Landtagswahlen

Lachende und weinende Augen

Christoph Matschie schaut am 14.09.2014 in Erfurt während der Wahlparty der Partei auf die Ergebnisse
Die SPD Thüringens unter der Führung von Christoph Matschie (M) ist auf Sachsen-Niveau geschrumpft. © dpa / picture alliance / Jan Woitas
Von Peter Lange |
Die zwei großen Regierungsparteien haben sich jeweils behaupten können. Dafür wurden deren Juniorpartner heftig abgestraft, kommentiert Peter Lange: die SPD in Thüringen und die Linke in Brandenburg – aus unterschiedlichen Gründen.
Zwei Regierungsparteien als stärkste Kraft bestätigt. Soweit, so normal – und trotzdem enthält dieser Wahlabend ein paar faustdicke Überraschungen. Zunächst, dass das Experiment der Thüringer SPD auf das Schlimmste gescheitert ist. Allein das Gedankenspiel, einen Ministerpräsidenten von der Linkspartei mit ins Amt zu hiefen und sich auf die Juniorrolle zu bescheiden, schon dieses Gedankenspiel ist der SPD schlecht bekommen. Selten hat eine Partei ihre eigene Anhängerschaft so falsch eingeschätzt.
Schwere Zeiten für die Linke in Potsdam
In Thüringen also so schlecht wie in Sachsen. Da tröstet es kaum noch, dass sich die Sozialdemokraten in Brandenburg auch mit dem neuen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke behaupten konnten.
Dort muss die Linkspartei das Grausen kriegen. Als soziale Protestpartei mal fast so stark wie in Thüringen, aber als Juniorpartner in der Regierung für geräuschloses Mitmachen abgestraft. Die Linke in Potsdam geht schweren Zeiten entgegen, und fast möchte man wünschen, dass Dietmar Woidke sich erbarmt und die etwas stärkere CDU als Koalitionspartner holt.
Grüne und FDP hatten vor fünf Jahren nach drei Legislaturen in der außerparlamentarischen Opposition den Wiedereinzug in die beiden Landtage geschafft. Die Grünen konnten sich nun behaupten. Die todwunden Liberalen fliegen wieder aus zwei Parlamenten. Da waren es nur noch sechs. Man braucht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie da noch eine Umkehr gelingen soll.
Beim ihrem Weg raus aus den Parlamenten kommt der FDP die AfD entgegen. Zweistellige Ergebnisse, in dieser Höhe auch der niedrigen Wahlbeteiligung geschuldet – die neue Protestpartei holt ihre Wähler aus allen Lagern. Wenn sie dazu beigetragen hat, auch Protestwähler von der NPD wegzuholen und die Rechtsradikalen auf ihren realen Kern zu schrumpfen, dann soll es recht sein.
Die Hälfte geht nicht wählen
Bleibt die Wahlbeteiligung. In diesem Jahr feiern wir den 25. Jahrestag des Mauerfalls. Vor einem Vierteljahrhundert und auch schon davor haben Menschen in der DDR große persönliche Risiken auf sich genommen, um das grundlegendste aller demokratischen Rechte zu erkämpfen, das allgemeine gleiche und freie Wahlrecht. Wenn nun fast die Hälfte der Bürger von diesem elementaren Recht der Demokratie nicht mehr Gebrauch macht, werden sich viele Akteure von damals fragen, warum sie diese Risiken und Benachteiligungen auf sich genommen haben.
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