesie in seinen Songs. Ich habe das Gefühl, dass seine Texte zu und mit mir sprechen."
L.A. Salami versucht nicht, Dylan zu kopieren. Und doch schleicht sich ein Hauch Dylan immer wieder in die Songs.
Ungefähr 12 Jahre alt war Salami, als er Dylan zum ersten Mal im Radio gehört hat. Es muss einer dieser magischen Momente gewesen sein, wo etwas ganz Großes passiert, auch wenn man es in dem Moment noch nicht weiß.
Mit 21 bekam er seine erste Gitarre geschenkt
Damals hat Salami weder davon geträumt, Musik zu machen, noch konnte er zu dem Zeitpunkt einen einzigen Akkord auf der Gitarre spielen. Das kam erst mit 21, als ein Freund ihm seine alte Gitarre geschenkt hat. Das einzige Instrument, das er damals schon spielte, war eine Mundharmonika.
"Ich höre sehr gerne Blues-Musik. Und da wird oft Mundharmonika gespielt. Die kann man in der Hosentasche tragen und am Ende einer Nacht noch unterwegs spielen."
"Außerdem zeige ich so meine Bewunderung für Leute wie Bob Dylan und Neil Young. Ganz offensichtlich hat die Mundharmonika eine Tradition in deren Musik."
Das große Thema des Albums ist Stadt, Urbanität. Die Stadt als Metapher für das Weltgeschehen, in der Hauptrolle London.
Dort wuchs L.A. Salami auf. L.A. ist die Abkürzung seiner Vornamen Lookman Adekunle. Seine Wurzeln liegen in Nigeria. Er wuchs im Süden Londons auf, eine raue Gegend, in der in seiner Jugend Messerstechereien an der Tagesordnung waren. Auch diese Erlebnisse verarbeitet er auf seinem Debütalbum: Gewalt, Oberflächlichkeit, Einsamkeit. Verpackt in Blues und Folk, roh, berührend, düster und atmosphärisch. Am besten bringt das der Song "The City Nowadays" auf den Punkt.
"Die Instrumente sind eher traditionell, nur wie sie arrangiert sind, lässt den Song besonders klingen. Zuerst habe ich alles selbst eingespielt: Gitarre, elektronisches Schlagzeug, Bass und Gesang. Dann habe ich den Song live mit Band aufgenommen. Meine Aufnahme ist das Skelett des Songs, die Liveaufnahme der Band das Fleisch. Beides habe ich zusammengemischt. Es ist eine Hommage an die Blues Musik."
Das Beste aus dem machen, was man hat
"Dancing with bad Grammar": Der Titel des Albums hinterlässt erstmal Fragezeichen und bietet Spielraum für kreative Interpretationsideen. Für L.A. Salami heißt es so viel wie: das Beste aus dem zu machen, was man hat, auch wenn das nicht viel ist.
Ganz offensichtlich eines seiner Lebensmottos. Sein Gesang ist nicht außergewöhnlich, klingt aber authentisch, dafür ist sein Gitarrenspiel beeindruckend. Manche Songs brauchen etwas lange, bis sie sich richtig entwickeln. Aber wenn man sich die Zeit nimmt, macht es Spaß, außergewöhnliche Gitarrenriffs zu entdecken oder Wortspiele. Unbedingt sollte man die CD mehr als einmal hören, um mit L.A. Salami in den Blues des 21. Jahrhunderts zu reisen.
"Für mich ist die Idee hinter Folksongs, dass sie zwar zeitlos sind, aber ein Bild von einer bestimmten Zeit zeichnen. Mich inspirieren heute ganz andere Musikstile als die Musiker früher, einfach weil es diese Stile damals noch gar nicht gab. Punk zum Beispiel oder Techno und Hip Hop. Die Leute damals wurden von anderen Sachen inspiriert. Ihre Folkmusik oder Bluesmusik klingt also anders, eher nach der damaligen Zeit. Ich gehe auf den Wegen, die sie geebnet haben. Ich verändere den Weg, errichte aber keinen neuen. Ich lebe im 21.Jahrhundert und das klingt eben anders."