Lebenslange Angst vor Liebesentzug
Sie war ein Mythos und kämpfte doch ständig gegen die Klischees, die ihr aufgepresst wurden: Romy Schneider, die viel zu früh gestorbene Leinwandgöttin. Anlässlich ihres 70. Geburtstages ist die Biografie "Romy und ihre Familie" von Jürgen Trimborn herausgekommen. Der Journalist hat eine ambivalente Emanzipationsgeschichte verfasst.
Über Romy Schneider scheint alles gesagt. Seit ihrem Tod 1982 haben viele Biografien geschildert, wie ihr kurzes dramatisches Leben selbst zum furiosen Melodram wurde, zahlreiche Fotobücher feierten ihre sinnliche Ausstrahlung und zeitlose Schönheit.
Auch in diesem Jahr erscheinen aus Anlass von Romy Schneiders 70. Geburtstages neue Bücher über die exemplarische Lebensgeschichte dieses größten deutschen Stars der Nachkriegsära.
Sie war eine Nachwuchshoffnung des betulichen Kinos der fünfziger Jahre. Schon als Teenager schuf sie das unsterbliche Leinwand-Image der Kaiserin Sissi. Aus diesem, von der ehrgeizigen Mutter lancierten Klischee brach Romy Schneider aus und setzte sich im französischen Film der sechziger und siebziger Jahre durch.
Die Hassliebe der deutschen Medien gehörte ebenso zu ihrer Geschichte wie ihr kokettes Spiel mit dem Ruhm. An ihren Affären und Liebeskatastrophen, an ihrem Luxus, den Abstürzen und persönlichen Schicksalsschlägen nahm die Sensationspresse teil. Als Romy Schneider 1981 ihren Sohn verlor und im Jahr darauf überraschend starb, vollendete sich der Mythos der Leinwandgöttin, die in ihren sechzig Filmen emanzipierte Frauenbilder entwarf, doch im Privatleben hilflos an den Männern und an sich selbst scheiterte.
Die Biografie des Kölner Autors und Medienjournalisten Jürgen Trimborn zeichnet diese Lebenslinien mit unverhüllter Lust an Kolportage nach. Frühere Veröffentlichungen, darunter enthusiastische Fan-Literatur, Presseberichte, Interviewpassagen und an die Öffentlichkeit gebrachte Tagebuchaufzeichnungen des Stars werden zu einem meinungsfreudigen Gesamtbild montiert.
Der Autor, der bereits Biografien von Leni Riefenstahl, Hildegard Knef, Johannes Heesters und Rudi Carell vorgelegt hat, ist weniger an Romy Schneiders schauspielerischen Leistungen und der Geschichte ihrer Filme interessiert als an einem psychologischen Portrait ihrer Persönlichkeit. Das flüssig geschriebene, manchmal lässig formulierte Buch sucht die Wurzeln für Romy Schneiders Begabung wie für ihr Unglück im Familienroman der Schauspielerdynastie, der die 1938 in Wien geborene Romy entstammte.
Vor allem die Karrieren der Eltern Magda Schneider und Wolf Albach-Retty im Nazi-Film werden anschaulich als Paradebeispiele einer rücksichtslosen Mentalität geschildert. Weder bleibt im hektischen Unterhaltungsgewerbe der beiden Zeit für die gemeinsame Beziehung noch für Romy und ihren Bruder.
Wie einsam die Tochter aufwächst, wie der hübsche Teenager zielstrebig zum Ersatzobjekt für Magda Schneiders fehlenden Nachkriegserfolg aufgebaut und mit gezielten Indiskretionen immer wieder der Boulevardpresse ausgesetzt wird, ist ein spannendes Thema des Buches. Auch die Sehnsucht nach dem abwesenden Vater und Romy Schneiders begründetes Ressentiment gegen den Stiefvater lesen sich wie eine plausible Erklärung für ihre lebenslange Angst vor Liebesentzug.
Vielleicht ist eine gewisse Skepsis gegenüber den historischen Details des Buches angebracht, doch als ambivalente Emanzipationsgeschichte ist die Biografie lesenswert. Die talentierte, im Kern unsichere Romy lernte zwar, sich vor der Kamera zu verströmen, doch es fehlte ihr an Tüchtigkeit, die nötig gewesen wäre, um Beruf und Privatleben zu trennen, professionell mit den Medien umzugehen und den Überblick über ihre Finanzen zu behalten.
Romy Schneider gilt vielen als tragische Ikone, als Inbegriff eines ausgebeuteten Stars, der in sechzig Filmen das Selbstgefühl moderner Frauen darstellen konnte, im Leben jedoch zu keiner Selbstständigkeit fand. Jürgen Trimborns Buch widerspricht diesem Bild nicht, macht jedoch auf spannende Weise begreiflich, wie es dazu kommen konnte.
Rezensiert von Claudia Lenssen
Jürgen Trimborn: Romy und ihre Familie
Droemer Verlag, München 2008
575 Seiten, 19,95 Euro
Auch in diesem Jahr erscheinen aus Anlass von Romy Schneiders 70. Geburtstages neue Bücher über die exemplarische Lebensgeschichte dieses größten deutschen Stars der Nachkriegsära.
Sie war eine Nachwuchshoffnung des betulichen Kinos der fünfziger Jahre. Schon als Teenager schuf sie das unsterbliche Leinwand-Image der Kaiserin Sissi. Aus diesem, von der ehrgeizigen Mutter lancierten Klischee brach Romy Schneider aus und setzte sich im französischen Film der sechziger und siebziger Jahre durch.
Die Hassliebe der deutschen Medien gehörte ebenso zu ihrer Geschichte wie ihr kokettes Spiel mit dem Ruhm. An ihren Affären und Liebeskatastrophen, an ihrem Luxus, den Abstürzen und persönlichen Schicksalsschlägen nahm die Sensationspresse teil. Als Romy Schneider 1981 ihren Sohn verlor und im Jahr darauf überraschend starb, vollendete sich der Mythos der Leinwandgöttin, die in ihren sechzig Filmen emanzipierte Frauenbilder entwarf, doch im Privatleben hilflos an den Männern und an sich selbst scheiterte.
Die Biografie des Kölner Autors und Medienjournalisten Jürgen Trimborn zeichnet diese Lebenslinien mit unverhüllter Lust an Kolportage nach. Frühere Veröffentlichungen, darunter enthusiastische Fan-Literatur, Presseberichte, Interviewpassagen und an die Öffentlichkeit gebrachte Tagebuchaufzeichnungen des Stars werden zu einem meinungsfreudigen Gesamtbild montiert.
Der Autor, der bereits Biografien von Leni Riefenstahl, Hildegard Knef, Johannes Heesters und Rudi Carell vorgelegt hat, ist weniger an Romy Schneiders schauspielerischen Leistungen und der Geschichte ihrer Filme interessiert als an einem psychologischen Portrait ihrer Persönlichkeit. Das flüssig geschriebene, manchmal lässig formulierte Buch sucht die Wurzeln für Romy Schneiders Begabung wie für ihr Unglück im Familienroman der Schauspielerdynastie, der die 1938 in Wien geborene Romy entstammte.
Vor allem die Karrieren der Eltern Magda Schneider und Wolf Albach-Retty im Nazi-Film werden anschaulich als Paradebeispiele einer rücksichtslosen Mentalität geschildert. Weder bleibt im hektischen Unterhaltungsgewerbe der beiden Zeit für die gemeinsame Beziehung noch für Romy und ihren Bruder.
Wie einsam die Tochter aufwächst, wie der hübsche Teenager zielstrebig zum Ersatzobjekt für Magda Schneiders fehlenden Nachkriegserfolg aufgebaut und mit gezielten Indiskretionen immer wieder der Boulevardpresse ausgesetzt wird, ist ein spannendes Thema des Buches. Auch die Sehnsucht nach dem abwesenden Vater und Romy Schneiders begründetes Ressentiment gegen den Stiefvater lesen sich wie eine plausible Erklärung für ihre lebenslange Angst vor Liebesentzug.
Vielleicht ist eine gewisse Skepsis gegenüber den historischen Details des Buches angebracht, doch als ambivalente Emanzipationsgeschichte ist die Biografie lesenswert. Die talentierte, im Kern unsichere Romy lernte zwar, sich vor der Kamera zu verströmen, doch es fehlte ihr an Tüchtigkeit, die nötig gewesen wäre, um Beruf und Privatleben zu trennen, professionell mit den Medien umzugehen und den Überblick über ihre Finanzen zu behalten.
Romy Schneider gilt vielen als tragische Ikone, als Inbegriff eines ausgebeuteten Stars, der in sechzig Filmen das Selbstgefühl moderner Frauen darstellen konnte, im Leben jedoch zu keiner Selbstständigkeit fand. Jürgen Trimborns Buch widerspricht diesem Bild nicht, macht jedoch auf spannende Weise begreiflich, wie es dazu kommen konnte.
Rezensiert von Claudia Lenssen
Jürgen Trimborn: Romy und ihre Familie
Droemer Verlag, München 2008
575 Seiten, 19,95 Euro