"Die Kinder verzweifeln über die Lage"
05:21 Minuten
Die Menschen sitzen im Dreck, es gibt kein warmes Wasser und keine Heizung. Im Lager Kara Tepe auf Lesbos werde die Situation immer schlimmer, sagt Katrin Glatz-Brubakk von Ärzte ohne Grenzen. Es gebe Kinder, die an Selbstmord denken.
In dieser Woche haben 7.000 Flüchtlinge auf die Not in ihrem Zeltlager Kara Tepe auf der griechischen Insel Lesbos aufmerksam gemacht – mit einem Brief an die EU-Kommission und an alle Europäer. Sie haben dabei nicht um Spenden gebeten, sondern um professionelle Hilfe von Experten, damit sie unter deren Anleitung das Lager selbst instand setzen könnten. Sie sagen, die Zustände seien dort zum Teil schlimmer als im alten Lager Moria, und selbst Tiere hätten mehr Rechte als sie.
Katrin Glatz-Brubakk ist Kinderpsychologin, engagiert sich bei Ärzte ohne Grenzen und ist zur Zeit auf Lesbos.
Die Stimmung im Lager Kara Tepe sei hoffnungslos und verzweifelt, sagt die Ärztin. Es sei matschig, kalt und die Zelte seien zu dünn für den zunehmenden Wind. Es gebe keine Heizmöglichkeiten in den Zelten, um nasse Kleidung zu trocknen, und es fehlten genügend sanitäre Anlagen.
Die Stimmung im Lager Kara Tepe sei hoffnungslos und verzweifelt, sagt die Ärztin. Es sei matschig, kalt und die Zelte seien zu dünn für den zunehmenden Wind. Es gebe keine Heizmöglichkeiten in den Zelten, um nasse Kleidung zu trocknen, und es fehlten genügend sanitäre Anlagen.
"Es gibt Menschen im Lager, die seit drei Monaten nicht duschen konnten", sagt Katrin Glatz-Brubakk, "weil es einfach keine Duschen gab." Mittlerweile würden zwar einige Duschen installiert, aber noch immer müsse man damit rechnen, dass man nur etwa jeden zehnten Tag duschen dürfe. Es gebe auch kein warmes Wasser und ein geschütztes Areal, wo man sich zum Waschen zurückziehen könnte.
Zudem würden Toiletten bei dem windigen Wetter umkippen, sodass der Inhalt aus- und zwischen die Zelte fließen würde.
Kinder, die nicht mehr sprechen
Vor allem den Kindern gehe es schlecht im Lager, sagt die Kinderpsychologin: "Sie verzweifeln über die Lage." Nirgendwo könnten sie sicher spielen, sie dürften nicht zur Schule gehen, und die gesamten Bedingungen würden die Kinder psychologisch krank machen, so Glatz-Brubakk. Manche Kinder würden den Kopf gegen die Wand knallen, bis er blutet, weil sie so unruhig und ängstlich seien.
"Wir haben in diesem Jahr 50 Kinder wegen Selbstmordgedanken oder Selbstmordversuchen bis zu acht Jahren jung behandelt. Es sind Kinder, die ganz aufhören zu sprechen oder zu spielen."
Unmenschliche Bedingungen
Seit fünf Jahren würden Ärzte ohne Grenzen und andere Nichtregierungsorganisationen auf die Zustände auf Lesbos hinweisen. Katrin Glatz-Brobakk sei bereits zum neunten Mal auf Lesbos und die Situation werde immer schlimmer. "Es kann kein Politiker heute sagen, dass er nichts über die Situation weiß."
Ihres Wissens haben die angeschriebenen EU-Politiker und -Politikerinnen bisher nicht auf den Brief der Flüchtlinge reagiert. Die Menschen im Lager müssten weiter unter den "unmenschlichen Bedingungen" leben und wohl auch den Winter in Kara Tepe "überleben".
(jde)