Lars Gustafsson
Warum denkt Lars Gustafsson bei Kehlkopfkrebs an die Fernsehserie "Star Trek"? Und inwiefern sind wir alle unsterblich?
Lars Gustfasson betritt den Friedhof von Väster Våla, wo ich auf ihn gewartet habe. Der Schriftsteller und Philosoph trägt eine Schirmmütze, um sich vor der hoch am Himmel stehenden Sonne zu schützen. Seine Nase ist rot vom Sonnenbrand. Gustafsson begrüßt mich freundlich, sieht dann rechts an mir vorbei und sagt im gleichen Ton: "Hallo, Björn!" Ich drehe mich unweigerlich um. Aber da steht niemand, nur der Grabstein des Stockholmer Journalisten Björn Nilsson.
"En försommardag vid Björn Nilssons grav
Väster Våla kyrkogård i försommarljuset
och med den vänliga sydvästvind över [...]"
An diesem Sommertag liest Lars Gustafsson sein Gedicht über den befreundeten Journalisten. Darin schildert der Dichter, wie er, ebenfalls im Sommer, Björn Nilssons Grab auf diesem dörflichen Kirchhof besuchte und sich an einen gemeinsamen Scherz erinnerte. In den 60er-Jahren arbeiteten beide für die Boulevard-Zeitung "Expressen". In der Nachrichtenflaute eines Sommers erfanden sie ein Ungeheuer, einen Riesenwels, und behaupteten, er treibe in einem schwedischen See sein Unwesen.
Lars Gustafsson übersetzt die Inschrift im Grabstein seines Freundes, einen Vers aus dem Johannes-Evangelium:
"'Herr, wohin sollte ich gehen?' So steht es da. Das war sehr charakteristisch für Björn Nilsson."
Sein ganzes Leben lang sei Björn Nilsson auf der Suche gewesen: Er war 68er, Mitglied der kommunistischen Partei, ging bis kurz vor seinem Tod zur Psychoanalyse, trat spät in die katholische Kirche ein, verfiel erst dem Alkohol, rauchte dann zu viel, bekam Kehlkopfkrebs und konnte nur noch mit einem vibrierenden Tongenerator am Hals sprechen:
"Ich muss sagen: Er wurde virtuos auf dem Vibrator. Und er konnte sogar lachen mit dem Vibrator. Und dazu brauchte er nicht den Kehlkopf. Er hielt das Gerät so in der Luft und lachte damit."
Damals lief die Science-Fiction-Serie "Star Trek" auch im schwedischen Fernsehen. Darin spricht der Android Delta mit einer metallenen, roboterartigen Stimme. Lars Gustafsson sah die Serie regelmäßig mit seinem jüngsten Sohn Benjamin:
"Und er war vierjährig hier mit mir. Wir trafen Björn Nilsson auf der anderen Seite des Sees. Und Benjamin Gustafsson sagt: 'Oh, Mister Delta!' Er fand ihn vollkommen natürlich."
"En försommardag vid Björn Nilssons grav
Väster Våla kyrkogård i försommarljuset
och med den vänliga sydvästvind över [...]"
An diesem Sommertag liest Lars Gustafsson sein Gedicht über den befreundeten Journalisten. Darin schildert der Dichter, wie er, ebenfalls im Sommer, Björn Nilssons Grab auf diesem dörflichen Kirchhof besuchte und sich an einen gemeinsamen Scherz erinnerte. In den 60er-Jahren arbeiteten beide für die Boulevard-Zeitung "Expressen". In der Nachrichtenflaute eines Sommers erfanden sie ein Ungeheuer, einen Riesenwels, und behaupteten, er treibe in einem schwedischen See sein Unwesen.
Lars Gustafsson übersetzt die Inschrift im Grabstein seines Freundes, einen Vers aus dem Johannes-Evangelium:
"'Herr, wohin sollte ich gehen?' So steht es da. Das war sehr charakteristisch für Björn Nilsson."
Sein ganzes Leben lang sei Björn Nilsson auf der Suche gewesen: Er war 68er, Mitglied der kommunistischen Partei, ging bis kurz vor seinem Tod zur Psychoanalyse, trat spät in die katholische Kirche ein, verfiel erst dem Alkohol, rauchte dann zu viel, bekam Kehlkopfkrebs und konnte nur noch mit einem vibrierenden Tongenerator am Hals sprechen:
"Ich muss sagen: Er wurde virtuos auf dem Vibrator. Und er konnte sogar lachen mit dem Vibrator. Und dazu brauchte er nicht den Kehlkopf. Er hielt das Gerät so in der Luft und lachte damit."
Damals lief die Science-Fiction-Serie "Star Trek" auch im schwedischen Fernsehen. Darin spricht der Android Delta mit einer metallenen, roboterartigen Stimme. Lars Gustafsson sah die Serie regelmäßig mit seinem jüngsten Sohn Benjamin:
"Und er war vierjährig hier mit mir. Wir trafen Björn Nilsson auf der anderen Seite des Sees. Und Benjamin Gustafsson sagt: 'Oh, Mister Delta!' Er fand ihn vollkommen natürlich."
Lars Gustafsson hat sich auf eine Bank am Rand des Friedhofs gesetzt, auf der auch der fiktive Kriminalbeamte Blom aus seinem Jugendbuch "Blom und die zweite Magenta" Platz nimmt. Von hier aus blickt man auf die kleine weiße Kirche.
Lars Gustafsson wiederholt die Worte des Pfarrers von Väster Våla. Wenn jemand aus der Gemeinde gestorben sei, dann sage der Geistliche immer, dieser Todesfall sei "eine neue Erinnerung an unsere Sterblichkeit".
"Ich habe nie meine Sterblichkeit bezweifelt. Elias Canetti war lustig. Er sagte immer: 'Ja, andere Menschen können sterben. Aber ich werde nie sterben. Das ist undenkbar, dass Elias Canetti nicht existieren könnte.' Er war ja ein schlauer Herr. Und man kann das sehr gut interpretieren. In einem Sinn kann niemand sterben: Wir sind eingeschlossen in unserer Erfahrungswelt. Und es gibt kein Fenster, kein Loch, keinen Riss, wo wir hinausgucken können. Elias Canetti kann nie sterben, wir können nie sterben. Das Sterben gehört nicht zu dem Leben."
Was aber nicht heißt, Lars Gustafsson hätte sich noch keine Gedanken über die Zeit nach seinem eigenen Tod gemacht. Sein Wunsch: hier in der Gegend seiner Kindheit, inmitten der schwedischen Natur begraben zu werden, auf diesem Friedhof, auf dem auch Björn Nilsson liegt.
"Aber ich möchte eine andere Inschrift haben, ein Gedicht von mir:
All die Toten haben sich lebendig geglaubt,
All die Lebendigen haben sich tot geglaubt.
Aber es wird wahrscheinlich allzu teuer mit so vielen Buchstaben. Grabsteine sind nicht billig in unserer Zeit."
"Lars Gustafsson, Väster-Våla-Friedhof in Väster Våla, Mittelschweden"