"Landgericht – Geschichte einer Familie"

Epochal, beeindruckend, bedrückend

Szene aus dem ZDF-Film "Landgericht"
Richard (Ronald Zehrfeld, l.) und Claire Kornitzer (Johanna Wokalek, r.) sind entschlossen, ihre Kinder Georg (Moritz Hoyer, 2.v.l.) und Selma (Lisa Marie Trense, 2.v.r.) in Sicherheit zu bringen. Sie sollen mit einer Hilfsorganisation nach England © ZDF / Walter Wehner
Von Bernd Sobolla · 30.01.2017
Heute läuft der erste Teil der Verfilmung des preisgekrönten Romans "Landgericht" von Ursula Krechel im ZDF. Es ist die Geschichte einer jüdisch-christlichen Familie, die die Nazizeit überlebt und nach Kriegsende in Westdeutschland einen Neuanfang wagt.
Der Titel klingt eher langweilig, aber "Landgericht – Geschichte einer Familie" ist in vielerlei Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung im deutschen Fernsehalltag.
Für außergewöhnliche Filme steht Regisseur Matthias Glasner ("Der freie Wille", "Gnade") ohnehin. Sei neues Werk besteht aus zwei Teilen von je 105 Minuten - schon das hat es im ZDF noch nie gegeben.
Glasners Film wirkt fast ausschließlich assoziativ, die Judenverfolgung wird gewaltfrei dargestellt. Und mit Ronald Zehrfeld und Johanna Wokalek hat er ein großartiges Filmpaar gefunden, das mit nur wenigen Dialogen das Drama der ungewollten Familienauflösung durchleidet.
Vor allem aber zeigt der Film, wie die Juden, die nach 1945 nach Deutschland zurückkamen, die Ablehnung ihrer ehemaligen Verfolger erlebten: eine Mischung aus Verdrängung, Ignoranz und Hass.

Film und Roman erzählen eine wahre Geschichte

Die Verfilmung des preisgekrönten gleichnamigen Romans von Ursula Krechel erzählt (nach einer wahren Begebenheit) von dem jüdischen Richter Richard Kornitzer und seiner Frau Claire, die die Verfolgung während der Nazizeit erleben. Die Bedrohung richtig einschätzend, schicken sie ihre Kinder 1938 mit einem jüdischen Kindertransport nach England.
Was sie nicht wissen: Es wird zehn Jahre dauern, ehe sie sie wiedersehen. Richard selbst flieht als Jude nach Kuba, seine Frau bleibt allein in Deutschland. Nach Kriegsende kehrt Richard zurück.
Über Hilfsorganisationen finden sie schließlich ihre Kinder wieder. Doch die haben sich ihnen im englischen Exil entfremdet. Und Richard, der mit Unterstützung der Alliierten eine Stelle im Landgericht bekommt, sieht sich dort umgeben von ehemaligen Mitgliedern der NSDAP und SA.
Das alles ist unglaublich beeindruckend und bedrückend zugleich erzählt. Ein epochaler Film: So "modern" wurde das Dritte Reich noch nie im deutschen Fernsehen inszeniert.

Der erste Teil von "Landgericht – Geschichte einer Familie" läuft heute Abend um 20.15 Uhr im ZDF. Der zweite Teil wird am Mittwoch zur gleichen Zeit gezeigt.

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