Black-Box der Filmgeschichte
Leni Riefenstahls Nachlass füllt 700 Umzugskartons. Schon jetzt gilt er als einer der bedeutendsten Nachlässe der Film- und Fotogeschichte. Das Museum für Fotografie in Berlin hat erste Einblicke in das bislang ungesichtete Material gestattet.
Die Aufschrift auf der ersten Schachtel lässt zweifelsohne schon mal Spannung aufkommen: "Da steht drauf: 'Olympia – Super-Originalfotos. Bitte nicht anfassen!' sprich: auch wieder diese Sachen, die für sie besonders wichtig waren, dazwischen findet sich dann auch dieser Einleger, wo das Gleiche nochmal in anderen Worten dokumentiert ist."
Ludger Derenthal, Leiter des Museums für Fotographie der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, hat weiße Handschuhe angezogen, um die Schachtel zu öffnen. Darin sind einzelne Fotografien, die bekannten strahlenden Porträts von Sportlerinnen und Athleten, aber auch das eines griechischen Hirten, der eine archaische Flöte bläst – Aufnahmen aus dem Film, mit dem Riefenstahl die während der Nazizeit in Berlin ausgetragenen Olympischen Spiele für das NS-Regime propagandistisch feierte.
Nur ein Bruchteil des Nachlasses ist gesichtet
"Das waren die Fotos, mit denen sie selber gearbeitet hat, die für sie in der Nachkriegszeit sehr wichtig waren, denn man sieht das ja an der Verpackung, an der Schublade, in der das Ganze untergebracht ist, das ist nicht etwas, was sie in dieser Form 1945 aus dem Zweiten Weltkrieg gerettet hat, sondern das ist etwas, was sie in den 80er- oder 90er-Jahren zusammengestellt hat."
In einer anderen Box finden sich Kontaktabzüge von "Olympia" mit Namen und Notizen, dazu ein Exposé von Willy Zielke zu einem Prolog, Programmhefte, Freigabebescheinigungen und Korrespondenz. Noch ist nur ein Bruchteil des umfangreichen Nachlasses von Leni Riefenstahl gesichtet. Doch schon jetzt wird deutlich, was für ein Schatz für die Filmgeschichte sich in den Kartons verbirgt.
In einer anderen Box finden sich Kontaktabzüge von "Olympia" mit Namen und Notizen, dazu ein Exposé von Willy Zielke zu einem Prolog, Programmhefte, Freigabebescheinigungen und Korrespondenz. Noch ist nur ein Bruchteil des umfangreichen Nachlasses von Leni Riefenstahl gesichtet. Doch schon jetzt wird deutlich, was für ein Schatz für die Filmgeschichte sich in den Kartons verbirgt.
Riefenstahl hat in der Nachkriegszeit viel getan, um an ihrem eigenen Bild in der Geschichte zu stricken, hatte sich selbst immer als unpolitisch dargestellt. Ihr Archiv war, so nannte es die Riefenstahl-Biographin Karin Wieland, bislang eine Black-Box der Filmgeschichte. Die Regisseurin selbst und auch ihr 2016 verstorbener Mann Horst Kettner haben niemandem Einsicht gestattet in das akribisch geführte und wohlsortierte Archiv. Auch Rainer Rother, Leiter der Deutschen Kinemathek, konnte für sein Riefenstahl-Buch, das im Jahr 2000 erschien, nicht auf ihren Nachlass zurückgreifen. Umso größer ist jetzt die Erwartung.
Ein akribisch geführtes Archiv in 700 Umzugskartons
"Für die Filmgeschichte, aber auch für die Fotogeschichte ist es sicher einer der bedeutendsten Nachlässe. Leni Riefenstahl war eine der einflussreichsten Filmemacherinnen und später auch Fotografen, und dass da so viel von ihr aufgehoben wurde, ermöglicht die Kontextualisierung dieses Nachlasses und das ist eine ganz wunderbare Gelegenheit."
Viel aufgehoben – das hat Leni Riefenstahl in ihrem über 100-jährigen Leben zweifellos. 700 Umzugskartons füllt ihr Archiv, gut ein Drittel davon sind Filmrollen in allen technischen Standards, daneben Fotografien, Drehbücher, Dokumente, Vorarbeiten für ihre Memoiren, aber auch Kleidungsstücke.
"Das sind die Kleidungsstücke, die für sie wichtig waren. Also die Taucheranzüge die sie benutzt hat, um die Korallenfilme zu machen. Oder die Kleidung, die sie getragen hat, als zum Beispiel Helmut Newton fotografiert hat. Solche Sachen sind dann da."
Viel aufgehoben – das hat Leni Riefenstahl in ihrem über 100-jährigen Leben zweifellos. 700 Umzugskartons füllt ihr Archiv, gut ein Drittel davon sind Filmrollen in allen technischen Standards, daneben Fotografien, Drehbücher, Dokumente, Vorarbeiten für ihre Memoiren, aber auch Kleidungsstücke.
"Das sind die Kleidungsstücke, die für sie wichtig waren. Also die Taucheranzüge die sie benutzt hat, um die Korallenfilme zu machen. Oder die Kleidung, die sie getragen hat, als zum Beispiel Helmut Newton fotografiert hat. Solche Sachen sind dann da."
Sichtung und Auswertung wird Jahre dauern
Mit dem Fotografen Helmut Newton verband sie vor allem in späteren Jahren eine enge Freundschaft. Da passt es gut, findet Derenthal, dass das Museum auch eine umfassende Newton-Schau beherbergt. Zwei Biographien, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Newton, der als Jude Nazideutschland verlassen musste, und Riefenstahl, die ihre Karriere an den NS-Staat knüpfte und als Teil von Goebbels Propagandaapparat aktiv zum Aufstieg und Erfolg des Regimes beitrug. Doch sie war auch eine schillernde Persönlichkeit, die mit 70 Jahren den Tauchschein machte, wofür sie sich als 20 Jahre jünger ausgeben musste, um Unterwasserfilme drehen zu können. Und die darauf bestand, dass sie nie NSDAP-Mitglied war. Die einzige Organisation, der sie je angehört habe, sei Greenpeace gewesen. Ihre umfangreiche Korrespondenz wird vielleicht ein helleres Licht auf ihre Beziehungen zu den Nazi-Größen ihrer Zeit werfen.
"Einen Brief von Hitler hätte sie nicht weggeworfen"
"Ich würde denken, nach allem was ich von Riefenstahl weiß, dass wenn sie einen Brief von Hitler hatte, dann hat sie den nicht weggeworfen."
So viel ist sicher: Die Sichtung und Auswertung des Nachlasses wird noch Jahre dauern. Dafür wird ein interdisziplinäres Experten- und Restaurierungsteam zusammengestellt. Bis auf Weiteres sei nur so viel verraten: In Riefenstahls Nachlass finden sich Briefe von Henri Nannen, Siegfried und Roy, Edmund Stoiber und Sharon Stone. Und von Helmut Newton, für den sie sich im Alter von 97 Jahren noch im kurzen Rock fotografieren ließ. In einer Grußkarte aus dem Jahr 2000 schreibt er: "Du siehst betörend glamourös aus".