Zwiegespräch mit Gorki
Was geschah wirklich während der Oktoberrevolution 1917, hat sich Regisseurin Katrin Rothe gefragt. Auf Geschichtsbücher wollte sie sich nicht verlassen. Stattdessen lässt sie in ihrem Legetrick-Film "1917 - Der wahre Oktober" fünf Künstler von damals zu Wort kommen.
"Geschichtsbücher gibt es viel. Ich aber will wissen, wie die Revolution damals von Künstlern erlebt wurde, Geschichten aus erster Hand", heißt es in dem Film "1917 – Der wahre Oktober". Die Regisseurin Katrin Rothe macht sich auf die Suche nach ihrem eigenen "wahren Oktober" – sammelt sich Stück für Stück ihr Bild von dem damaligen Geschehen zusammen, lässt in ihrem Film mittels Legetrick eine Collage der damaligen Zeit entstehen.
"Ich wollte die Wahrheit herausfinden über die Russische Revolution", erzählt Rothe, die in der DDR aufgewachsen ist und das Endes des Sozialismus 1989 selbst miterlebt hat.
Ihrem Schulwissen aus dem politisch gefärbten Geschichtsunterricht wollte sie dabei nicht trauen, stattdessen auf Zeitzeugenberichte zurückgreifen: "Leute die etwas gesehen habe", jenseits von "ideologischen Aufarbeitungen und Einordnungen".
Erzählen lässt sie sich die Geschichte von der Revolution, der Machtübernahe Russlands durch die Kommunisten, von fünf Künstlern und Zeitzeugen: von dem Maler und Kunstkritiker Alexandre Benois, einem "Schöngeist", der der russischen Kunst und Kultur hinterhertrauerte. Von dem russischen Avantgarde-Künstler Kazimir Malevich.
Außerdem: dem Großschriftsteller Maxim Gorky, Marxist und langjähriger Weggefährte Lenins. Sowie dem Dichter Vladimir Mayakovsky und der Dichterin Zinaida Gippius, die in ihrem Tagebuch über das Revolutionsgeschehen schrieb: "Gut wäre es, wenn man blind und taub würde, einfach kein Interesse zeigte, Gedichte schriebe von Ewigkeit und Schönheit. Ach, wenn ich das nur könnte." Diese fünf Künstler lässt Regisseurin Rothe im Lege-Trickfilm miteinander agieren.
Doch letztlich gelingt es Rothe nicht, "die Wahrheit" über die Revolution 1917 zu erfahren. Auch ihr Film "1917 – Der wahre Oktober" bleibt zwangsläufig ein subjektiver Blick auf das damalige Geschehen. Eine Erkenntnis, die die Autorin im Film offenlegen möchte, indem sie sich selbst in den Film als Handelnde einbindet.
Den Untertitel des Films "Der wahre Oktober" möchte Rothe daher auch eher augenzwinkernd verstanden wissen. Denn am Ende bleibt für sie vor allem die Erkenntnis: "Je mehr man weiß, desto mehr weiß man, was man alles nicht weiß."
Welche Bedeutung den Künstlern indes während des Revolutionsgeschehens zukommt? "Ihre Bedeutung war geringer, als ich immer dachte", sagt Rothe. "Sie machen letztendlich doch nicht selber die Revolution." (lk)