Lars Noréns "Dämonen" in München

Sadomasochistische Grabenkämpfe

Der Haupteingang am Münchner Volkstheater
Der Haupteingang am Münchner Volkstheater: Premiere von "Dämonen" war am 17. April 2016 © picture alliance / dpa / Tobias Hase
Von Christoph Leibold |
Zwei Paare, ein Raum und Verhältnisse, die an einem Abend aus den Fugen geraten: Der junge Regisseur Nicolas Charaux hat Lars Noréns "Dämonen" neu inszeniert - erfolgreich balancierend auf dem schmalem Grat zwischen Psychologie und Surrealismus.
Durch einen schwarzen Rahmen (Bühne: Pia Greven) blicken die Zuschauer wie durch ein Panoramafenster in das Appartement von Katarina und Frank, das mit seinen aschgrauen Vorhängen eher den Charme eines Beerdigungsinstituts verströmt. Das passende Zuhause für zwei Beziehungszombies wie Katarina und Frank.
Wie Zombies zwischen Leben und Tod eingeklemmt sind, so steckt dieses Paar in einer toten Beziehung, die ein großes Gefühl nicht sterben lässt. "Ich kann Dich nicht leiden, aber ich liebe Dich", bringt Frank die Verhältnisse auf den wunden Punkt.
In den sadomasochistischen Grabenkämpfen der erfahrenen Beziehungskrieg-Frontschweine Katarina und Frank wird die Ehe von deren Nachbarn Jenna und Tomas zum Kollateralschaden. Der von Jakob Geßner dargestellte Tomas ist eine nickelbebrillte Lebensenttäuschung. Weshalb er Jenna seinen Frust über die eingeschlafene Ehe (alles dreht sich nur noch um die Kinder) irgendwann vor die Füße kotzt.

Dem Publikum ganz nahe

Magdalena Wiedenhofer schöpft als Jenna aus dem reichen Repertoire der Verlegenheitsgesten, verunsichert unter anderem von der kühlen Arroganz und dem ordinären Lachen von Carolin Hartmanns Katarina. Oder vom irrsinnigen Jack-Nicholson-Grinsen Jean-Luc Buberts, dessen lebensmüder Frank sich damit immer weder selbst zu motivieren scheint im Kampf der Geschlechter.
Auf der kleinen Bühne des Münchner Volkstheater sind die Darsteller dem Publikum ganz nahe. Das bekommt der Aufführung gut, auch weil die Schauspieler dieser Nähe Stand halten. Wozu die Regie beiträgt, indem sie ihnen keinen puren seelenentblößenden Psychorealismus abfordert.
Charaux hat sich nicht nur für ein leicht surreales Setting entschieden. Immer wieder wird auch das Ensemble von seltsamen Bewegungsanfällen ergriffen. Das reicht vom sanft-beseelten Swingen über skurrile Karaoke-Einlagen (Bubert legt eine schön schräge "I put a spell on you"-Nummer hin) bis zu bizarren Verrenkungen - als wären diese Zimmerschlächter von irgendwelchen bösen Geistern besessen. Von Dämonen eben.

Lars Norén: "Dämonen"
Regie: Nicolas Charaux
Premiere am Münchner Volkstheater am 17.4.2016

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