Lärmreduzierende Fassaden

Wie Clubs und Anwohner gute Nachbarn werden könnten

Der Magnet Club in Berlin musste schließen, weil Anwohner sich über den Lärm beschwert hatten.
Der Magnet Club in Berlin musste schließen, weil Anwohner sich über den Lärm beschwert hatten. © dpa / picture-alliance
Jochen Krimm im Gespräch mit Oliver Schwesig |
Gleich drei legendäre Berliner Live-Clubs mussten 2010/11 schließen, weil Anwohner sich über den Lärm beschwert hatten. Hätte das Problem mit lärmreduzierenden Fassaden vermieden werden können?
Wenn es in Deutschlands Großstädten um das Nachtleben geht, ist es mit der Toleranz schnell vorbei. Von wummernde Bässe um ihren Schlaf beraubte Anwohner wünschen dem benachbarten Clubbesitzern die Insolvenz. Clubgänger mokieren sich über das Spießertum zugezogener "Macchiato-Mütter". Dabei ließe sich viel Lärm – und Ärger – vermeiden, wenn bereits beim Bau eines Gebäudes an die Lärmreduktion mitgedacht würde, sagt Architekturforscher Jochen Krimm:
"Da müsste man konzeptionell den Laden so anlegen, dass die Soundanlage die wummernden Bässe im Innern behält und nicht nach außen trägt. Das ist durch eine spezielle Anordnung der Soundanlage möglich."
Im Falle der legendären Berliner Clubs hätte das natürlich nicht funktioniert, räumt Jochen Krimm ein, der an der University of Applied Science im hessischen Frankfurt erforscht, wie sich durch eine besondere Architektur Lärm reduzieren lässt.

Prinzip Eierkarton

Doch auch bei alteingesessenen Clubs kann der Lärmpegel verringert werden, indem spezielle Fassaden den Geräuschpegel reduzieren, der vor der Clubtür entsteht. Das Prinzip ist das gleiche wie beim geräuschdämmenden Eierkarton: Eine besondere Geometrie der Oberflächenstruktur der Fassade sorgt dafür, dass der Schall nicht reflektiert, sondern gedämmt wird. Die Lautstärke kann dadurch um 3 dB, manchmal sogar um 8 dB reduziert werden. Angesichts dessen, dass das Rascheln eines Blattes eine Lautstärke von 10 dB erzeugt, scheint das nicht viel zu sein. Trotzdem könne eine schalldämmende Fassade, die Situation vor Ort verbessern, erklärt Jochen Krimm.
"3 dB ist schon manchmal der entscheidende Faktor. Die Leute unterhalten sich spätabends, sie werden immer lauter. Weil es außen laut ist, werden sie noch lauter. Das könnte man dadurch in den Griff bekommen."
Letztendlich sei auch der psychologische Effekt einer lärmdämmenden Fassade nicht zu unterschätzend, erklärt Jochen Krimm, weil der Club-Betreiber seiner Umgebung dadurch kommuniziere: "Ich tu was!"
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