Lange Schatten der Vergangenheit
Ein Viertel der 1,4 Millionen zählenden Bevölkerung im nördlichsten der drei Balten-Staaten ist russisch. Und obwohl Estland bereits 1991 unabhängig wurde, identifizieren sich viele ältere Russen weiterhin eher mit Russland als mit Estland.
Als jüngster Tiefpunkt des Russisch-Estnischen Verhältnisses ist bis heute der Denkmalstreit aus dem Jahr 2007 in Erinnerung, der massive Spannungen zwischen beiden Ländern auslöste. Der "bronzene Soldat" – ein Monument, das an den Sieg sowjetischer Soldaten über Hitlerdeutschland und an die "Befreiung" Estlands von den Nazis erinnern soll, wurde damals aus der estnischen Hauptstadt Tallin an den Stadtrand auf einen Militärfriedhof verlegt.
In der Folge kam es in dem baltischen Staat zu blutigen Krawallen zwischen Esten und der russischen Minderheit. Moskau reagierte mit harter Kritik auf die die Verlegung des Denkmals – dies sei eine grobe Missachtung des aufopferungsvollen Kampfes der Roten Armee. Der damalige russische Vize-Premier Iwanow versuchte die Stimmung weiter anzuheizen, indem er öffentlich zum Boykott Estlands aufrief:
"Unseren Bürgern gefällt die Haltung der estnischen Regierung zum Soldatendenkmal nicht. Kauft keine estnischen Produkte. Sanktionen durch den Staat sind zwecklos. Es muss eine deutliche Reaktion unserer Bürger geben. Zum Beispiel beim Tourismus: Fahrt nicht nach Estland. Fahrt statt dessen nach Kaliningrad. Solche Maßnahmen sind am Effektivsten."
Mittlerweile hat sich der hysterische Tonfall jener Tage gelegt – von guten, nachbarschaftlichen Beziehungen kann aber immer noch keine Rede sein. Der unterschiedliche Umgang mit der Geschichte sorgt regelmäßig für Streitigkeiten.
"Die Frechheit besteht darin, dass Estland keinen Unterschied zwischen Stalin- und Hitlerregime macht."
Meint der russische Politologe Wladislaw Below. Völlig hanebüchen sei es beispielsweise, dass estnische SS-Veteranen regelmäßig in der Öffentlichkeit Treffen durchführen dürften. Für Below ist es zudem unverständlich, dass Estland in seinem großen Nachbarn unverändert die Imperialmacht aus der Stalinzeit sehe. Dabei hätte Russland einen erheblichen Teil geleistet, die Sowjetära zu beenden. Zum Beispiel vor 20 Jahren, als sich der damalige russische Präsident Jelzin und Tausende von Demonstranten erfolgreich gegen den Putsch reformunwilliger kommunistischer Hardliner stellten.
"So wenige wissen, was in Moskau passiert ist. Das war die Revolution – nicht in Estland. Estland sollte eigentlich Delegationen nach Moskau schicken, die sich mit denen treffen, die das weiße Haus unter Schutz genommen haben. In Estland kommt keiner auf die Idee, dass die Russen dieselben Befreier von diesem stalinistischen System sind – was die Russen unternommen haben, war auch die Voraussetzung der Freiheit von Estland."
Für den Politologen Below sind weitverbreitete Ressentiments gegenüber Russen der Hauptgrund für die schlechte Integration russischsprachiger Bürger in Estland.
"Die Russen sind die Feinde, die Russen gefährden die Stabilität von Estland, die Russen gefährden die estnische Kultur, etc., etc, etc, und hier hat Estland, estnische Politiker die falsche Musik gespielt."
In der Folge kam es in dem baltischen Staat zu blutigen Krawallen zwischen Esten und der russischen Minderheit. Moskau reagierte mit harter Kritik auf die die Verlegung des Denkmals – dies sei eine grobe Missachtung des aufopferungsvollen Kampfes der Roten Armee. Der damalige russische Vize-Premier Iwanow versuchte die Stimmung weiter anzuheizen, indem er öffentlich zum Boykott Estlands aufrief:
"Unseren Bürgern gefällt die Haltung der estnischen Regierung zum Soldatendenkmal nicht. Kauft keine estnischen Produkte. Sanktionen durch den Staat sind zwecklos. Es muss eine deutliche Reaktion unserer Bürger geben. Zum Beispiel beim Tourismus: Fahrt nicht nach Estland. Fahrt statt dessen nach Kaliningrad. Solche Maßnahmen sind am Effektivsten."
Mittlerweile hat sich der hysterische Tonfall jener Tage gelegt – von guten, nachbarschaftlichen Beziehungen kann aber immer noch keine Rede sein. Der unterschiedliche Umgang mit der Geschichte sorgt regelmäßig für Streitigkeiten.
"Die Frechheit besteht darin, dass Estland keinen Unterschied zwischen Stalin- und Hitlerregime macht."
Meint der russische Politologe Wladislaw Below. Völlig hanebüchen sei es beispielsweise, dass estnische SS-Veteranen regelmäßig in der Öffentlichkeit Treffen durchführen dürften. Für Below ist es zudem unverständlich, dass Estland in seinem großen Nachbarn unverändert die Imperialmacht aus der Stalinzeit sehe. Dabei hätte Russland einen erheblichen Teil geleistet, die Sowjetära zu beenden. Zum Beispiel vor 20 Jahren, als sich der damalige russische Präsident Jelzin und Tausende von Demonstranten erfolgreich gegen den Putsch reformunwilliger kommunistischer Hardliner stellten.
"So wenige wissen, was in Moskau passiert ist. Das war die Revolution – nicht in Estland. Estland sollte eigentlich Delegationen nach Moskau schicken, die sich mit denen treffen, die das weiße Haus unter Schutz genommen haben. In Estland kommt keiner auf die Idee, dass die Russen dieselben Befreier von diesem stalinistischen System sind – was die Russen unternommen haben, war auch die Voraussetzung der Freiheit von Estland."
Für den Politologen Below sind weitverbreitete Ressentiments gegenüber Russen der Hauptgrund für die schlechte Integration russischsprachiger Bürger in Estland.
"Die Russen sind die Feinde, die Russen gefährden die Stabilität von Estland, die Russen gefährden die estnische Kultur, etc., etc, etc, und hier hat Estland, estnische Politiker die falsche Musik gespielt."