Landgang Sachsen
Sachsen ruft - wir kommen. Es wird ein kurzer Weg werden, denn auch in Berlin hockt hinter jedem zweiten Gartenzaun ein gebürtiger oder eingewanderter oder hängengebliebener Sachse. Aber den ignorieren wir diesmal, denn das Land Sachsen ruft. Der Ruf ist vernehmbar, denn der Sachse pflegt keine leise Gusche. Und seine Mundart ist einzigartig.
Der Mound ist sächsisch
Von Matthias Biskupek
Früher lag Deutschlands Zukunft auf dem Meer, demnächst auf dem Mond. Wo sie gegenwärtig liegt, weiß keiner so genau. Oder doch? Ein deutsches Mondprogramm soll her - schallte es durch die Republik, als sie gerade mal wieder hinter dem Mond lag. Die Sonne schien vielleicht zu heftig für die Rufer. Egal, die Sachsen setzten umgehend - wie es so ihre Art ist - den Ruf in die Tat um und erfüllten vorzeitig den Mond-Plan. Soeben hat der zweite Sachsonaut den heimatlichen Boden wieder betreten und tritt schon vor das Mikrofon.
Meine liehm Meedschn - meine äh liehm Medien, die internationale Presse ist ja auch anwesend und die versteht kein Sächsisch.
Nach unserem Siegmund Jähn, dem ersten Sachsen im All - nebenbei war er auch der erste Deutsche dort - darf ich heute als Allererster von der sächsischen Mondmission berichten. Seit heute weiß ich, das unsere uralte sächsische Redensart "Du Mound - Du!", die immer bissl abfällig klang, ganz anders klingen sollte: "Mir sinn dor Mound - mir sinn dor Mound!". (Beifall)
Der Mond hatte sich nämlich zu Ehren unserer Ankunft in unsere Landesfarben gehüllt: weißgrün. Weiß wie jeder sächsischer Personalbogen aus DDR-Zeiten - Tillichs Stanislaw lässt grüßen - und grün wie die Hoffnung auf einen kommenden August den Starken Krisenmanager. Wenn sonst vom Goldenen Mond, Mondstaub, Mondkalb und ähnlichem Schnulli gequasselt wird: Der Mond ist seinem Wesen nach sächsisch. Ich hab's beobachtet. Er nimmt zu, wie der durchschnittliche sächsische Bauch, und er nimmt ab, wie die gegenwärtige sächsische Population.
Der Mond ist ein im Aufbau begriffenes junges Bundesland. Noch stürzt man von Krater zu Krater, aber bald wird er ein betoniertes, leeres Gewerbegebiet sein. Und mir dürfn uns wie daheeme fühln.
Ich habe nicht nur in den Mond geguggd, nee, ich habe vom Mond geguggd! Gloom Se mir, es war erheepent! Ich - an der Spitze des Mondes.
Und an diesem Ort begriff ich, warum der Mond ein absolut sächsisches Wesen ist. Ein Gebilde von sächsischem Schrott und Doppelkorn. Denn was ist der Mond der Erde? Er ist deren Trabant.
Verstehen Sie: Trabant und Sachsen. (Beifall) Ich sehe, Sie haben mich verstanden. (Beifall) Danke, Danke. (Beifall)
Von Matthias Biskupek
Früher lag Deutschlands Zukunft auf dem Meer, demnächst auf dem Mond. Wo sie gegenwärtig liegt, weiß keiner so genau. Oder doch? Ein deutsches Mondprogramm soll her - schallte es durch die Republik, als sie gerade mal wieder hinter dem Mond lag. Die Sonne schien vielleicht zu heftig für die Rufer. Egal, die Sachsen setzten umgehend - wie es so ihre Art ist - den Ruf in die Tat um und erfüllten vorzeitig den Mond-Plan. Soeben hat der zweite Sachsonaut den heimatlichen Boden wieder betreten und tritt schon vor das Mikrofon.
Meine liehm Meedschn - meine äh liehm Medien, die internationale Presse ist ja auch anwesend und die versteht kein Sächsisch.
Nach unserem Siegmund Jähn, dem ersten Sachsen im All - nebenbei war er auch der erste Deutsche dort - darf ich heute als Allererster von der sächsischen Mondmission berichten. Seit heute weiß ich, das unsere uralte sächsische Redensart "Du Mound - Du!", die immer bissl abfällig klang, ganz anders klingen sollte: "Mir sinn dor Mound - mir sinn dor Mound!". (Beifall)
Der Mond hatte sich nämlich zu Ehren unserer Ankunft in unsere Landesfarben gehüllt: weißgrün. Weiß wie jeder sächsischer Personalbogen aus DDR-Zeiten - Tillichs Stanislaw lässt grüßen - und grün wie die Hoffnung auf einen kommenden August den Starken Krisenmanager. Wenn sonst vom Goldenen Mond, Mondstaub, Mondkalb und ähnlichem Schnulli gequasselt wird: Der Mond ist seinem Wesen nach sächsisch. Ich hab's beobachtet. Er nimmt zu, wie der durchschnittliche sächsische Bauch, und er nimmt ab, wie die gegenwärtige sächsische Population.
Der Mond ist ein im Aufbau begriffenes junges Bundesland. Noch stürzt man von Krater zu Krater, aber bald wird er ein betoniertes, leeres Gewerbegebiet sein. Und mir dürfn uns wie daheeme fühln.
Ich habe nicht nur in den Mond geguggd, nee, ich habe vom Mond geguggd! Gloom Se mir, es war erheepent! Ich - an der Spitze des Mondes.
Und an diesem Ort begriff ich, warum der Mond ein absolut sächsisches Wesen ist. Ein Gebilde von sächsischem Schrott und Doppelkorn. Denn was ist der Mond der Erde? Er ist deren Trabant.
Verstehen Sie: Trabant und Sachsen. (Beifall) Ich sehe, Sie haben mich verstanden. (Beifall) Danke, Danke. (Beifall)
Sachsenwort des Jahres <p></p><p> Von Ralf Geißler
Der Tag der deutschen, äh der sächsischen Einheit steht vor der Tür. Hinter der Tür stehen die anderen deutschen Stämme und lauschen gespannt ... auf das sächsische Wort des Jahres. Am Sonnabend es ist nämlich wieder soweit, da wird es verkündet, verstehe es wer will. Eine Jury hat dann über tausende Einsendungen befunden und das schönste sächsische Wort beim Wort genommen. Von Dresden aus will sie der unter Sachsen sich zunehmend ausbreitenden Unsitte entgegenwirken, sich außerhalb des Stammesgebietes ein vorzügliches Hochdeutsch anzueignen. Wir kennen das Ergebnis.
Uwe Steimle: "Ich finde ein sehr, sehr schönes Wort ist zum Beispiel auch pomfortionös."
Ja, pomfortionös klingt schön, sächsisch schön.
Uwe Steimle: "Pomfortionös ist was ganz Außerordentliches, also was Leggerfetzsches, wie mir sagen. Das ist, als würde man in die Bonboniere zwei mal reingreifen."
Pomfortionös hat Chancen zum sächsischen Wort des Jahres gekürt zu werden - in dem Wettbewerb, den der Kabarettist Uwe Steimle ins Leben gerufen hat. Denn um seinen Dialekt steht es nicht zum Besten, also um des Sachsen Dialekt, nicht den des Herrn Steimle.
Peter Ufer: "Einmal im Jahr gibt's immer diese Umfragen vom Allensbach Institut, wo meistens dann die Nachricht kommt, dass Sächsisch die schlimmste und schlechteste und unsympathischste Sprache Deutschlands sei oder Mundart, Dialekt."
Das muss sich ändern, meint der Herr Ufer von der Sächsischen Zeitung. Deshalb unterstützt sein Blatt die Suche nach dem schönsten sächsischen Wort. Viertausend Leser brachten ihre Vorschläge aufs Papier, nicht wenige schrieben voneinander ab, nannten ganz oft: Fertsch - für fertig.
Peter Ufer: "Das zweite ist Muuschebubu. Das ist sozusagen die spezielle sächsische Art der Verdunklung."
Zum Beispiel in der Politik. Egal, viele schlugen das Dialektwort Bemme vor - für Butterbrot. Und: Demmse.
"Das ist so ein warm, schwüler Wetterzustand, wo man ja gerne erzählt, dass der Sachse nach London gekommen ist und gesagt hat: Mensch, is das hier ne Demmse. Und seitdem heißt der Fluss dort Themse."
Wenn der Sachse nicht auf Reisen ist und fremde Flüsse bestaunt, dann hockt er an seiner Dresdner Elbe und muddelt ein bisschen rum. Das Siegerwort im vergangenen Jahr.
Uwe Steimle: "Rummuddeln is - na ja - dass man die Zeit überbrückt. So nach dem Motto: Wir werden schon machen, dass nichts wird. Man tut so, als hätte man viel gemacht, aber eigentlich vergeht der Tag so und man ist abends wieder froh, wenn man im Bette liegt."
Ja, ja, die Mär vom emsigen Sachsen. Gerne grübelt er über neue sächsische Wörter nach. Am liebsten sächselt er Fremdwörter einfach ein. Anglizismen zum Beispiel. So gewinnt sein Dialekt auch international wieder an Ansehen.
Uwe Steimle: "Das merkt man auch bei dem Wort Kaffee to go. Der Sachse sagt: Gaffee Togo. Nu. Und es wird noch behauptet, es wäre von uns. Gaffee Togo ist pomfortionös. Das ist doch genial. (Lacht.)"
</p><p>Sächsische Entwicklungshilfe</p><p> Von Claus Stephan Rehfeld
Beinahe vor 55 Jahren war es, exakt am 31. Oktober 1954, da verschwand eine Fußballmannschaft aus Sachsen. Bei Nacht und Nebel - im wahrsten Sinn des Wortes. Nicht, wie Sie jetzt daheim am Lautsprecher wieder vermuten, Richtung Westen. Nein, der Sachse leistete sozialistische Entwicklungshilfe. Nicht ganz selbstlos, aber doch fast vollzählig. Die Sachsen liefen am nächsten Tag in Rostock auf den Rasen, verstanden sich prima untereinander, denn alle in der Rostocker Mannschaft sächselten, weil ... aber die Geschichte kennen sie ja jetzt fast vollständig, aber eben nur fast.
Zapf: "Hier war ja nichts. Hier war ja kein Fußball, deswegen mussten wir ja hoch, und da unten waren 5 Vereine, 50 Kilometer auseinander, 5 Oberligavereine."
1954 war das. Empor Rostock krebste in der Bezirksliga herum und die sächsische Dorfmannschaft von Empor Lauter war 5 Klassen höher und Spitzenreiter der DDR-Oberliga. Also wurde höheren Ortes Entwicklungshilfe beschlossen und am, Moment, am 31.Oktober 1954 vollzogen. Sachsen, ab in den Norden. Mit dem Zug!
Zapf: "Das war schlimm. Wir mussten in der Nacht ... Uns haben sie ja bald die Möbelwagen umgekippt. Das war ganz schlimm, ganz schlimm war das. Bei Nacht und Nebel sind wir los."
Wir auch. Die sächsischen Dorf-Fans waren stinksauer. Am Abend stiegen elf ihrer Mannen als Empor Lauter in der Zug, am nächsten Morgen kamen sie in Mecklenburg als Empor Rostock an. Blieben aber irgendwie Sachsen, mental und sprachlich.
Zapf: "Ja, ja, bei uns hat überhaupt keiner Platt gesprochen von der Truppe da unten, keiner."
Die Mannen um Kapitän Zapf knödelten also sächsischen Fußball für Rostock, ja für den ganzen DDR-Norden. Die Hiesigen, also die Norddeutschen, freute es, die Sachsen-Spieler hatten nun die Ostsee vor der Tür und ein nagelneues Dach über dem Kopf - nur die Sachsenfans daheeme murrten.
Zapf: "Die waren auch stinksauer. Konnten uns gar nicht mehr sehen lassen. Wir sind ja auch gar nicht mehr runter gefahren."
Außer es war ein Spiel "da unten" angesetzt.
Zapf: "Au, ganz schlimm, ganz schlimm für uns also die Zurufe 'Fischköppe' und so. Das war gar nicht so einfach. Vom Platz ging ein Tunnel rein bis in die Kabine. Das war unser Glück, sonst hätten die uns kalt gemacht, wahrscheinlich. Ist klar."
</p><p>Wenig zu lachen</p><p> Von Ralf Geißler
In Chemnitz lacht Mann nicht. Das ergab eine Studie, die den Chemnitzern aufs Maul schaute. Ergebnis: Die Männer dort ziehen ihre Mundwinkel nur 5 Minuten 17 Sekunden am Tag nach oben. In Chemnitz. Der schlechteste in Deutschland gemessene Wert. In Köln zum Beispiel, wo die Jecken die Straßen bevölkern, sollen die Männer doppelt so lange lachen. Weshalb, weiß keiner so genau, aber ganze 10 Minuten und 34 Sekunden. Pro Tag! Ist dort in Köln die Lage noch tragischer als in Chemnitz? Oder aus welchen Gründen sonst ist das Lachen abhanden gekommen? Denn Humor haben sie dort, da in Sachsen.
Frau: (Lacht) "Da muss ich ja gleich lachen. Ach, die Männer lachen doch überall gleich, ne."
Offenbar kennen die Chemnitzer Frauen keine Männer außerhalb der Stadtgrenze. Sie zweifeln gar die Studie an.
Frauen: "Die Männer, die ich kenne, die lachen gerne."
"Ja, das würde ich auch so sehen. Genau."
Vielleicht haben die Männer dieser Damen ja auch Grund zum Lachen.
Mann: "Die Menschen haben Sorgen, Probleme."
Wir fragten nicht nach "den Menschen", sondern nach den Männern.
Mann: "Also ich kann mir schon vorstellen, dass es stimmt. Er hat nicht viel zu lachen, wahrscheinlich. Aufgrund vielleicht der Arbeitssituation oder irgend so etwas."
In Dresden wird gefeiert, in Leipzig gehandelt und in Chemnitz gearbeitet. Ein altes sächsisches Sprichwort. Geschuftet, damit es den anderen Sachsen gut geht. Es ist ein altes Lied ... wie das Glockenspiel am Chemnitzer Rathaus.
Mann: "Ist ja lachhaft, was hier die Stadträte da schon zusammen fabrizieren, die sich gar nicht selbst da verstehen und alles, keine Einigung finden."
Lachhaft findet der Chemnitzer vieles. Zum Lachen aber leider, leider nur wenig. Sagt die Studie. Und was sagt der Herr Ulbricht? Er kennt sich mit Chemnitzer Humor aus, ist der Gaukler in der Stadt, neudeutsch Kabarettist genannt.
Gerd Ulbricht: "Chemnitzer sind wirklich so bissl ein spezifisches Völkchen. Ich sage immer so: Das höchste Kompliment, was ein Chemnitzer machen kann, wenn er aus dem Theater kommt oder aus dem Kabarett, dass er sagt: Es war gar ne mal so schlecht."
Der Chemnitzer Mann amüsiert sich dort still und leise im schummrigen Theaterlicht nach arbeitsreichem Tage. Nur auf der Straße, am Arbeitsplatz, zu Hause - da lacht er eben kaum.
Gerd Ulbricht: "Vielleicht sind sie auch klüger als die anderen?! Sie erkennen schneller die prekäre Situation, wo andere noch denken, da kann man drüber lachen. (Lacht) Weiß ich nicht."
Der Gaukler winkt hilflos ab. Kein Wunder, wenn die Chemnitzer Welt so gar nicht lustig ist.
</p><p>Spitznamen, pollidische </p><p> Von Alexandra Gerlach
"Ziemlich verständnislose Blicke" kabelte uns die Autorin des folgenden Beitrages nach Berlin. Denn es sei ein "sehr schwieriges Unterfangen". Wir hatten um eine schlichte Antwort auf die Frage gebeten, welche Spitznamen so Politiker da unten in Sachsen über die Jahre angehängt bekommen haben? Nun, wir ließen nicht locker und kescherten aus der Elbe dann doch noch dieses und jenes heraus. Bitte.
Die Mitglieder der Landespressekonferenz in Sachsen sind eigentlich allesamt alte Hasen in der Politikberichterstattung. Doch die Frage nach typisch sächsischen Spitznamen macht sie erst rat-, dann kopflos.
"Spitznamen?"
"Typisch sächsische Spitznamen?"
"Das hatten wir noch nie!"
"So viel Presse!"
"Kennst Du einen typisch sächsischen Spitznamen? Einen typisch sächsischen Spitznamen?"
Nur wenigen Politikern gelingt es, ganz eigene Spitznamen zu ergattern. Sachsens letzter Wirtschaftsminister von der SPD, Thomas Jurk, schaffte es als "Kellen-Jurk" in die Annalen der politischen Landesgeschichte einzugehen. Zuvor hatte er, widerrechtlich und in Überschreitung seiner Amtskompetenzen, während einer nächtlichen Dienstfahrt auf der Autobahn einen drängelnden Motorradfahrer mittels einer im Wagen mitgeführten polizeilichen Dienstkelle ausgebremst und zur Räson gerufen. Das wiederum brachte schlechte Presse und den "Kellen-Jurk".
Auch die Nachwende-Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen dürften nicht nur reine Freude über die ihnen zugeteilten Spitznamen empfinden. Tom Pauls:
"Gerade in der politische Geschichte ist es 'König Kurt', also in der Neuzeit, 'Georg der Bedrängte' für Milbradt oder 'Milzbrand', aber den finde ich nicht so witzig. Und jetzt, der neue, der Tillich hat sich ja selbst als Sachse dargestellt auf den Plakaten, ist aber eigentlich der Sorbe. Der muss erstmal der Sachse werden, im Volksmund."
Die Presse scheint einen Spitznamen für den jovialen und oft freundlich lächelnden Regierungschef schon gefunden zu haben. Zuletzt titelte ein Blatt den "Schmunzel-Sorben". Ob es bei diesem Spitznamen bleibt, ist abzuwarten, denn:
Tom Pauls: "Man muss im Positiven oder im Negativen im Fokus der Gesellschaft sein, egal wo. Und meistens kommen die Spitznamen aus dem Volke, eigentlich von unten."</p>
Der Tag der deutschen, äh der sächsischen Einheit steht vor der Tür. Hinter der Tür stehen die anderen deutschen Stämme und lauschen gespannt ... auf das sächsische Wort des Jahres. Am Sonnabend es ist nämlich wieder soweit, da wird es verkündet, verstehe es wer will. Eine Jury hat dann über tausende Einsendungen befunden und das schönste sächsische Wort beim Wort genommen. Von Dresden aus will sie der unter Sachsen sich zunehmend ausbreitenden Unsitte entgegenwirken, sich außerhalb des Stammesgebietes ein vorzügliches Hochdeutsch anzueignen. Wir kennen das Ergebnis.
Uwe Steimle: "Ich finde ein sehr, sehr schönes Wort ist zum Beispiel auch pomfortionös."
Ja, pomfortionös klingt schön, sächsisch schön.
Uwe Steimle: "Pomfortionös ist was ganz Außerordentliches, also was Leggerfetzsches, wie mir sagen. Das ist, als würde man in die Bonboniere zwei mal reingreifen."
Pomfortionös hat Chancen zum sächsischen Wort des Jahres gekürt zu werden - in dem Wettbewerb, den der Kabarettist Uwe Steimle ins Leben gerufen hat. Denn um seinen Dialekt steht es nicht zum Besten, also um des Sachsen Dialekt, nicht den des Herrn Steimle.
Peter Ufer: "Einmal im Jahr gibt's immer diese Umfragen vom Allensbach Institut, wo meistens dann die Nachricht kommt, dass Sächsisch die schlimmste und schlechteste und unsympathischste Sprache Deutschlands sei oder Mundart, Dialekt."
Das muss sich ändern, meint der Herr Ufer von der Sächsischen Zeitung. Deshalb unterstützt sein Blatt die Suche nach dem schönsten sächsischen Wort. Viertausend Leser brachten ihre Vorschläge aufs Papier, nicht wenige schrieben voneinander ab, nannten ganz oft: Fertsch - für fertig.
Peter Ufer: "Das zweite ist Muuschebubu. Das ist sozusagen die spezielle sächsische Art der Verdunklung."
Zum Beispiel in der Politik. Egal, viele schlugen das Dialektwort Bemme vor - für Butterbrot. Und: Demmse.
"Das ist so ein warm, schwüler Wetterzustand, wo man ja gerne erzählt, dass der Sachse nach London gekommen ist und gesagt hat: Mensch, is das hier ne Demmse. Und seitdem heißt der Fluss dort Themse."
Wenn der Sachse nicht auf Reisen ist und fremde Flüsse bestaunt, dann hockt er an seiner Dresdner Elbe und muddelt ein bisschen rum. Das Siegerwort im vergangenen Jahr.
Uwe Steimle: "Rummuddeln is - na ja - dass man die Zeit überbrückt. So nach dem Motto: Wir werden schon machen, dass nichts wird. Man tut so, als hätte man viel gemacht, aber eigentlich vergeht der Tag so und man ist abends wieder froh, wenn man im Bette liegt."
Ja, ja, die Mär vom emsigen Sachsen. Gerne grübelt er über neue sächsische Wörter nach. Am liebsten sächselt er Fremdwörter einfach ein. Anglizismen zum Beispiel. So gewinnt sein Dialekt auch international wieder an Ansehen.
Uwe Steimle: "Das merkt man auch bei dem Wort Kaffee to go. Der Sachse sagt: Gaffee Togo. Nu. Und es wird noch behauptet, es wäre von uns. Gaffee Togo ist pomfortionös. Das ist doch genial. (Lacht.)"
</p><p>Sächsische Entwicklungshilfe</p><p> Von Claus Stephan Rehfeld
Beinahe vor 55 Jahren war es, exakt am 31. Oktober 1954, da verschwand eine Fußballmannschaft aus Sachsen. Bei Nacht und Nebel - im wahrsten Sinn des Wortes. Nicht, wie Sie jetzt daheim am Lautsprecher wieder vermuten, Richtung Westen. Nein, der Sachse leistete sozialistische Entwicklungshilfe. Nicht ganz selbstlos, aber doch fast vollzählig. Die Sachsen liefen am nächsten Tag in Rostock auf den Rasen, verstanden sich prima untereinander, denn alle in der Rostocker Mannschaft sächselten, weil ... aber die Geschichte kennen sie ja jetzt fast vollständig, aber eben nur fast.
Zapf: "Hier war ja nichts. Hier war ja kein Fußball, deswegen mussten wir ja hoch, und da unten waren 5 Vereine, 50 Kilometer auseinander, 5 Oberligavereine."
1954 war das. Empor Rostock krebste in der Bezirksliga herum und die sächsische Dorfmannschaft von Empor Lauter war 5 Klassen höher und Spitzenreiter der DDR-Oberliga. Also wurde höheren Ortes Entwicklungshilfe beschlossen und am, Moment, am 31.Oktober 1954 vollzogen. Sachsen, ab in den Norden. Mit dem Zug!
Zapf: "Das war schlimm. Wir mussten in der Nacht ... Uns haben sie ja bald die Möbelwagen umgekippt. Das war ganz schlimm, ganz schlimm war das. Bei Nacht und Nebel sind wir los."
Wir auch. Die sächsischen Dorf-Fans waren stinksauer. Am Abend stiegen elf ihrer Mannen als Empor Lauter in der Zug, am nächsten Morgen kamen sie in Mecklenburg als Empor Rostock an. Blieben aber irgendwie Sachsen, mental und sprachlich.
Zapf: "Ja, ja, bei uns hat überhaupt keiner Platt gesprochen von der Truppe da unten, keiner."
Die Mannen um Kapitän Zapf knödelten also sächsischen Fußball für Rostock, ja für den ganzen DDR-Norden. Die Hiesigen, also die Norddeutschen, freute es, die Sachsen-Spieler hatten nun die Ostsee vor der Tür und ein nagelneues Dach über dem Kopf - nur die Sachsenfans daheeme murrten.
Zapf: "Die waren auch stinksauer. Konnten uns gar nicht mehr sehen lassen. Wir sind ja auch gar nicht mehr runter gefahren."
Außer es war ein Spiel "da unten" angesetzt.
Zapf: "Au, ganz schlimm, ganz schlimm für uns also die Zurufe 'Fischköppe' und so. Das war gar nicht so einfach. Vom Platz ging ein Tunnel rein bis in die Kabine. Das war unser Glück, sonst hätten die uns kalt gemacht, wahrscheinlich. Ist klar."
</p><p>Wenig zu lachen</p><p> Von Ralf Geißler
In Chemnitz lacht Mann nicht. Das ergab eine Studie, die den Chemnitzern aufs Maul schaute. Ergebnis: Die Männer dort ziehen ihre Mundwinkel nur 5 Minuten 17 Sekunden am Tag nach oben. In Chemnitz. Der schlechteste in Deutschland gemessene Wert. In Köln zum Beispiel, wo die Jecken die Straßen bevölkern, sollen die Männer doppelt so lange lachen. Weshalb, weiß keiner so genau, aber ganze 10 Minuten und 34 Sekunden. Pro Tag! Ist dort in Köln die Lage noch tragischer als in Chemnitz? Oder aus welchen Gründen sonst ist das Lachen abhanden gekommen? Denn Humor haben sie dort, da in Sachsen.
Frau: (Lacht) "Da muss ich ja gleich lachen. Ach, die Männer lachen doch überall gleich, ne."
Offenbar kennen die Chemnitzer Frauen keine Männer außerhalb der Stadtgrenze. Sie zweifeln gar die Studie an.
Frauen: "Die Männer, die ich kenne, die lachen gerne."
"Ja, das würde ich auch so sehen. Genau."
Vielleicht haben die Männer dieser Damen ja auch Grund zum Lachen.
Mann: "Die Menschen haben Sorgen, Probleme."
Wir fragten nicht nach "den Menschen", sondern nach den Männern.
Mann: "Also ich kann mir schon vorstellen, dass es stimmt. Er hat nicht viel zu lachen, wahrscheinlich. Aufgrund vielleicht der Arbeitssituation oder irgend so etwas."
In Dresden wird gefeiert, in Leipzig gehandelt und in Chemnitz gearbeitet. Ein altes sächsisches Sprichwort. Geschuftet, damit es den anderen Sachsen gut geht. Es ist ein altes Lied ... wie das Glockenspiel am Chemnitzer Rathaus.
Mann: "Ist ja lachhaft, was hier die Stadträte da schon zusammen fabrizieren, die sich gar nicht selbst da verstehen und alles, keine Einigung finden."
Lachhaft findet der Chemnitzer vieles. Zum Lachen aber leider, leider nur wenig. Sagt die Studie. Und was sagt der Herr Ulbricht? Er kennt sich mit Chemnitzer Humor aus, ist der Gaukler in der Stadt, neudeutsch Kabarettist genannt.
Gerd Ulbricht: "Chemnitzer sind wirklich so bissl ein spezifisches Völkchen. Ich sage immer so: Das höchste Kompliment, was ein Chemnitzer machen kann, wenn er aus dem Theater kommt oder aus dem Kabarett, dass er sagt: Es war gar ne mal so schlecht."
Der Chemnitzer Mann amüsiert sich dort still und leise im schummrigen Theaterlicht nach arbeitsreichem Tage. Nur auf der Straße, am Arbeitsplatz, zu Hause - da lacht er eben kaum.
Gerd Ulbricht: "Vielleicht sind sie auch klüger als die anderen?! Sie erkennen schneller die prekäre Situation, wo andere noch denken, da kann man drüber lachen. (Lacht) Weiß ich nicht."
Der Gaukler winkt hilflos ab. Kein Wunder, wenn die Chemnitzer Welt so gar nicht lustig ist.
</p><p>Spitznamen, pollidische </p><p> Von Alexandra Gerlach
"Ziemlich verständnislose Blicke" kabelte uns die Autorin des folgenden Beitrages nach Berlin. Denn es sei ein "sehr schwieriges Unterfangen". Wir hatten um eine schlichte Antwort auf die Frage gebeten, welche Spitznamen so Politiker da unten in Sachsen über die Jahre angehängt bekommen haben? Nun, wir ließen nicht locker und kescherten aus der Elbe dann doch noch dieses und jenes heraus. Bitte.
Die Mitglieder der Landespressekonferenz in Sachsen sind eigentlich allesamt alte Hasen in der Politikberichterstattung. Doch die Frage nach typisch sächsischen Spitznamen macht sie erst rat-, dann kopflos.
"Spitznamen?"
"Typisch sächsische Spitznamen?"
"Das hatten wir noch nie!"
"So viel Presse!"
"Kennst Du einen typisch sächsischen Spitznamen? Einen typisch sächsischen Spitznamen?"
Nur wenigen Politikern gelingt es, ganz eigene Spitznamen zu ergattern. Sachsens letzter Wirtschaftsminister von der SPD, Thomas Jurk, schaffte es als "Kellen-Jurk" in die Annalen der politischen Landesgeschichte einzugehen. Zuvor hatte er, widerrechtlich und in Überschreitung seiner Amtskompetenzen, während einer nächtlichen Dienstfahrt auf der Autobahn einen drängelnden Motorradfahrer mittels einer im Wagen mitgeführten polizeilichen Dienstkelle ausgebremst und zur Räson gerufen. Das wiederum brachte schlechte Presse und den "Kellen-Jurk".
Auch die Nachwende-Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen dürften nicht nur reine Freude über die ihnen zugeteilten Spitznamen empfinden. Tom Pauls:
"Gerade in der politische Geschichte ist es 'König Kurt', also in der Neuzeit, 'Georg der Bedrängte' für Milbradt oder 'Milzbrand', aber den finde ich nicht so witzig. Und jetzt, der neue, der Tillich hat sich ja selbst als Sachse dargestellt auf den Plakaten, ist aber eigentlich der Sorbe. Der muss erstmal der Sachse werden, im Volksmund."
Die Presse scheint einen Spitznamen für den jovialen und oft freundlich lächelnden Regierungschef schon gefunden zu haben. Zuletzt titelte ein Blatt den "Schmunzel-Sorben". Ob es bei diesem Spitznamen bleibt, ist abzuwarten, denn:
Tom Pauls: "Man muss im Positiven oder im Negativen im Fokus der Gesellschaft sein, egal wo. Und meistens kommen die Spitznamen aus dem Volke, eigentlich von unten."</p>