Schulz-Effekt kontra Amtsbonus
Es ist der Auftakt zum wichtigen Wahljahr 2017: Im Saarland wird über einen neuen Landtag abgestimmt. Rund 800.000 Bürger sind aufgerufen, über die Zusammensetzung des Parlaments zu entscheiden. Der Wahlausgang verspricht spannend zu werden: Bleibt es bei Rot-Schwarz oder reicht es für Rot-Rot?
Bis zum Nachmittag lag die Wahlbeteiligung etwas höher als vor fünf Jahren. Nach Angaben der Landeswahlleiterin gaben bis 14 Uhr 32,6 Prozent der Berechtigten ihre Stimmen ab. Bei der letzten Wahl waren es zum selben Zeitpunkt 31,1 Prozent gewesen. Am Ende lag die Beteiligung damals bei gut 61 Prozent.
Bislang sind fünf Parteien im Saar-Parlament vertreten: CDU, SPD, Linke, Grüne und Piratenpartei. Die FDP hofft auf den Einzug, die Grünen müssen zittern, die Piratenpartei dürfte den jüngsten Umfragen zufolge die Wiedereinzug in den Landtag verpassen.
Bislang fest in CDU-Hand
Seit fast 18 Jahren ist das Saarland fest in CDU-Hand, seit 2012 regieren die Christdemokraten das Land zusammen mit der SPD. Doch die große Koalition wackelt: Eine Fortsetzung scheint laut den letzten Umfragen ebenso möglich wie ein rot-rotes Bündnis zwischen SPD und Linken.
Ein rot-rotes Bündnis wird unter anderem davon abhängen, ob Grüne und FDP den Sprung in den Saarbrücker Landtag schaffen - das ist bei beiden Parteien unsicher. Als sicher gilt dagegen den Umfragen zufolge der Einzug der AfD ins Parlament, auch wenn die Rechtspopulisten nicht mit einem zweistelligen Wert rechnen können.
Kramp-Karrenbauer gegen Rehlinger
Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer will die Zusammenarbeit mit der SPD fortsetzen. Das ist erkärtes Ziel der CDU-Politikerin. Ein solches Bündnis käme auf jeden Fall auf eine satte Mehrheit.
Anfang des Jahres hatte Annegret Kramp-Karrenbauer in den Umfragen auch noch wie die sichere Siegerin ausgesehen. Doch jetzt wird im kleinsten deutschen Flächenland eher ein Kopf-an-Kopf-Rennen der Regierungspartner CDU und SPD erwartet - und Kramp-Karrenbauer muss ernsthaft fürchten, die Staatskanzlei verlassen zu müssen.
Die Nominierung von Martin Schulz als Kanzlerkandidat hat auch den Sozialdemokraten im Saarland ordentlich Schwung verliehen. Mit ihrer Spitzenkandidatin Anke Rehlinger holten sie in den Umfragen auf, bleiben aber deutlich hinter der CDU. Anders als Kramp-Karrenbauer hat sich Rehlinger nicht auf eine Koalition festgelegt.
Um ein rot-rotes Regierungsbündnis oder eine rot-rot-grüne Koalition zu verhindern, setzte die CDU im Wahlkampf ganz auf ihre Spitzenkandidatin. Kramp-Karrenbauer genießt im Saarland große Popularität. Ihre nüchterne Art, ihr eher pragmatischer Politikstil und ihr freundliches und bodenständiges Auftreten scheinen bei den Menschen anzukommen.
Bundespolitische Bedeutung
Vom Ausgang des ersten politischen Stimmungstests des Jahres werden wichtige Hinweise für die Landtagswahlen in den wesentlich größeren Ländern Schleswig-Holstein (7. Mai) und Nordrhein-Westfalen (14. Mai) und für die Bundestagswahl (24. September) erwartet.
Erstmals wird sich zeigen, ob die SPD den Umfragen-Höhenflug unter ihrem neuen Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten Martin Schulz auch in Wählerstimmen umsetzen kann. Oder ob die CDU von Angela Merkel den Auftakt in diesem Jahr der Weichenstellungen für sich entscheidet und mit Rückenwind in die weiteren Wahlauseinandersetzungen geht. Ein Erfolg für Kramp-Karrenbauer wäre ein bundesweites Signal, auf das die Union und Bundeskanzlerin Merkel nach dem Umfragehoch der SPD sehnlichst warten dürften.
Unions-Fraktionschef Volker Kauder warnte am Samstag nochmals vor einer rot-roten Koalition an der Saar, die ein Signal für Rot-Rot-Grün im Bund wäre: "Die Schulz-SPD scheint bereit zu sein, sich den Kommunisten an den Hals zu werfen", sagte der CDU-Politiker der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Dagegen betonte Schulz in der "Bild am Sonntag", ein rot-rotes Bündnis im Saarland würde für den Bund "nichts" bedeuten.