Leben in Trümmern
Am Nachmittag des 12. Januar 2010 bebte in Haiti die Erde. Mindestens 250.000 Menschen verloren ihr Leben. Gemessen an der Zahl der Opfer handelte es sich um eines der schwersten Beben der Welt. Bis heute sind die eingestürzten Häuser nicht abgetragen, gehören Zeltstädte und Trümmerlandschaften zum Normalzustand - obwohl viel Geld floss und die internationale Hilfe zügig und im großen Maßstab anlief.
Immacula ist eine hagere Frau in einem abgenutzten Kleid. Mit ihren fünf Kindern lebt sie in einem kleinen Zelt. Rechts steht eine Pritsche. Darunter liegen ein paar Fotos. Bilder aus der Zeit vor dem Erdbeben, als sie mit ihrem Mann und der Familie noch in einem richtigen Haus wohnte. Immaculas Mann ist beim Erdbeben umgekommen. Seitdem lebt sie in dem Zelt-Camp am Champs de Mars mitten in Port-au-Prince - gleich neben dem eingestürzten Präsidentenpalast. Ein Jahr nach dem Erdbeben ist ihre Bilanz ziemlich bitter:
"Es hat sich nichts geändert, seit ich hier im Obdachlosen-Camp lebe. Es gibt zu wenig zu essen, die Regierung tut nichts. Ich würde hier gerne weg hier, aber ich weiß nicht wohin."
Auf den rumpeligen Straßen rund ums Camp schieben sich die Jeeps der internationalen Helfer im Schritttempo nach vorne. Dauerstau. Da sind die Wagen der UN-Blauhelme und Polizisten – 12.000 sind im Land. Eine der größten UN-Missionen weltweit. Dazu die SUVs mit den Aufklebern aller nur denkbaren Hilfsorganisationen aus aller Welt. Rotes Kreuz, Welthungerhilfe, christliche Gruppen aus den USA. Port-au-Prince ist eine wahrlich internationale Stadt geworden.
Nigel Fisher ist der Chef für humanitäre Hilfe der Vereinten Nationen in Haiti. Ein ruhiger, grauhaariger Kanadier. Viel wurde erreicht, betont er – unmittelbar nach dem Erdbeben:
"Ich glaube, die erste Nothilfe war ziemlich erfolgreich. Ein Vierteljahr nach dem Erdbeben hatten wir etwa eineinhalb Millionen Menschen in den Camps. Dort werden sie mit Wasser versorgt, es gibt medizinische Hilfe, viele haben Latrinen. Ein Erfolg war auch, dass es keine Unruhen gab."
Die Nothilfe war das eine – der Wiederaufbau ist ungleich schwieriger:
"Wir haben hier strukturelle Probleme, die es auch schon vor dem Beben gab. Eine schwache Regierung. 85 Prozent der Menschen in Armut. Slums. Das löst man nicht innerhalb eines Jahres."
Ein Kinderzentrum in Fort National – einem ärmlichen Stadtviertel in Port-au-Prince. Das Holzhaus steht auf den Trümmern der eingestürzten Schule. Regulären Unterricht gibt es hier nicht, aber Betreuung: Singen, Basteln, Lesenlernen. Auch ein Jahr nach dem Erdbeben geht nur jedes zweite Kind in Haiti zur Schule. Genauso viele oder auch genauso wenige wie vor dem Beben. Seit die Cholera im Land ausgebrochen ist, spielt die Anleitung zur Hygiene eine große Rolle, sagt Alinx Jean Baptiste von der Kindernothilfe, die das Zentrum betreibt:
"Das Wichtigste ist die Erziehung, die man in der Schule macht. Die man mit den Eltern macht, dass man sich, bevor man isst, seine Hände wäscht, dass man das Wasser mit Chlortabletten reinigt."
Trotzdem: Die Cholera wird sich im Land wohl festsetzen. 150.000 Erkrankte bisher, 3500 Tote. Es fehlt am Geld sagen manche. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich haben viele Hilfsorganisationen Probleme, ihre Spendengelder sinnvoll einzusetzen. Beispiel Welthungerhilfe: 21 Millionen Euro sind nach dem Erdbeben eingegangen, 5,6 Millionen davon hat die Organisation bisher ausgegeben, also etwas mehr als ein Viertel. Eine Begründung: Die Zusammenarbeit mit den haitianischen Behörden sei schlecht, Entscheidungen über Wiederaufbau-Projekte würden ausbleiben, sagt die Präsidentin der Organisation, Bärbel Dieckmann:
"Ich jammere auch nicht, dass ich mehr Geld haben will. Ich glaube, das ist in Haiti auch nicht die Diskussion. Das Geld steht zur Verfügung. Wir erleben Koordinationsprobleme vor allem auf der höheren staatlichen Ebene. Das sind im Moment in Haiti die Probleme. Wenn sie dann keine funktionierende Regierung haben, wenn dann die Strukturen schwach sind, dann kriegen Sie eben diese Entscheidungen nicht."
Die haitianische Regierung in der Kritik. Und seit den Wahlen Ende November wächst die Unruhe. Beim Urnengang wurde offensichtlich gefälscht, noch immer gibt es kein offizielles Endergebnis dieses ersten Wahlgangs. Anhänger der Oppositionskandidaten randalierten tagelang, Barrikaden brannten, mindestens vier Menschen kam ums Leben.
Auch im Camp am Champs de Mars mitten in Port-au-Prince werfen viele Bewohner, wie Reynold, dem jetzigen Staatschef Preval vor, das Land weiter ins Elend zu treiben:
"Die Regierung nimmt das ganze internationale Geld und denkt nur an ihre Leute aber nicht an uns."
Aber die für Mitte Januar geplante Stichwahl um die Präsidentschaft ist auf unbestimmte Zeit verschoben.
"Es hat sich nichts geändert, seit ich hier im Obdachlosen-Camp lebe. Es gibt zu wenig zu essen, die Regierung tut nichts. Ich würde hier gerne weg hier, aber ich weiß nicht wohin."
Auf den rumpeligen Straßen rund ums Camp schieben sich die Jeeps der internationalen Helfer im Schritttempo nach vorne. Dauerstau. Da sind die Wagen der UN-Blauhelme und Polizisten – 12.000 sind im Land. Eine der größten UN-Missionen weltweit. Dazu die SUVs mit den Aufklebern aller nur denkbaren Hilfsorganisationen aus aller Welt. Rotes Kreuz, Welthungerhilfe, christliche Gruppen aus den USA. Port-au-Prince ist eine wahrlich internationale Stadt geworden.
Nigel Fisher ist der Chef für humanitäre Hilfe der Vereinten Nationen in Haiti. Ein ruhiger, grauhaariger Kanadier. Viel wurde erreicht, betont er – unmittelbar nach dem Erdbeben:
"Ich glaube, die erste Nothilfe war ziemlich erfolgreich. Ein Vierteljahr nach dem Erdbeben hatten wir etwa eineinhalb Millionen Menschen in den Camps. Dort werden sie mit Wasser versorgt, es gibt medizinische Hilfe, viele haben Latrinen. Ein Erfolg war auch, dass es keine Unruhen gab."
Die Nothilfe war das eine – der Wiederaufbau ist ungleich schwieriger:
"Wir haben hier strukturelle Probleme, die es auch schon vor dem Beben gab. Eine schwache Regierung. 85 Prozent der Menschen in Armut. Slums. Das löst man nicht innerhalb eines Jahres."
Ein Kinderzentrum in Fort National – einem ärmlichen Stadtviertel in Port-au-Prince. Das Holzhaus steht auf den Trümmern der eingestürzten Schule. Regulären Unterricht gibt es hier nicht, aber Betreuung: Singen, Basteln, Lesenlernen. Auch ein Jahr nach dem Erdbeben geht nur jedes zweite Kind in Haiti zur Schule. Genauso viele oder auch genauso wenige wie vor dem Beben. Seit die Cholera im Land ausgebrochen ist, spielt die Anleitung zur Hygiene eine große Rolle, sagt Alinx Jean Baptiste von der Kindernothilfe, die das Zentrum betreibt:
"Das Wichtigste ist die Erziehung, die man in der Schule macht. Die man mit den Eltern macht, dass man sich, bevor man isst, seine Hände wäscht, dass man das Wasser mit Chlortabletten reinigt."
Trotzdem: Die Cholera wird sich im Land wohl festsetzen. 150.000 Erkrankte bisher, 3500 Tote. Es fehlt am Geld sagen manche. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich haben viele Hilfsorganisationen Probleme, ihre Spendengelder sinnvoll einzusetzen. Beispiel Welthungerhilfe: 21 Millionen Euro sind nach dem Erdbeben eingegangen, 5,6 Millionen davon hat die Organisation bisher ausgegeben, also etwas mehr als ein Viertel. Eine Begründung: Die Zusammenarbeit mit den haitianischen Behörden sei schlecht, Entscheidungen über Wiederaufbau-Projekte würden ausbleiben, sagt die Präsidentin der Organisation, Bärbel Dieckmann:
"Ich jammere auch nicht, dass ich mehr Geld haben will. Ich glaube, das ist in Haiti auch nicht die Diskussion. Das Geld steht zur Verfügung. Wir erleben Koordinationsprobleme vor allem auf der höheren staatlichen Ebene. Das sind im Moment in Haiti die Probleme. Wenn sie dann keine funktionierende Regierung haben, wenn dann die Strukturen schwach sind, dann kriegen Sie eben diese Entscheidungen nicht."
Die haitianische Regierung in der Kritik. Und seit den Wahlen Ende November wächst die Unruhe. Beim Urnengang wurde offensichtlich gefälscht, noch immer gibt es kein offizielles Endergebnis dieses ersten Wahlgangs. Anhänger der Oppositionskandidaten randalierten tagelang, Barrikaden brannten, mindestens vier Menschen kam ums Leben.
Auch im Camp am Champs de Mars mitten in Port-au-Prince werfen viele Bewohner, wie Reynold, dem jetzigen Staatschef Preval vor, das Land weiter ins Elend zu treiben:
"Die Regierung nimmt das ganze internationale Geld und denkt nur an ihre Leute aber nicht an uns."
Aber die für Mitte Januar geplante Stichwahl um die Präsidentschaft ist auf unbestimmte Zeit verschoben.