Le Corbusier zum Weiterlesen ...
Die folgende Liste stellt eine Auswahl von Neuerscheinungen, Klassikern und Büchern unserer Gesprächspartner dar.
Stanislaus von Moos ist Autor mehrerer Corbusier-Bücher. 1968 erschien von ihm das Standardwerk Le Corbusier – Elemente einer Synthese (nur noch antiquarisch). Von Moos war u.a. Co-Kurator der Corbusier-Ausstellung im Vitra Design Museum Weil am Rhein, 2007/2008 und am zugehörigen Katalog Le Corbusier – The Art of Architecture beteiligt.
Apropos Standardwerk: Auch Thilo Hilpert zählt zu den großen Corbusier-Exegeten hierzulande. In der Reihe „Bauwelt Fundamente" (Verlag Vieweg, vergriffen) erschien 1978 von ihm Die Funktionelle Stadt. Le Corbusiers Stadtvision sowie 10 Jahre später ebendort eine kritische Neuausgabe von Le Corbusiers „Charta von Athen". In der Sendung „Lesart" sprachen wir mit ihm über sein jüngstes Werk: Century of Modernity – Architektur und Städtebau. Essays und Texte. Springer Verlag 2015
Wer sich näher mit Le Corbusiers „Polychromie" beschäftigen mag, landet beim dritten großen Le-Corbusier-Spezialisten, nämlich dem Schweizer Arthur Rüegg. Rüegg hat sich vor allem mit Möbeln und Interieurs beschäftigt, z. B. Le Corbusier – Möbel und Interieurs 1905-1965, Verlag Scheidegger und Spiess (2012). Und dazu zählen auch die Farben: Le Corbusier Polychromie architecturale: Farbenklaviaturen von 1931 bis 1959. Birkhäuser 2006. Danach werden Sie Ihre Wohnung nie mehr Weiß streichen!
Generationensprung: Die Leipziger Fotografin Margret Hoppe ist Jahrgang 1981 und hält fest, was von Le Corbusiers Bauten geblieben ist. Sie stößt auf spannende Oberflächen, Farben und Raumkompositionen. Margret Hoppe - Das Versprechen der Moderne, Verlag Scheidegger und Spiess, 2014
Der Katalog zur großen Jubiläumsausstellung im Centre Pompidou heißt Le Corbusier – die menschlichen Maße, herausgegeben von Olivier Cinqualbre und Frédéric Migayrou. Verlag Scheidegger und Spiess, 2015
Ebenfalls anlässlich des 50. Todestags ist Le Corbusiers Schrift Städtebau als Faksimile neu aufgelegt worden, mit einem Vorwort unseres Gesprächspartners Wolfgang Pehnt, eines rastlosen, inzwischen 84-jähriger Architekturhistorikers und Publizisten. Verlag DVA, 2015.
Bislang nur auf französisch erschienen sind die drei Neuerscheinungen mit Faschismus-Vorwürfen gegenüber Le Corbusier: Un Corbusier von François Chaslin, Verlag Le Seuil. Le Corbusier. Un fascisme français von Xavier de Jarcy Verlag Albin Michel. Sowie: Le Corbusier. Une froide vision du monde von Marc Perelman, Verlag Michalon.
Im vergangenen Jahr erschien Atlas of the Functional City. CIAM 4 and Comparative Urban Analysis, hrsg. von der EFL Stiftung und dem gta Archiv der ETH Zürich, Bussum/Zürich 2014. Erstmals wird daran das gesamte Material des legendären CIAM-Kongresses auf einer Schiffspassage nach Athen veröffentlicht und diskutiert. Zahlreiche Pläne und Fotos aus einem bislang unbekannten Nachlass. Ein Buch für echte Corbusier-Fans.
Städtebau à la Corbusier: die indische Verwaltungsstadt Chandigarh aus den 50er Jahren. Chandigarh Redux, mit Fotografien von Werner Feiersinger und einem englischen Essay von Andreas Vass. Verlag Scheidegger und Spiess, 2015
Die Architektin Elisabeth Blum hat sich eingehend mit Le Corbusiers „promenade architecturale" beschäftigt – dem aufs Genaueste inszenierten Weg durch seine Gebäude: Le Corbusiers Wege – wie das Wunderwerk in Gang gesetzt wird (ebenfalls in der Reihe „Bauwelt Fundamente" bei Vieweg erschienen, vergriffen)
Der Architekturkritiker Niklas Maak hat zu Le Corbusier promoviert. Vor einigen Jahren erschien sein Buch Der Architekt am Strand im Hanser Verlag (2010), in dem er sich mit dem poetischen, muschelsuchenden Einsiedler beschäftigt. Die Nacktfotos des Meisters sind nur eine kleine, aber vergnügliche Beigabe ...
Ursula Muscheler ist Architektin und Autorin mehrerer Bücher. Zuletzt: Gruppenbild mit Meister – Le Corbusier und seine Mitarbeiter, Berenberg Verlag 2014, in dem sie diejenigen in den Mittelpunkt rückt, die in Corbus Schatten standen: seine Mitarbeiter und Partner.
Viel mehr als nur grau
Blau, gelb, rot: Farben gehörten für Le Corbusier zur Architektur. Viele Firmen kaufen sich teure Lizenzen, um seinen Namen benutzen zu dürfen. Die Chemikerin Katrin Trautwein hat als Erste eine solche Lizenz erhalten - und sie inzwischen wieder zurückgegeben.
Die alte Fabrik im schweizerischen Uster empfängt einen mit einer gelb-grünen Wand: Die Farbe heißt KT 43.6 - vert oliv. Tiefmatt, aber leuchtend wie eine Wiese im Frühling. Man will sie sofort anfassen.
Trautwein: "Eine gute Farbe schafft zuallererst eine wunderbare Atmosphäre im Raum. Sie spielt mit Licht im Zimmer: Sie macht, dass man schmunzelt, dass man an etwas Schönes denkt, an einen Geruch, eine Sehnsucht, 'ne Liebesaffäre oder irgendwas. Eine schöne Farbe weckt Erinnerungen."
Le Corbusiers „Vert Oliv" ist so eine schöne Farbe. Zumindest im Original von KT Color. Auch wenn sich das jetzt nicht mehr Original nennen darf. Aber der Reihe nach.
Katrin Trautwein begann vor rund 20 Jahren, sich mit Farben zu beschäftigen. Zunächst in einer Firma, die viel im Bereich Restauration arbeitete ...
"Da waren sehr viele Erdfarben dort. Und ich habe mich da total in die Erdpigmente verliebt. Aber wirklich mit voller Inbrunst."
Damals fiel ihr ein Original Farbfächer von Le Corbusier in die Hände. Die kleinen Farbproben waren verblichen und vergilbt. Die Töne hatten teilweise mit dem Ursprungszustand nicht mehr viel zu tun. Aber ...
" ... da habe ich gemerkt, dass da eine Verbindung besteht zwischen diesen Erdpigmenten und den Le Corbusier Farben."
Fasziniert fing die gelernte Chemikerin an zu analysieren. Rezepturen gab es nicht mehr. Also mischte sie selbst - ausschließlich mit Naturpigmenten. Ein jahrelanger Prozess, an dessen Ende eine Lizenz stand: Die "Fondation Le Corbusier" in Paris erlaubte ihr als Einziger weltweit, unter dem Namen "Le Corbusier" Farben zu vertreiben. Die Architektenwelt war begeistert.
Trautwein: "Ich denke, wir wären Konkurs gegangen, wenn wir nicht diese Le Corbusier Farben entwickelt hätten."
Farblizenzen auch für große Möbel-, Elektro- und Textilhersteller
Le Corbusier hatte Anfang der 1930er-Jahre ein eigenes System aus 63 Farben entwickelt, die sogenannte "Clavier des Couleurs". In den Fünfzigern erweiterte er es noch einmal um kräftigere Töne für seine Betonarchitekturen. Es sind Farben, die der Architekt aus der Kunstgeschichte ableitete. Und die damals aus natürlichen Pigmenten gemischt wurden. Das Faszinierende: Wie auch immer man sie kombiniert - sie passen stets zusammen.
"Ich vergleiche es oft mit Wiesenblumensträußen. Sie können keine Wiesenblumensträuße pflücken, die koloristisch nicht schön wirken. Natur hat immer komplementär ausgemischte Farben und das bringt die Harmonie mit sich."
Katrin Trautwein und ihre Mitarbeiter mischen diese Farben aus 120 Pigmenten zusammen. Die meisten Händler haben gerade mal 12 Abtönpasten im Regal. Den Unterschied sehen geübte Augen sofort. Den Ungeübten zeigt die 52-Jährige eine mikroskopische Aufnahme: Eine industriell hergestellte Farbe sieht darauf glatt aus wie eine Sandwüste. Farben aus Naturpigmenten hingegen wie ein Gebirge, das je nach Lichteinfall ein kleines Spektakel an der Wand verursacht. Im Fachjargon heißt das: Metamerie.
"Metamerie betrifft ja das Wechseln von Farbeindruck unter unterschiedlichem Licht. Wir haben festgestellt, dass Le Corbusiers Farben sehr von ihrer Metamerie leben, und die Kunden hellauf begeistert sind, wenn ihre hellblaue Wand am Morgen wie der Morgenhimmel aussieht und sich im Verlauf des Tages sonniger und sonniger entwickelt. Und das ist, was Farbe ausmacht."
Heute beschäftigt Katrin Trautwein knapp 20 Mitarbeiter in ihrer Manufaktur. Die Palette von KT Color umfasst inzwischen 225 Farben. Die Le-Corbusier-Lizenz hat sie nicht mehr. Ein Grund: So etwas ist teuer.
"Wir wollen nicht genötigt werden, Kosten einzusparen, indem wir zum Beispiel Fernostpigmente nehmen, weil wir eine Quantität steigern müssen, die uns nicht mehr erlaubt, wählerisch zu sein."
Eine Firma in der Schweiz verkauft die Le-Corbusier-Farblizenzen mittlerweile auch an große Möbel-, Elektro- und Textilhersteller. Meistbietend, wie Branchenkenner hinter vorgehaltener Hand sagen. Nicht überall ist Le Corbusier drin, obwohl es draufsteht. Und umgekehrt.