Leichengeruch im Museum

Von Alexandra Mangel · 30.11.2010
Die Installationen von Teresa Margolles sind drastische Konfrontationen mit einem Tod, der schmutzig, hässlich und grausam daherkommt – aber sie stören nicht die Ruhe der Toten, sondern die der Lebenden.
Wasser, mit dem in Obduktionssälen von Mexiko-Stadt Leichen gewaschen wurden, hat sie im Ausstellungsraum verdampfen lassen – Besucher, die ihn betraten, mussten es einatmen: Kontakt, Berührung, Eindringen unvermeidlich!

Fäden, mit denen die Körper obduzierter Leichen vernäht wurden, hat Teresa Margolles durch ihre Ausstellungen gespannt, erst bei näherem Hinsehen stellten sich die Verfärbungen als Spuren von Körperflüssigkeiten heraus. Decken, in die Mordopfer gewickelt waren, hat sie in Reihen gehängt – Reste von Klebestreifen, mit denen die Menschen geknebelt waren, hingen noch daran.

In Kassel in der Kunsthalle Fridericianum zeigt sie in Vitrinen Relikte von Todesopfern: Uhren, Ohrringe, Ketten und Armbänder, Schmuck von erschossenen Polizisten, Passanten oder Touristen, den sie auf der Straße aufgesammelt hat.

Von dem Moment an, in dem Teresa Margolles das erste Mal eine Leiche gesehen hat, hat sie diese Erfahrung nicht mehr losgelassen. Nach ihrem Kunststudium hat sie ein Diplom in forensischer Medizin gemacht und in der Gerichtsmedizin von Mexiko-Stadt assistiert: Jungen Drogentoten, Fixern, Prostituierten, Mordopfern, Opfern des Drogenkriegs ist sie dort begegnet, die in anonymen Massengräbern verscharrt wurden, weil die Familien kein Geld für eine Beerdigung hatten.

Die Armut der Lebenden bestimmt auch nach dem Tod das Schicksal. Im Obduktionssaal liest Teresa Margolles an den Spuren von Tod und Gewalt ab, was der Umgang mit den Toten über die Lebenden verrät.

Weitere Informationen zur Ausstellung von Teresa Margolles in der Kunsthalle Fridericianum Kassel