Leben auf der Müllkippe

Von Bernd Musch-Borowska |
Mehr als zwei Millionen Flüchtlinge aus Birma leben in verschiedenen Lagern in Thailand. Allein 140.000 im Grenzgebiet rund um den Ort Maesot. Jeden Monat kommen Hunderte dazu. Gleichzeitig haben die thailändischen Behörden damit begonnen, trotz internationaler Appelle Migranten aus Birma wieder abzuschieben.
Auf einer Müllkippe am Rande der thailändischen Grenzstadt Maesot haben sich Dutzende Familien aus Birma häuslich eingerichtet. Unter provisorischen Wellblechdächern hausen sie inmitten der stinkenden Abfälle. Mit bloßen Händen durchsuchen sie den Müll nach brauchbaren und wieder verwertbaren Materialen, Plastikflaschen, Metall und Glas.

Die Müllsammler sind fröhlich bei der Arbeit. Das Leben auf der Müllkippe in Thailand sei immer noch besser als das, was sie zuhause in Birma erwarte, sagt eine ältere Frau, die gerade völlig verdreckte Plastiktüten in einen großen Sack stopft und dabei von Tausenden Fliegen umschwärmt wird.

"Das Leben hier ist etwas besser, obwohl es wirklich nicht besonders schön ist, hier auf der Müllkippe. Aber es ist einfacher für uns, unseren Lebensunterhalt zu verdienen. In unserem Dorf in Birma hatten wir zwar unser eigenes Haus, aber es gab keine Arbeit und ohne Arbeit haben wir nichts zu essen."

Umgerechnet drei Dollar verdienen die Müllsammler von Maesot. Die ganze Familie, einschließlich der Kinder, arbeitet im Schichtdienst rund um die Uhr. Zuhause in Birma wurden sie von den Militärs verfolgt, zu Zwangsarbeit verschleppt und vergewaltigt.

"Das ist schon etwas Anderes hier. In Birma habe ich etwa zwei US-Dollar pro Tag verdienen können. Aber ich musste einen großen Teil meines Einkommens an die Militärs abgeben, als Schutzgeld. Hier kann ich alles, was ich verdiene, für meine Familie ausgeben."

Allein in den vergangenen Monaten sind Tausende neue Flüchtlinge hinzugekommen. Männer, Frauen und Kinder, die vor den militärischen Aktionen der birmanischen Streitkräfte gegen die ethnischen Minderheiten in Birma, geflohen sind.

Nach einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat die Militärregierung in Birma im Vorfeld der für dieses Jahr angekündigten Wahlen ihren Kampf gegen die verschiedenen ethnischen Minderheiten im Land verstärkt.

Aktivisten der ethnischen Minderheiten würden verhaftet, gefoltert und getötet, hieß es. Amnesty hatte dazu nach eigenen Angaben Vertreter der sieben größten ethnischen Gruppen in Birma befragt, u.a. der Shan, der Karen und der Chin.

Der Kampf gegen die ethnischen Minderheiten sei Teil einer groß angelegten Kampagne gegen die Opposition, hieß es. Zahlreiche ethnischen Minderheiten, u.a. die Shan, kämpfen für einen eigenen Staat.

Anfang Februar feierten die Shan ihren eigenen Nationalfeiertag. Ihr Siedlungsgebiet liegt im dichten Dschungel an der nördlichen Grenze zu Thailand. Mehr als 1.000 Soldaten der Shan State Army marschierten durch die Straßen von Loi Tai Leng und präsentierten ihre Waffen.

Die Shan fürchten jedoch um ihre Autonomie. Sie lehnen die von den birmanischen Militärs geschaffene Union von Myanmar, wie Birma offiziell heißt, ab. Und berufen sich dabei auf eine Vereinbarung aus dem Jahr 1948, als den Shan zum Ende der britischen Kolonialherrschaft ein eigener Staat versprochen wurde.
Der Kommandeur der Shan-State Army, Yawd Serk:

"Wir müssen stark und vereint sein, um dafür zu kämpfen, unser Land zurückzubekommen."

Ende vergangenen Jahres hatte es im Gebiet der Shan, an der Grenze zwischen Birma und China, heftige Kämpfe zwischen der Shan State Army und den birmanischen Streitkräften gegeben. Tausende Einwohner der Region waren nach China geflohen.