Morgens um 8 Uhr putzen die Besetzer
Seit mehreren Tagen wird die Berliner Volksbühne von einer Künstlergruppe besetzt, auf ein Angebot von Intendant Chris Dercon wollen die Besetzer aber nicht eingehen. Barbara Behrendt war für uns vor Ort, ihre Einschätzung: Ästhetisch ernüchternd, aber organisatorisch solide.
Seit fünf Tagen besetzt die Gruppe "vb61 12" die Berliner Volksbühne, um so ein "Zeichen gegen die aktuelle Kultur- und Stadtentwickelung" zu setzen. Geräumt wurde bisher nicht – an Tag fünf nun machte der neue Volksbühnen-Intendant Chris Dercon den Besetzern ein Angebot: Sie dürften weiterhin "den Grünen Salon sowie den Pavillon für die Durchführung ihrer künstlerischen Angebote und zur Diskussion ihrer wichtigen stadtpolitischen Anliegen nutzen".
Das Angebot wurde von Besetzern am Dienstagabend im öffentlichen Plenum als "Farce" betitelt – man spekulierte auch, es könne sich um eine "Falle" handeln: Lehne man das Angebot ab, gebe es womöglich einen triftigen Grund zur Räumung. Deshalb entschied sich das etwa 70-köpfige Plenum, das Angebot "weder anzunehmen noch abzulehnen" und sich zunächst bei Dercon für das Gesprächsangebot zu bedanken.
Keine heterogene Gruppe
Die Besetzer möchten jede Provokation vermeiden, halten das Haus ordentlich sauber und organisieren sich in Putz- und Koch-AGs. Eindeutig sind die Forderungen der heterogenen Gruppe nicht: Während die einen von Dercon verlangen, sich auf die Spielstätte in Tempelhof zurückzuziehen, wünschen sich die anderen ein kollegiales Miteinander statt einem bloßen "Nebeneinander" im Haus am Rosa-Luxemburg-Platz.
Nach wie vor finden in der Volksbühne keine Proben von Künstlern aus dem Dercon-Team statt – aus technischen und aus Sicherheitsgründen, begründet die Pressestelle. Für die Besetzer ist das unverständlich: Der Programmplan sei für alle Künstler zugänglich – auch Dercon könne sich einen Time-Slot reservieren. Und die große Bühne stehe dem Intendanten ohnehin zur Verfügung.
Nach dem großen Party-Wochenende stehen nun mehr kulturelle Aktionen auf dem Plan: Workshops und Schreibwerkstätten finden statt, Filme werden gezeigt, Musik gemacht und hier und da eine Performance gegeben.
Ästhetisch war hier allerdings bisher nichts Herausragendes zu erleben – dafür sind die Aktivisten und freischaffenden Künstler jedweder Couleur vermutlich (noch?) zu sehr mit AGs und Selbstorganisation beschäftigt.