Das teure Null Sterne Hotel
Keine Wände, keine Dusche, kein Klo - nur ein Doppelbett inmitten der Schweizer Berge: So sieht das Null Sterne Hotel aus. Der Übernachtungspreis liegt bei über 200 Euro. Absurd? Nein, Kunst.
Willkommen im Safiental beziehungsweise auf der Art Safiental. Also was ist die Art Safiental? Das ist eine Ausstellung, die draußen stattfindet.
Auf der Terrasse der Pension "Alpenblick" in Tenna beugt sich Johannes Hedinger, Initiator der Art Safiental, über eine Karte und erklärt einigen Gästen, wohin im Laufe des Tages gewandert wird. Kunstwandern im Safiental - das ist eine Premiere, ebenso wie die Landart Ausstellung selbst: Sechs Großinstallationen von Künstlern aus China, Italien, Deutschland und der Schweiz verteilen sich über das 25 Kilometer lange, dünn besiedelte Tal.
Am Eingang werden schon von der Straße aus Wäschestücke sichtbar. Sie flattern an langen Leinen, die Jaffa Lam zwischen zwei Brücken gespannt hat. Die Hongkonger Künstlerin nennt ihre Arbeit "Sewing Bridge", Brücken nähen, erzählt Johannes Hedinger.
Gigantische Wäscheleine zwischen zwei Brücken
"Das ist eine Künstlerin, die in sozialen Strukturen arbeitet, mit der Gesellschaft, mit Partizipation. Sie hat mir den Vorschlag geschickt aus Hongkong: in diesem Tal gibt es so wenig Leute, 400. In meinem Haus wohnen mehr Leute als im ganzen Tal. Bei uns im Hochhaus spannt man Wäscheleinen zwischen den Hochhäusern. Ihre Idee ist gewesen: Sie sammelt bei allen Leuten im ganzen Tal Altkleider ein und hängt die als gigantische Wäscheleine zwischen die zwei Brücken, was dabei die alte und die neue Brücke ist und die Täler verbindet."
Die Musik kommt vom ehemaligen Schweinestall hinter der Pension "Alpenblick". Sie soll akustisch auf die Tour einstimmen.
An Tennas Kirche aus dem 15. Jahrhundert vorbei, geht es hinauf zum solarbetriebenen Skilift, dessen Sitze nun mit Riesenemoticons des Italieners Filippo Minelli beklebt sind. Die kleine Gruppe, meist mittelalte Münchner, sind fitte Wanderer, die seit einer Woche im Safiental unterwegs sind. Dann eine junge Zürcherin, die sich vor allem für die Landart interessiert. Landschaft und Objekte miteinander verknüpfen. Die Natur und die Landart-Skulpturen anders wahrnehmen. Das ist die Idee der Kunstwanderung.
An Tennas Kirche aus dem 15. Jahrhundert vorbei, geht es hinauf zum solarbetriebenen Skilift, dessen Sitze nun mit Riesenemoticons des Italieners Filippo Minelli beklebt sind. Die kleine Gruppe, meist mittelalte Münchner, sind fitte Wanderer, die seit einer Woche im Safiental unterwegs sind. Dann eine junge Zürcherin, die sich vor allem für die Landart interessiert. Landschaft und Objekte miteinander verknüpfen. Die Natur und die Landart-Skulpturen anders wahrnehmen. Das ist die Idee der Kunstwanderung.
Der höchstgelegene Stammtisch der Welt
In gut 2000 Meter Höhe am Tennakreuz angekommen, steht die Sonne schon im Zenit, als eine turmähnliche Konstruktion sichtbar wird. Wild aus Holzlatten zusammengeschraubt, ein surreales Gebilde, das so wirkt, als stünde es versehentlich hier. Ein Hauch von Chaos in der ordnungsliebenden Schweiz.
"Das ist der Stammtisch in luftiger Höhe. Die Frères Chapuisat machen seit Jahren Installationen, wo sie auch einen Stammtisch integrieren - das ist der momentan höchstgelegene Stammtisch. Das gehört zum Erlebnis, es sitzt sich sehr toll da oben."
"Das ist der Stammtisch in luftiger Höhe. Die Frères Chapuisat machen seit Jahren Installationen, wo sie auch einen Stammtisch integrieren - das ist der momentan höchstgelegene Stammtisch. Das gehört zum Erlebnis, es sitzt sich sehr toll da oben."
Zurück im Tal geht die Fahrt dann weiter mit einem kleinen Bus gut 20 Kilometer von Tenna bis an das Talende. An einer Abzweigung steht ein Hinweisschild: "Null Sterne Hotel". Vor spektakulärer Alpenkulisse steht ein großes Doppelbett. Wie ein Schlafzimmer ohne Wände, auf Betonboden und zwei Lampen neben dem frisch bezogenen Bett. Daneben ein Butler als Service für Übernachtungsgäste.
Null Sterne Hotel mitten in der Natur
Die Idee stammt von den Zwillingen Frank und Patrik Riklin aus St. Gallen, die mit diesem Objekt den Klassifizierungs- und Luxuswahn der Schweizer Hotellerie aufs Korn nehmen, so Patrik Riklin.
"Die Hotellerie Suisse hat plötzlich Angst gekriegt: Oh, Scheiße, jetzt kommt hier die Null. Die Null ist ja bisher eine Nische, die niemand interessiert hat. Null gleich schlecht, Null ist nichts. Das war eigentlich unsere künstlerische Intervention, zu sagen, wir besetzen diese Null und laden diese Nische neu auf, indem wir hinterfragen, was heißt eigentlich Luxus. Und Null Stern heißt eben nicht schlecht, sondern die Unabhängigkeit und Freiheit."
"Die Hotellerie Suisse hat plötzlich Angst gekriegt: Oh, Scheiße, jetzt kommt hier die Null. Die Null ist ja bisher eine Nische, die niemand interessiert hat. Null gleich schlecht, Null ist nichts. Das war eigentlich unsere künstlerische Intervention, zu sagen, wir besetzen diese Null und laden diese Nische neu auf, indem wir hinterfragen, was heißt eigentlich Luxus. Und Null Stern heißt eben nicht schlecht, sondern die Unabhängigkeit und Freiheit."
Ein Tal wird zum Hotelzimmer
Bereits vor acht Jahren inszenierten die Zwillinge ihr erstes "Null Sterne Hotel" in einem Bunker. Damals kostete die Übernachtung noch 25 Schweizer Franken, nun muss man das Zehnfache zahlen, Geld, das dem Safiental zugutekommt. Aber wer macht das, wo die Sterne auch kostenlos über Isomatte und Schlafsack funkeln würden?
"Wir haben Anfragen aus aller Welt. Wir haben ungefähr 250 bis 300 Personen, die auf einer Warteliste sind, die alle bereit sind, soviel Geld in die Hand zu nehmen. Das heißt ja auch, es ist auf einmal ein Wert entstanden. Null gleich wertvoll. Dadurch, dass wir die Verknappung in diesem Kunstprojekt haben, wird es exklusiv. Und die Leute, wenn sie mal im Bett liegen, können sagen: Wow, wir haben es geschafft."
"Wir haben Anfragen aus aller Welt. Wir haben ungefähr 250 bis 300 Personen, die auf einer Warteliste sind, die alle bereit sind, soviel Geld in die Hand zu nehmen. Das heißt ja auch, es ist auf einmal ein Wert entstanden. Null gleich wertvoll. Dadurch, dass wir die Verknappung in diesem Kunstprojekt haben, wird es exklusiv. Und die Leute, wenn sie mal im Bett liegen, können sagen: Wow, wir haben es geschafft."
Ein Tal wird zum Hotelzimmer, und das Luxushotel selbst ad absurdum geführt. Im nächsten Jahr wollen die Zwillinge ihre Open-Air-Betten in weiteren Tälern aufstellen. Die Schweiz als imaginäres Gebäude ihrer Null Sterne Vision.