Wie eine Bankerin syrischen Frauen hilft
Neben ihrem Job als Bankdirektorin ist Lanna Idriss Sozialunternehmerin. Sie ermöglicht syrischen Frauen im Nahen Osten, für ihren Lebensunterhalt selbstgefertigte Taschen und Schals in Deutschland zu verkaufen. Aber wie bringt man ihnen den deutschen Geschmack nahe?
Im Hauptberuf ist Lanna Idriss Direktorin einer Frankfurter Bank, im Nebenberuf leitet sie das soziale Unternehmen Gyalpa. Es bedeutet so viel wie "Einkaufen mit Sinn". Gyalpa verschafft Syrerinnen im Kriegsgebiet oder in Flüchtlingslagern die Chance, sich ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen: Die Frauen fertigen in Handarbeit Taschen, Schals und Handtücher und Gyalpa hilft den Frauen, Zugriff zum Markt zu bekommen.
"Wie können sie den finden? Sie brauchen ein Konto, Dokumente mit allem Drum und Dran. Das ist der Teil, den Gyalpa übernimmt. Er vertreibt für sie auf einem Markt, zu dem sie in einem ersten Schritt keinen Zugang haben."
"Finanzwelt zu großen Teilen sexistisch"
Die Idee, die hinter Gyalpa steht: keine Almosen, sondern ein guter Preis für gute Arbeit. Leicht angepasst an den mitteleuropäischen Geschmack werden diese Produkte dann in Deutschland verkauft, so die Gründerin der Shopping-Plattform.
"Am Anfang ist eine libanesische Freundin mit mir drangegangen, um ein bisschen weniger Gold, ein bisschen weniger Farbe, ein bisschen weniger von allem zu machen, weil es für den hiesigen Geschmack doch sehr bunt ist. Es hat sich gezeigt, dass das erfolgreich war. Wir müssen aber noch mehr tun und arbeiten jetzt mit coolen einheimischen Designern zusammen."
Lanna Idriss, 1976 in Hamburg geboren, ist Tochter einer Dänin und eines Syrers. Der Vater war Volkswirt und nahm die Familie auch mit in den Sudan. Ihre kulturelle Identität bezeichnet Lanna Idriss als deutsch.
"Wie kann ich denn woanders herkommen, wenn ich in diesem Land geboren, aufgewachsen, sozialisiert, politisch engagiert, verheiratet war? Ich bin kein Migrationserfolg, ich bin Deutsche!"
Nach ihrem Studium – Jura, Politik- und Islamwissenschaften – steigt Lanna Idriss bei der Deutschen Bank ein, arbeitet später als Unternehmensberaterin und wird dann Direktorin einer Privatbank.
"Wir waren mal vier weibliche Führungskräfte und sind jetzt noch zwei. Das zeigt auch, dass ich meine Meinung zur Einführung von Quoten geändert habe. Die Finanzwelt ist sehr stark männlich geprägt, und sie ist zu großen Teilen sexistisch."
Noch einige Verwandte in Syrien
Die Bankerin und Sozialunternehmerin ist viel auf Reisen. In Syrien war sie 2003 zum letzten Mal. Direkten Kontakt zu den Produzentinnen von Gyalpa hält sie über den Libanon. Auch in Deutschland engagiert sie sich für Geflüchtete, nimmt immer wieder Syrer in ihrer Wohnung auf.
"Mit Syrien bin ich emotional sehr verbunden, und wahrscheinlich war ich das in meinem ganzen Leben nicht so stark wie jetzt. Persönlich bin ich verbunden, weil ich noch einige Verwandte in Syrien habe. In bin viel gereist, als Kind und Jugendliche, zum letzten Mal 2003."