#49 Da ist ja überall Blut! Der Erfolg von True Crime
42:12 Minuten
Das wahre Verbrechen scheint ein Erfolgsgarant, egal ob es sich um Podcasts, Streamingserien oder Printmagazine handelt. Warum eigentlich? Wir sprechen unter anderem mit Paulina Krasa und Laura Wohlers vom Podcast „Mordlust“.
Gruselige Morde, exakte Schilderungen von sadistischen Verbrechen, Nacherzählungen von historischen Fällen: Das Genre True Crime boomt seit einiger Zeit. Wir sprechen über mögliche Gründe für diesen Erfolg - und zwar nicht nur im Bereich der Podcasts. Es geht bei uns auch um Literatur und Film.
Verbrechen und ihre Hintergründe
Paulina Krasa und Laura Wohlers sind die Hosts des Podcasts "Mordlust – Verbrechen und ihre Hintergründe" vom Jugendangebot funk. Sie sprechen darin über wahre Kriminalfälle und erklären den Erfolg des Formats mit dem Interesse der Hörerschaft an den Tat-Hintergründen:
"Man muss auch nicht erzählen, wie genau jemand umgekommen ist, wenn das sonst der Geschichte nicht unbedingt hilft, weil es uns mehr darauf ankommt: Was steckt eigentlich hinter den Verbrechen, wie wird mit Täter und Täterinnen umgegangen - und was bedeuten die Taten für die Hinterbliebenen."
Raus aus der Schmuddelecke
Sonja Hartl ist Literaturkritikerin und Krimi-Expertin. Sie findet auf dem deutschen Buchmarkt nur zögerliche Annäherungen an das Thema True Crime, stellt aber fest:
"Was jetzt passiert, ist, dass True Crime durch die Podcasts oder die Netflix-Serien ein bisschen aus der Schmuddelecke herauskommt. Es gilt jetzt als High-Quality-Content. Dadurch könnte auch was auf dem deutschen True-Crime-Markt passieren."
Wahre Verbrechen in Dokumentationen
Filmkritiker Patrick Wellinski erkennt ebenfalls eine Bewegung in Richtung True Crime: "Zur Zeit ist das augenfällig, wie sehr sich gerade Streaminganbieter an diesem Thema abarbeiten in Doku-Formaten."
Nach unserer Bestandsaufnahme in Sachen True Crime geht es in Lakonisch Elegant dann um die Frage, was dieses Genre eigentlich erreicht. Ist es objektiv? Kann es das sein?
Die Rolle der Erzähler
Sonja Hartl: "Das ist für mich der Grundwiderspruch an True Crime: Wir sagen, das sind wahre Verbrechen, wir spielen damit, das hat in der Wirklichkeit stattgefunden! Und dann ist es natürlich viel schrecklicher, als wenn es in der Fantasie stattfindet. Aber jede True-Crime-Erzählung hat einen Erzähler und dieser Erzähler verfolgt eine Absicht mit seiner Erzählung - und er ordnet das Material für mich und er entscheidet, was er mir in welcher Reihenfolge präsentiert. Und das wird in den erzählerischen Podcasts wie 'Serial' oder 'Making a murderer' nicht immer thematisiert."
Beruhigende Verbrechenserzählung?
Simone Buchholz, Autorin erfolgreicher Kriminalromane und Trägerin des Deutschen Krimipreises 2019, steht True-Crime-Formaten eher skeptisch gegenüber:
"Kriminalromane sollten eher beunruhigen, die sollten in diese dunklen Ecken schauen – und den Leuten auch zeigen, warum das da so dunkel ist und wer dafür verantwortlich ist und es sollte auf gar keinen Fall beruhigen. Ich habe den Verdacht, dass True Crime genau andersrum funktioniert."