Neuer Chef: Ein indonesisches Künstlerkollektiv
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Die indonesische Gruppe ruangrupa, die aus zehn Künstlern besteht, wird die 15. Documenta im Jahr 2022 leiten. Alle waren davon einhellig begeistert, berichtet unser Korrespondent Ludger Fittkau. Einfach wird es für den Beirat der Kunstschau allerdings nicht.
Mit Spannung blickte die Kunstwelt nach Kassel, wo die Mitglieder der Findungskommission und Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle verkündeten, wer der neue Chef oder die neue Chefin der berühmten Kunstschau wird. Nun ist klar: Die indonesische Künstlergruppe ruangrupa soll die nächste documenta leiten. Das hat es in der Geschichte der Kunstschau noch nicht gegeben.
'ruangrupa' bedeutet Raumfindung
Das Kollektiv stamme aus indonesischen Hauptstadt Jarkarta und existiere bereits seit 19 Jahren, berichtet unser Korrespondent Ludger Fittkau, der die Verkündung der Entscheidung in Kassel mitverfolgt hat. Hinter der Gruppe stünden zehn Männer und Frauen, die gemeinsam Kunst machen. Ihr Name 'ruangrupa' lasse sich übersetzen mit Raumfindung oder Raumbeschaffung.
Zwei Vertreter hätten auf der Pressekonferenz bereits erklärt, das wörtlich nehmen und mit Kassler Bürgern und Künstlern bei der nächsten documenta den Raum erobern zu wollen, so Fittkau. "Sie wollen sich wirklich wieder auf Kassel beziehen. Das ist schon mal die erste Botschaft, die rüberkam."
Zehn Kandidaten in der Endrunde
Die Findungskommission hatte sich zuvor auf zehn Kandidaten geeinigt. Jeder von ihnen war aufgefordert worden, ein eigenes Konzept für die 15. Ausgabe der Schau für zeitgenössische Kunst auszuarbeiten und vorzustellen. Die Wahl sei einhellig auf ruangrupa gefallen, danach hätten Mitglieder vor Freude "auf den Tischen getanzt", berichtet Fittkau. "Man war total begeistert über diese Entscheidung."
Die documenta 15 wird vom 18. Juni bis 25. September 2022 stattfinden. Die Mitglieder der Findungskommission werden sie als Beirat begleiten. Nachdem das letzte Mal alles aus dem Ruder gelaufen sei, wolle man diesmal eine Art Controlling einbauen. Allerdings: "Dieses Kollektiv, so wie es sich heute präsentiert hat, das wir sehr schwer zu kontrollieren sein."
Diskussionen mit dem Beirat sind vorprogrammiert
Gut reden könne man sicher mit den Künstlern, vermutet Fittkau. "Das sind Menschenfreunde, nicht so verschlossen wie Adam Szymczyk." Klar sei aber auch, dass es sich um eine große Gruppe handle, die mit ihren eigenen Vorstellungen in diese documeta gehe. "Da wird es eine Menge Diskussionen geben, wenn dann diesmal der Beirat mitmischt und mitredet."
Die letzte Ausgabe war von Adam Szymczyk kuratiert und hatte für reichlich Negativschlagzeilen gesorgt. Zum ersten Mal war die Kunstschau nämlich gleichberechtigt an zwei Orten ausgerichtet worden, neben Kassel auch in Athen. Das hatte zu einem erheblichen Minus geführt - die Stadt Kassel und Land Hessen hatten eine Finanzierungslücke von 7,6 Millionen Euro zu stopfen.