Landwirtschaft

Bio-Tierhalter gesucht

Der Bio-Bauer Hans-Peter Wendt aus Wallmow in Brandenburg.
Der Bio-Bauer Hans-Peter Wendt aus Wallmow in Brandenburg © Deutschlandradio / Sven Kästner
Von Sven Kästner |
Bio-Eier, Bio-Milch, Bio-Fleisch – überall gibt es Lieferengpässe. Es mangele an staatlichen Anreizen für Bauern, in die Bio-Landwirtschaft einzusteigen, glauben Vertreter der ökologischen Lebensmittelwirtschaft.
Eine schmucklose Leichtbauhalle am Rand von Wallmow, einem Dorf im Nordosten Brandenburgs. In einem langen, fensterlosen Raum bietet ein Gestänge aus Stahl Schlafplätze und Legenester. Beißender Hühnerkot-Geruch hängt in der Luft. Trotz seiner Zweckmäßigkeit gilt der neue Hühnerstall von Biobauer Hans-Peter Wendt als artgerecht. Die Tiere verbringen den Tag ohnehin im Freigelände vor der Halle.

"Normalerweise sind die ab zehn Uhr morgens immer draußen. Wir haben hier bei Bioland eine Auslauf-Vorschrift, die sagt: Für jedes Huhn müssen vier Quadratmeter Auslauf zur Verfügung stehen. Wir haben daraus acht Quadratmeter gemacht, weil wir eine Wechselweide haben."

Erst vor gut einem Jahr hat Hans-Peter Wendt die Anlage gebaut. Jetzt hält er 12.000 Tiere – je 3000 in vier getrennten Ställen mit separatem Auslauf. 1,8 Millionen Euro hat der Landwirt investiert – und hofft nun auf langfristig guten Absatz.

"Im Moment ist die Nachfrage so groß, dass wir sie nicht zufrieden stellen können. Und ich denke, das wird auch noch eine ganze Weile so weiter gehen."

Zu wenig Bio-Produkte


Nicht nur bei Eiern gibt es auf dem deutschen Bio-Markt Lieferengpässe. Auch Milch oder Fleisch sind knapp. Michael Wimmer, Geschäftsführer der Fördergemeinschaft ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg, kennt die Klagen vieler Bio-Händler.

"Manche Läden, die kriegen grundsätzlich nur zwei Drittel an dem, was sie an Geflügelfleisch bestellen. Weil es einfach nicht genug Erzeugerbetriebe gibt."

Trotz einer wachsenden, aber kleinen Vegetarier-Szene können einheimische Bauern die steigende Nachfrage nach Bio-Tierprodukten nicht decken: 25 Prozent der Eier, gut 20 Prozent des Schweinefleischs und 14 Prozent der Milch werden aus Nachbarländern nach Deutschland eingeführt.

"Die Bio-Verarbeiter und -händler suchen händeringend nach Bio-Schweinefleisch und insbesondere auch nach Bio-Milch. Auch nach Bio-Geflügelfleisch und -eiern."

Sagt Peter Röhrig, Geschäftsführer des Bundes ökologische Lebensmittelwirtschaft. Allerdings können Bio-Bauern sich nicht einfach so Tiere anschaffen oder ihren Bestand vergrößern. Dazu brauchen sie mehr als nur einen geeigneten Stall.

"Insbesondere gehören auch die notwendigen Flächen dazu. Öko-Landbau ist flächengebunden. Das heißt, die Futterproduktion und auch die Fläche, auf der der Dünger, den die Tiere produzieren, wieder verteilt wird, das ist sehr reglementiert. Das ist eine große Besonderheit des ökologischen Landbaus, dass er dort für Kreisläufe sorgt. Und damit ja beispielsweise eine Belastung des Grundwassers mit zu viel Nitrat ausschließt."

Kaum Anreize für neue Bio-Bauern


Allerdings sind neue Äcker wegen der momentan hohen Bodenpreise schwer zu bekommen. Der Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft wünscht sich deshalb Änderungen bei der EU-Agrarförderung: Umweltschädliches Wirtschaften sollte mit niedrigeren Subventionen bestraft werden. Das würde die konventionelle Landwirtschaft treffen, etwa wenn hochkonzentrierte Gülle aus der Massentierhaltung oder Kunstdünger in großen Mengen auf die Felder gesprüht wird. Bisher fließen die höchsten EU-Zuwendungen an die Betriebe mit den größten Flächen. Eine Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der Öko-Bauern, findet Peter Röhrig.

"Wir halten Bioprodukte für die eigentlich kostengünstigen. Weil sie keine Umweltschäden produzieren. Das ist im Bereich der Intensiv-Tierhaltung aus unserer Sicht anders. Dort wird zu Lasten des Tieres, zu Lasten der Umwelt produziert. Ohne das die Kosten entsprechend abgebildet sind."

Hans-Peter Wendt im Norden Brandenburgs hält nicht nur seine 12.000 Hühner, sondern auch Rinder, Schweine und Schafe. Das Futter baut er selbst an, mit dem Mist düngt er seine Äcker. Aus seiner Sicht sind auch die – im Vergleich zur konventionellen Konkurrenz teuren – Bio-Lebensmittel oft noch zu billig.

"Ich denke, dass prinzipiell die Preise für alle tierischen Produkte eigentlich zu niedrig sind. Sonst würde es mehr Produzenten geben, ganz schlicht. Während der Ackerbau ja pro Fläche gefördert wird – wenn Sie heute Tiere halten, gibt es nicht mehr einen direkten Förderbezug zu Ihren Tieren."

Trotzdem gehört das Vieh für den Bauern zu einer Kreislaufwirtschaft einfach dazu. Und sein neuer Hühnerstall sorgt dafür, dass es auf dem Bio-Markt jetzt täglich 9000 Eier mehr gibt.
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