Lakonisch Elegant

#25 "Queer Eye" - Vielfalt in der Glotze

36:45 Minuten
In einem Bus stehen und sitzen in fröhlicher Stimmung die 5 Akteure von "Queer Eye"
Fünf Engel für den Lebenswandel: Die Stars der Netflix-Serie "Queer Eye" © Netflix
Von Christine Watty und Johannes Nichelmann |
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Die dritte Staffel der Netflix-Serie "Queer Eye" beschäftigt Serienfans: Fünf homosexuelle Männer beraten in den USA in Lebensfragen von Mode bis Ernährung. Die Realityshow zeigt eine vielfältige Gesellschaft. Wäre das Format auch bei uns möglich?
"Queer Eye" ist eine Reality-Show, die nur auf den ersten Blick davon handelt, wie fünf homosexuelle Männer vom Leben gezeichneten Menschen in den USA dabei helfen, sich selbst zu finden. Sie werden in Mode-, Einrichtungs- und großen Lebensfragen beraten. Sicher ist: Ihr Leben soll sich verändern. Es wird emotional, es fließen Tränen. Zwischen den oberflächlichen "You look gorgeous!"-Momenten geht es aber um mehr: Beim Shoppen werden Herkunftsfragen geklärt, beim Luxusdinner Vorurteile ausdiskutiert und beim Friseur politische Haltungen erörtert.
Ob so ein Format auch in Deutschland denkbar ist, besprechen wir mit dem Schauspieler und Musiker Tyron Ricketts, dem Journalist Tobias Rüther, der Journalistin Lydia Meyer und Jan Schulte-Kellinghaus, Programmdirektor des RBB.

Fernsehen, das befriedet

Das Besondere an "Queer Eye": Auf den ersten Blick sehen wir eine Realityshow voller Effekthascherei, klebriger Musik und glatten Inszenierungen. Aber da ist diese Beiläufigkeit, mit der den Protagonist*innen Respekt entgegengebracht wird. Der Journalist Tobias Rüther von der "Frankfurter Allgemein Sonntagszeitung" ist genau deswegen hingerissen von diesem Format. Er fragt sich, ob die Show das Potenzial hat, ein "zerrüttetes Amerika zu befrieden" und erzählt im Kulturpodcast, welche Momente ihn am meisten bewegt haben.

Coming Out des RBB

Der Programmdirektor des öffentlich-rechtlichen Rundfunk Berlin-Brandenburg, Jan Schulte-Kellinghaus, erzählt von seinen Plänen, demnächst eine RBB-Version von "Queer Eye" zu realisieren. Gefragt, warum jetzt erst diversere Programmideen dieser Art auftauchen, sagt Schulte-Kellinghaus, dass dies für ihn Ergebnis einer gesellschaftliche Entwicklung sei, die nun auch die Medien erreiche.

Digitaler Druck

Tyron Ricketts ist Gründer von Panthertainment; eine Produktionsfirma, die Film- und Serieninhalte herstellt, deren Fokus auf Geschichten von People of Colour liegen. Er schaut zuversichtlich auf das Thema "Vielfalt" in der deutschen Film- und Fernsehlandschaft. Dort erkennt er einen Umbruch, der seines Erachtens allerdings nicht daran liegt, dass Programmverantwortliche dazugelernt haben. Vielmehr glaubt Ricketts, dass sich alles mit dem technologischen Fortschritt verändert: Es werde zwar lokal produziert, aber dank Video-on-Demand nun mit der Möglichkeit, auch global erreichbar zu sein. Passend dazu müssten jetzt auch andere Geschichten auf den Tisch, so Ricketts.

Auf Klo

Für Lydia Meyer, die die Formate "Auf Klo" und "Softie" für das junge Angebot von ARD und ZDF, funk, mitentwickelt hat, ist vor allem auch der Blick auf die Zusammensetzung der Redaktion wichtig. Die meisten Leute im Journalismus seien weiß und superprivilegiert und "da braucht man sich nicht wundern, wenn man keine coolen intersektionalen Formate hinkriegt".
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