Eine späte, aber "richtige Handlung"
30 Jahre nach dem Geiseldrama von Gladbeck bittet Ministerpräsident Armin Laschet die Opfer und deren Angehörige um Vergebung für die damaligen Polizeifehler. Dadurch werde das Leid der Opfer endlich anerkannt, meint Philosophin Gesine Palmer.
Die Brutalität der Gangster, folgenschwere Polizeifehler und Grenzüberschreitungen durch Journalisten haben das Gladbecker Geiseldrama vor 30 Jahren zu einem unrühmlichen Kapitel der Kriminalgeschichte gemacht. 54 Stunden dauerte die Geiselnahme – am Ende waren zwei Geiseln tot, ein Polizist starb während des Einsatzes bei einem Verkehrsunfall.
"Pflicht des Staates, seine Bürger zu schützen"
Jetzt hat Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet die Angehörigen der drei Todesopfer und die weiteren Opfer um Vergebung gebeten. "Es ist die oberste Pflicht des Staates, seine Bürger zu schützen. Dies ist ihm in Gladbeck und in den Stunden danach unter dramatischen Umständen nicht gelungen", sagte Laschet der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Eine Geste, die viel zu spät kam? – "Das finde ich prinzipiell nicht", sagt Gesine Palmer, Theologin und Religionsphilosophin. "Eine Bitte um Vergebung ist immer ein Akt, mit dem die Anerkennung des Leidens der Opfer und damit ein Gleichgewicht in der gefühlten Rechtsordnung hergestellt wird."
"Das macht nichts wieder gut"
Sie empfinde es als angemessen, "dass man an irgendeinem Punkt Abbitte leistet und sagt: Wir haben falsch gehandelt, das sehen wir ein". Das würde den Betroffenen Hoffnung geben, dass sich Fehler nicht wiederholen.
"Das macht nichts wieder gut", räumt Palmer ein. Auch könne von den Betroffenen nicht automatisch erwartet werden, dass sie Vergebung leisten. Und natürlich könne man das Vorgehen Laschets "effekthascherisch" finden. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Politiker irgendetwas macht, ohne dass ein Kalkül dahinter steckt." Aber letztendlich sei es für denjenigen, der um Vergebung bittet, trotz allem "die richtige Handlung".
(lk)