Leben im Vivarium
Zwei Texte von Ernst Jünger liegen diesem Theaterabend im Berliner Ensemble zu Grunde. Martin Wuttke führt Regie und spielt gleichzeitig die Hauptrolle des Dr. Fancy. Dieser experimentiert wie Jünger mit Drogen und inszeniert sich in einem Salon mit gläsernen Wänden vor der Kulisse einer illustren Gesellschaft.
Wie im Rausch taumelt naturgemäß niemand aus dem Theater – dafür sind die Sequenzen, die der Schauspieler und Regisseur Martin Wuttke aus zwei großen Texten von Ernst Jünger destilliert und im oberen Foyer vom Berliner Ensemble inszeniert hat, dann ja doch zu sehr Gedankenspiel und philosophische Betrachtung pur. Neben den kriegsverherrlichenden "Stahlgewitter"-Fantasien und dem welt- und menschenverachtenden Nationalismus war der Autor Jünger ja auch ein erstaunlich mutiger, Grenzen überschreitender Experimentator am eigenen Bewusstsein – kaum eine Droge, die er speziell in jüngeren Jahren nicht ausprobiert hätte.
Und Wuttke interessiert natürlich der Punkt dieser drogengestützten Entgrenzung, die speziell dem Künstler eigen ist, die Forscherarbeit am Unbewussten in uns allen, das Rühren im brodelnden Sud, der unter all den zivilisatorischen Oberflächen der Gesellschaft schwappt. Nun zwang aber Jünger diesen Forschergeist und die Erkenntnisse in eine latent unsinnliche Literatur- und Wissenschaftssprache – was es ziemlich kompliziert erscheinen lässt, mit diesem Material einen Theaterabend zu erfinden; und einen rauschhaften obendrein!
Die Szenerie allerdings ist prächtig – Nina von Mechow hat in das obere Foyer vom Berliner Ensemble, also einen ohnehin eher kleinen Raum, einen noch kleineren hineingestellt: eine Art Vivarium, vielleicht sechs Meter lang, kaum zwei Meter breit, mit verschiebbaren Glastüren ringsum und drinnen dem Interieur eines kleinen Salons; diesen Miniraum bevölkern meist bis zu zehn Personen, sieben Männer, drei Frauen, die Gast bei Dr. Fancy sind (das ist Wuttke selber), der wohl eine Art Psychiater sein soll, der wie Jünger mit bewusstseinserweiternden Drogen wie etwa psychedelischen Pilzen experimentiert. Im ständigen Palaver dieses Personals entstehen Lebensabenteuer und schräge Träume.
Einer verfällt singend in die komplette "Bohemian Rhapsody", den Rockklassiker von Freddie Mercury und "Queen", ein anderer entdeckt sich selbst als großen, aber immer wieder scheiternden Tänzer, ein Dritter stellt sich minutenlang schreiend vor, er sei gerade erschossen worden. Es wird überhaupt viel geschossen, und Blut fließt – aber stets stehen die Opfer schnell wieder auf und reflektieren, was ihnen gerade geschehen ist. Wuttke selbst monologisiert viel und gibt gelegentlich den Exzessdarsteller – greift sich etwa die schönste der Damen, als sie gerade Suppe austeilt an die kleine Gesellschaft; er führt sie wie eine Marionette und tanzt mit ihr suppespritzend durch den (in diesem Augenblick zum Glück rundum geschlossenen!) Raum.
Der Abend hat auch schöne Ironien – wenn vom Blick ins höllische Inferno die Rede ist, verschmurgeln gerade Brotscheiben im Toaster; und den schmorenden Drogenpilzen entströmt gegen Ende Qualm, der das ganze Glasvivarium füllt. Aber wie sehr auch immer Wuttke die Jünger-Texte mit morbider Aktion aufgeschäumt hat – sie bleiben doch als Texte trocken und wenig zugänglich; sie sind schon sehr schwer zu lesen – und wie viel schwerer noch anzuhören im Palaver der Gesellschaft bei Doktor Fancy im Salon.
So entsteht mit den Texten aus "Das abenteuerliche Herz" und "Drogen und Rausch" letztlich nur ein Spektakelchen – denn das Material, mit dem Wuttke hantiert, gibt eigentlich keins her.
Und Wuttke interessiert natürlich der Punkt dieser drogengestützten Entgrenzung, die speziell dem Künstler eigen ist, die Forscherarbeit am Unbewussten in uns allen, das Rühren im brodelnden Sud, der unter all den zivilisatorischen Oberflächen der Gesellschaft schwappt. Nun zwang aber Jünger diesen Forschergeist und die Erkenntnisse in eine latent unsinnliche Literatur- und Wissenschaftssprache – was es ziemlich kompliziert erscheinen lässt, mit diesem Material einen Theaterabend zu erfinden; und einen rauschhaften obendrein!
Die Szenerie allerdings ist prächtig – Nina von Mechow hat in das obere Foyer vom Berliner Ensemble, also einen ohnehin eher kleinen Raum, einen noch kleineren hineingestellt: eine Art Vivarium, vielleicht sechs Meter lang, kaum zwei Meter breit, mit verschiebbaren Glastüren ringsum und drinnen dem Interieur eines kleinen Salons; diesen Miniraum bevölkern meist bis zu zehn Personen, sieben Männer, drei Frauen, die Gast bei Dr. Fancy sind (das ist Wuttke selber), der wohl eine Art Psychiater sein soll, der wie Jünger mit bewusstseinserweiternden Drogen wie etwa psychedelischen Pilzen experimentiert. Im ständigen Palaver dieses Personals entstehen Lebensabenteuer und schräge Träume.
Einer verfällt singend in die komplette "Bohemian Rhapsody", den Rockklassiker von Freddie Mercury und "Queen", ein anderer entdeckt sich selbst als großen, aber immer wieder scheiternden Tänzer, ein Dritter stellt sich minutenlang schreiend vor, er sei gerade erschossen worden. Es wird überhaupt viel geschossen, und Blut fließt – aber stets stehen die Opfer schnell wieder auf und reflektieren, was ihnen gerade geschehen ist. Wuttke selbst monologisiert viel und gibt gelegentlich den Exzessdarsteller – greift sich etwa die schönste der Damen, als sie gerade Suppe austeilt an die kleine Gesellschaft; er führt sie wie eine Marionette und tanzt mit ihr suppespritzend durch den (in diesem Augenblick zum Glück rundum geschlossenen!) Raum.
Der Abend hat auch schöne Ironien – wenn vom Blick ins höllische Inferno die Rede ist, verschmurgeln gerade Brotscheiben im Toaster; und den schmorenden Drogenpilzen entströmt gegen Ende Qualm, der das ganze Glasvivarium füllt. Aber wie sehr auch immer Wuttke die Jünger-Texte mit morbider Aktion aufgeschäumt hat – sie bleiben doch als Texte trocken und wenig zugänglich; sie sind schon sehr schwer zu lesen – und wie viel schwerer noch anzuhören im Palaver der Gesellschaft bei Doktor Fancy im Salon.
So entsteht mit den Texten aus "Das abenteuerliche Herz" und "Drogen und Rausch" letztlich nur ein Spektakelchen – denn das Material, mit dem Wuttke hantiert, gibt eigentlich keins her.