Lebenslaufdebatte um Annalena Baerbock

Was erzählt ein Lebenslauf?

46:20 Minuten
Illustration einer Figur im Anzug, die ein Dokument am Schreitisch unterschreibt. Auf dem Schreibtisch stehen kleine Figuren neben einem Lebenslauf, der auf dem Tisch liegt.
Welche Bedeutung hat der Lebenslauf für einen erfolgreichen Werdegang? © imago / Ikon Images / Aron Vellekoop Leon
Moderation: Christine Watty und Emily Thomey |
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Der gute Lebenslauf ist rund, stimmig und wahrheitsgemäß – aber wahrscheinlich wird nirgendwo so gern getrickst und geschönt. Was sagt dieses Dokument also wirklich aus? Wir sprechen mit Journalistin Ferda Ataman und Philosophin Amrei Bahr.
Die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, muss sich ein weiteres Mal in kurzer Zeit mit den Angaben ihres Lebenslaufs auseinandersetzen. Nachdem neulich noch ihr Studienabschluss erklärt werden musste, ging es nun um Mitgliedschaften und Aufenthalte, die mindestens unpräzise dargestellt wurden.
Eine Entschuldigung von Baerbock folgte. Auch bei CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet soll es Unstimmigkeiten im Lebenslauf geben.

Frisiert und selbstoptimiert

In Baerbocks Fall geht es auch um die Unprofessionalität eines Wahlkampfteams. Zum Thema Lebenslauf lassen sich aber noch weitreichendere Fragen stellen: Zum Beispiel, welche Bedeutung dieses Dokument eigentlich hat als perfekte Grundlage, seinen eigenen Werdegang glitzernder erscheinen zu lassen, sich selbstoptimiert darzustellen oder wenigstens geschönt zu erzählen. Ist das am Ende auch eine Generationenfrage? Und worum geht es dann den Adressaten, die sich spätestens in Bewerbungsverfahren mit dem Geheimnis der Wahrheitsfindung beim Studieren der verschiedenen Lebensläufe auseinandersetzen müssen?

Die unflexible Universität

Hinter all dem stecken auch Feststellungen zum Thema Ausbildung und Studium in Deutschland. Zum Beispiel darüber, was einzelne Stationen tatsächlich über den Menschen aussagen – Stationen, die zwar gewünscht, aber in manchen Kontexten eigentlich nur schwer erreichbar sind. Darüber sprechen wir mit der Philosophin Amrei Bahr, die die Perspektive aus der Universität mitbringt und dafür plädiert, auch diesen Betrieb auf seine eigene Unflexibilität zu überprüfen. Sie zeigt, wie teilweise lebensfern und vor allem privilegiengestützt die Anforderungen allein schon dort sind, wo später die Abschlüsse entstehen sollen, die schließlich in der Tabelle im Word-Dokument der Bewerbungsmappe landen. Welchen Einfluss haben diese Strukturen auch auf den gesellschaftlichen Wert der universitären Lehre?

Die realistische Bewerbung

Die Journalistin Ferda Ataman setzte sich mit neuen Bewerbungsverfahren auseinander, die diskriminierungsfrei gestaltet sind. Das betrifft auch den Lebenslauf. Warum das keine leichte Aufgabe ist und sich allein die anonyme Bewerbung so schwer durchsetzen lässt – darüber sprechen wir in unserem Podcast.
Vielleicht finden wir gemeinsam heraus, was einen Lebenslauf wirklich ausmacht und was die wichtigen erwähnenswerten Stationen sein müssten, damit sich nicht alle weiter durchschummeln müssen. Und auch, warum wir am Ende so daran hängen, aufzuschreiben, wer wir sind und was wir alles gelernt haben, und warum das nur dann schlecht ist, wenn es zur Show in manchen Strukturen wird.
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