„Recht kann heilen“
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Es bleibt bei lebenslänglich für Ratko Mladić. Das UN-Kriegsverbrechertribunal bestätigte das Urteil gegen den „Schlächter vom Balkan“ und beendet damit seine Arbeit. Für den beteiligten Richter Wolfgang Schomburg ist es ein Modell für kommende Prozesse.
Mit dem Ortsnamen Srebrenica verbindet sich das schlimmste Massaker auf europäischem Boden nach dem Zweiten Weltkrieg: 1995 wurden dort innerhalb von vier Tagen mehr als 8000 bosnische Muslime ermordet. Den Befehl gab der bosnisch-serbische Armeechef Ratko Mladić.
2017 wurde er für dieses und weitere schwere Verbrechen vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien zu lebenslanger Haft verurteilt. Er ging in Revision und forderte Freispruch. Doch nun haben die Richter in Den Haag das damalige Urteil bestätigt: Es bleibt bei lebenslänglich.
Ein Stück Rechtsgeschichte geht zu Ende
Als erster deutscher Richter war Wolfgang Schomburg an den Tribunalen beteiligt. "Es ist der Abschluss einer Ära", sagt er. Zum einen für das ehemalige Jugoslawien, zum anderen gehe ein Stück Rechtsgeschichte zu Ende. So sei zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit ein internationales Strafgericht mit anschließenden Tribunalen eingerichtet worden.
Die Zeit sein nun vorbei, "in der Menschen meinen, unter dem Deckmantel des Krieges sämtliche Verbrechen begehen zu können, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden." Jeder müsse nun damit rechnen, dass wieder ein neues Tribunal errichtet werde.
Auch wenn vor allem große Namen wie Milošević, Karadžić und nun auch Mladić verurteilt worden sind, ist es für Schomburg mehr als nur ein symbolischer Akt:
"Als ich das erste Mal bei der Staatsanwaltschaft antrat, sah ich ein Plakat mit 160 Namen von gesuchten Personen. Und alle haben in irgendeiner Weise ihren Prozess bekommen." Schomburgs Meinung nach könnte darauf im ehemaligen Jugoslawien aufgebaut werden.
Den Opfern hilft die Aussage
"Recht kann heilen", sagt Schomburg. "Das habe ich persönlich erlebt mit Personen, die in meiner Kammer als Opfer aufgetreten sind und denen ich später wieder begegnet bin." Für sie sei die eigentliche Erleichterung gewesen, dass sie aussagen durften, erzählt Schomburg.
In Bezug auf die politische Lage auf dem Balkan habe der Prozess allerdings wenig bewirkt: Die Spannungen in den Teilstaaten des früheren Jugoslawien seien wieder groß.
Das Tribunal taugt laut Schomburg auch als Modell für die Zukunft. Juristen hätten gezeigt, dass es geht, aber die Politik müsse es gestatten. "Syrien, Myanmar und die Auseinandersetzungen im Nahen Osten schreien danach. Und warum wird Lukaschenko nicht vor ein internationales Gericht gestellt?", fragt Schomburg.