Labor "Torre David"

Hubert Klumpner im Gespräch mit Gaby Wuttke |
750 Familien leben in einem unfertigen Büroturm in Caracas. Ein Architektenteam hat sich das angeschaut und versucht, daraus Lösungen für städtebauliche Zukunftsprobleme zu entwickeln. Die Ergebnisse sind in einer Ausstellung in Berlin zu sehen.
Der "Torre David" ist ein 45-stöckiger Büroturm in Caracas in Venezuela. Allerdings wurde er nie fertiggestellt. Dennoch leben in dieser Bauruine seit 20 Jahren etwa 750 arme Familien, die den Turm seither für ihre Bedürfnisse ummünzen.

Hubert Klumpner, Professor der ETH Zürich, hat diese Entwicklung zusammen mit dem venezuelanischen Architekturbüro "Urban Think Tank" begleitet und den Transformationsprozess als Wohnmodell der Zukunft weiterentwickelt. Die Ergebnisse kann man in einer Ausstellung in der Aedes-Galerie in Berlin sehen.

Vor 20 Jahren sei der Torre David mal das vierthöchste Gebäude Lateinamerikas gewesen, sagt Klumpner im Deutschlandradio Kultur. Aber er sei eben nicht fertig. Es gebe keine Fassade, keinen Aufzug, keine Klimaanlage, keine formellen Wasser- oder Elektrizitätsnetzwerke. Das mache den Torre zum Labor. "Das haben wir untersucht und daraus neue Wohnkonzepte entwickelt", sagt Klumpner.

Dennoch sei der Torre David mit Sicherheit ein verfehltes Projekt. Er wolle nicht andeuten,dass man in Zukunft Wolkenkratzer baut für die vielen Menschen. Immerhin lebten etwa 3000 Leute im Torre. "Wir sehen das als Experiment, das nicht von uns initiiert wurde, sondern von uns aufgespürt und dokumentiert wurde", so Klumpner.

Dokumentiert, um daraus zu lernen. Gerade beim Thema Energiebedarf würden ständig neue Innovationen gesucht - und die sollen eben nicht nur in Elfenbeintürmen entwickelt werden, sondern im Labor einer wirklichen Stadt, wie der Torre eine ist. Die Bewohner seien sehr sparsam. Die Logistik, die in solchen Slums allerdings schon seit Jahren existiert, sei bisher nicht ausreichend erkannt und beschrieben worden. Jetzt gelte es, die Fragen zu beantworten: Was können wir dem Torre David hinzufügen, um das Konzept benutzbar zu machen, auch als Vorbild für westliche Zivilisationen.

Das vollständige Gespräch mit Hubert Klumpner können Sie bis mindestens 11. Dezember 2013 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören.