Lenin, Luise, Thälmann und Heine

Während die Linksfraktion im Stadtrat von Halle überlegt, wie sie den Abriss des Thälmanndenkmals verhindern kann, fertigen die Brüder Traub eine Kopie des Luisendenkmals aus Magdeburg an. In Schwerin blieb Lenin zwar nicht unangetastet, es gibt ihn aber noch als Ganzes. Und Heine in Düsseldorf?
Halle
Von Tobias Barth

Für die einen ist es purer Pragmatismus, für die anderen ein brisantes Politikum: In Halle soll das Thälmann-Denkmal einem behindertengerechter Fußweg weichen. Sonst nichts. Anfang der 80er Jahre wurde es an einer verkehrsreichen Straße aufgestellt. Bei fälligen Umbauarbeiten wurden vor kurzem Teile des Denkmals abgetragen: Steinmauern mit Bronzetafeln, die an die Besuche des KPD-Mannes in Halle in den 20er und 30er Jahren erinnerten. Was noch steht, ist eine Thälmann-Büste in Beton auf einem drei Meter hohen Sockel aus rotem Porphyr. Jetzt soll auch dieser Rest weichen:

"Ich bin gar nicht der Meinung. Wenn man von hier kommt, vom Riebeck-Platz, Tausende Menschen sehen das Denkmal, und es ist auch schön, es hier vor den Zehngeschossern hier stehen zu haben, ja."

Gert Aurich ist ein alter Arbeiter. Er gehört zu denen, die sich für den Erhalt des Denkmals stark machen. Durch beharrliche Nachfragen bei der Stadt bekam er heraus: Bautechnisch notwendig ist es nicht, das Denkmal für die Rollstuhlrampe zu opfern. Und so wittert er politische Machenschaften hinter der Entscheidung. Das mobilisiert den Rentner und mit ihm die Linke im Stadtrat:

"Und gerade jetzt, es kann jeder über Ernst Thälmann denken, wie er will, aber er war nun mal elf Jahre in Einzelhaft gewesen, und die ganzen Jahre ist er unbeugsam gewesen, er ist seiner Sache treu geblieben. Und er war das größte Vorbild und das größte Symbol im Kampf gegen den Faschismus."

Etliche der Mahnmale sind nach 1990 geschliffen worden: In Halle etwa das Bronzestandbild eines Sowjetsoldaten mit Kalaschnikow im Leninpark, heute wieder Stadtpark, oder das sogenannte Fäuste-Denkmal, das martialische Erinnerungen an die Kämpfe der Arbeiterbewegung auslöste. Das Denkmal stand am Thälmannplatz, der heute wieder Riebeckplatz heißt, benannt nach einem Braunkohleunternehmer des 19. Jahrhunderts.

Das 19. Jahrhundert hat auch an anderer Stelle Konjunktur: Unter einem Brückenbogen im Stadtteil Kröllwitz haben die Gebrüder Traub ihren Arbeitsplatzplatz. Mit Blick auf die Burg Giebichenstein steht da in weißem Gips die Preußenkönigin Luise:

"Und sie steht also hier vor uns und hat also diese berühmte Rose in der Hand, die sie von Napoleon bekommen hat."

Christof Traub hat an der "Burg", also an der Kunsthochschule in Halle, studiert und rekonstruiert das aus Magdeburg stammende Denkmal der Preußenkönigin. Später soll die grazile Figur auf den Sockel zurückkehren, auf dem sie bis 1963 in Magdeburg stand. Einzig der originale Kopf der Plastik existiert noch. Er war nach der Zerstörung des Denkmals von einem Grundstücksnachbarn geborgen worden. Neben diesem Haupt sind nun etliche Fotos, teils noch aus der Zeit der Errichtung 1901, Basis für die Rekonstruktion.

"Wir haben auf den Fotos immer nur gesehen, aha, hier geht ne Richtung hoch, hier geht ne Richtung runter, haben die verfolgt, und ähnlich war es auf der anderen Seite. Haben die verfolgt und irgendwo müssen sich diese Richtungen treffen. Und die treffen sich in diesen beeindruckenden, schönen Faltentaschen, die natürlich, wenn die nachher in Marmor stehen, das wird eine Musik werden. Ob die damals tatsächlich so schön waren, wissen wir gar nicht, ich glaube, die wird viel schöner als damals, von hinten."

Preußens Luise hatte sich nach Napoleons Sieg persönlich beim Kaiser für den Verbleib Magdeburgs unter preußischer Herrschaft eingesetzt. Seitdem galt sie in der Elbestadt als eine Art Stadtheilige. Als "preußische Madonna" und "Schutzherrin der Deutschen" wurde sie auch im übrigen Reich zur Legende verklärt, vor allem von nationalkonservativen, rechten Kreisen.
Und so bekam die folgerichtig 1901 in Magdeburg ein Denkmal, finanziert von reichen Großbürgergattinnen.

"Wir haben uns das eben auf die Fahne geschrieben, die Magdeburgische Gesellschaft von 1990 zur Förderung der Künste, der Wissenschaften und Gewerbe, muss ich mal sagen, wir haben uns das auf die Fahne geschrieben, die Luise wiederherzustellen."

Hans Schuster ist ein ehemaliger Bundestagsabgeordneter der FDP in Magdeburg. Der 79-jährige Schuster war Bauunternehmer und jahrzehntelang in der Denkmalpflege tätig. Das Luisendenkmal ist Herzenssache für den rüstigen Rentner:

"Also mit der Luise ist sowieso so ein Problem, Die Russen haben die Luise mit ihren ganzen Bildwerken dort stehen lassen, auch in Tilsit und in Memel, in Tilsit hat ja das Treffen zwischen Napoleon und Luise stattgefunden. Die haben da nichts dran verändert, und hier kommt so ein Genosse aus Magdeburg, äh, aus Berlin und bringt dann die Luise zu Fall – da stimmt doch was nicht."

Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg mussten in Sachsen-Anhalt etliche Preußendenkmäler verschwinden: Etwa der Bronze-Bismarck aus Magdeburg oder der Moltke aus Halle. Aber die Luise blieb stehen – bis sie 1963 buchstäblich vom Sockel gestürzt wurde. Der Magdeburger Historiker Professor Matthias Tullner macht für diesen Akt der Bilderstürmerei einen Hochschulkollegen verantwortlich. Der erste Magdeburger Lehrstuhlinhaber für Marxismus-Leninismus, Arno Müller, handelte durchaus auf eigene Initiative, sagt Tullner.

"Zu seinen Feindbildern gehörten also die Zeugnisse der preußischen Geschichte. Und nun kommt er nach Magdeburg, auch eine preußische Stadt, und was sieht er? Genau vor der Hochschule schon wieder die preußische Königin."

Paradox dabei: Das kulturpolitische Klima in der DDR war damals schon so preußentolerant, dass es eine Luise in Marmor gut hätte aushalten können. Skurril ist auch, was dann mit der entthronten Luisenplastik geschah: Sie kam auf das Gelände der im Bau befindlichen Universität und wurde dort Mal für Mal verrückt, um Platz für Baufahrzeuge zu machen. Bei einer solchen Verschiebeaktion fiel der tonnenschwere Block dann irgendwann einmal vom Traktorhänger und zerbrach. Allein der Kopf überlebte. Geborgen von einem Magdeburger Einwohner, verbrachte Luises Haupt die nächsten Jahrzehnte in einer Blumenrabatte – und dient heute als Vorlage für das neu zu erschaffende, aus privaten Spenden bezahlte Standbild, das etwa 90.000 Euro kostet.

"Das Trauerspiel an der ganzen Sache ist nur, dass es im Moment mit der Finanzierung noch hakt, es fehlen 16.ooo bis 17.ooo Euro, die wir noch auftreiben müssen, das ist das Hauptproblem im Moment."

In Halle dagegen spielt Geld keine Rolle. Die Ausschreibung für den Abriss des Thälmann-Denkmals ist abgeschlossen, ein Auftrag ist reif für die Zuteilung. Es wird wohl so kommen, dass Thälmann seinen angestammten Platz verliert. Allerdings schwebt Christian Hirte, dem Direktor des Stadtmuseums da noch eine andere Idee vor.

"Eine Stadt wie Halle ist stolz darauf, historisch gewachsen zu sein, und da kann man Geschichte auch nicht einfach so tilgen. Aus diesem Grunde haben wir gesagt, mit diesem Denkmal muss etwas passieren, es einfach abzunehmen und zu demontieren und dann ist es weg, das ist es nicht. Entweder es müsste am Standort kommentiert werden, oder wir hatten angeregt, es im Stadtmuseum, zusammen mit anderen Denkmalen aus dem Stadtraum zusammenzuführen und dort eine Kommentierung zu machen: was haben sie geleistet, was sollten sie leisten, diese Denkmäler."


Schwerin
Von Almuth Knigge

Voller Selbstbewusstsein steht der da: den schmucklosen Plattenbauten den Rücken gekehrt, die Hände tief in den Manteltaschen vergaben, den Kragen hoch, das Kinn selbstbewusst nach vorn, den Blick über das weite Land gerichtet. Wladimir Iljitsch Lenin - überlebensgroß und in Bronze. Seit Jahren trotzt er seinen Kritikern, die Lenin, den Held von einst, der dem Osten den Weg in die Zukunft zeigte, als Altlast der Vergangenheit sehen und ihn deshalb abreißen wollten. So wie Christoph Priesemann:

"Das geht mir einfach sehr zu wieder, weil ich meine, dass man einen Massenmörder nicht als einen glorreichen Führer darstellen kann."

Christoph Priesemann von der FDP hatte bereits mit Erfolg seine Forderung nach der Umbenennung der Karl-Marx-Straße durchsetzen können. Priesemann kämpft einen persönlichen Kampf. Sein Vater ist Anfang der 50er Jahre in Moskau erschossen worden. Der pensionierte Lehrer will das Lenin-Bild, das die DDR vermittelt hat, löschen. Der Vordenker des Sozialismus, so sagen Forschungen, ist verantwortlich für den Tod von 13 Millionen Menschen.

"Da hört eigentlich nachher der Spaß auf - da muss ich sagen ... würden wir uns ein Hitler-Denkmal womöglich noch?"

Das wiederum geht dem Stadtvertreter der Linkspartei zu weit.

"Ob das Massenmord war äh, also, äh … also ich wage es zu bezweifeln, da gibt es ja auch unterschiedliche Darstellungsweisen."

Und darum geht es Gerd Böttger auch gar nicht – es geht um viel mehr als nur um Lenin. Es geht um das historische Erbe. Und es geht auch um das Selbstbewusstsein der ehemaligen DDR-Bürger.

"Na ja ich glaube, viele im Osten haben den Eindruck, dass ihnen durch den Westen nicht nur materiell etwas genommen wird, sondern das man eben auch alles, womit wir groß geworden sind, auf einmal beseitigt werden muss Und da gibt es so ein Wir-Gefühl und es gibt Menschen, die haben mir gesagt, das Lenin-Denkmal muss bleiben, wo ich genau weiß, dass sie eigentlich mit Lenin nichts am Hut haben."

Und außerdem – die Bodenreform – die war gut – und deshalb sei das Denkmal 1985 schließlich aufgestellt worden. "Dekret über den Boden" – das steht - links unten – eingemeißelt. Das kann man vom Balkon von Erna und Alfred Wolter in der Gagarin-Straße 5 zwar nicht sehen – aber sonst schauen sie seit 22 Jahren beim Kaffeetrinken dem Lenin auf den Kopf.

"Ob mich der Lenin stört, der stört mich nicht."

Schließlich blieb dieser Kommunist standhaft und hat schon vor 14 Jahren einen Antrag in der Stadtvertreterversammlung überstanden, der ihn wie hunderte anderer Büsten und Statuen ins Archiv des Stadtmuseums verbannen wollte.

"Das tut doch keinem was - und wenn sie sich mit der Geschichte befassen und über Lenin informieren, ist der nicht der schlimmste auf dieser Welt gewesen ... und all das, was man den Sowjets oder den Russen anhängt, das können Sie nicht Lenin anhängen, das ist alles vor oder nach seiner Zeit passiert."

Ihr Mann Alfred nickt.

"Kann man stehen lassen - bin der Meinung, der hat keinem was getan ... Man sagt ja immer, Lenin war Ideologe, Stalin der Täter. Ist ja auch eigentlich nur für die Aufteilung des Bodens da hingestellt worden, steht ja da untern dran, nech?"

Seit einem Monat gibt es jetzt noch eine andere Tafel am Denkmal. Aus Aluminium, 40 mal 60 Zentimeter groß.

"Wladimir Iljitsch Lenin" steht da drauf, für alle, die ihn nicht sofort erkennen:

"1870 bis 1924. Führer der Bolschewiki in der Oktoberrevolution 1917 und Gründer der Sowjetunion. Mit dem Dekret über den Frieden beendete er den 1. WK für Russland. Er führte einen Bürgerkrieg gegen große Teile seines eigenen Volkes, um seine Macht zu festigen. Unzählige starben auf seinen Befehl. ... Lenin zerschlug die demokratischen Parteien und die Kirche in Russland fast vollständig. Sein theoretisches Werk bildete die geistige Grundlage für kommunistische Regime in der ganzen Welt. Lenins Diktatur bereitete den Weg für den kommunistischen Terror des 20. Jahrhunderts, dem Millionen Menschen zum Opfer fielen."
Die Tafel mit den Zusatzinformationen und der historischen Einordnung ist der Kompromiss zum Abriss. Das haben die Stadtvertreter beschlossen, 230 Euro hat die gekostet, abreißen wäre außerdem teurer gewesen. Doch damit ist der Streit um das letzte Lenin-Standbild in Europa noch lange nicht beendet. Vor der Tür reparieren Kai und Dieter ihr Auto. Dieter hatte vor der Wende rübergemacht und ist seit zwei Jahren wieder in der Stadt.

"Dieter, was meinst du dazu -- was ist da ... was soll damit sein ... weg damit - wir brauchen den Jungen nicht mehr ... ja was."

In Schwerin auf dem Dreesch braucht man ganz andere Sachen.

"Da sollen se mal nen schönen Kiosk hinstellen, dass man was kaufen kann. Bratwurstbude oder so was ... nen Glasdingsbums - ja is so."

Düsseldorf
Von Friederike Schulz

"Die Stadt Düsseldorf ist sehr schön, und wenn man in der Ferne an sie denkt und zufällig dort geboren ist, wird einem wunderlich zu Mute. Ich bin dort geboren, und es ist mir, als müsste ich gleich nach Hause gehen."

Heinrich Heine hat seine Heimatstadt geliebt, auch wenn er ihr bereits im Alter von 18 Jahren den Rücken kehrte und sich dort danach nie mehr für längere Zeit aufhielt. In seinem Band "Ideen – das Buch Le Grand" hat er seine Erinnerungen an die Stadt liebevoll festgehalten. Und auf Düsseldorf ließ Heinrich Heine auch im Gegensatz zu anderen Städten wie Göttingen oder Frankfurt nie etwas kommen, betont Professor Joseph Kruse, der Direktor des Düsseldorfer Heine-Instituts:

"Düsseldorf war für ihn das verlorene Paradies. Und so ähnlich wie man, damals jedenfalls, über Inferioritäten und Ungleichmäßigkeiten in der Familie im sozialen Gefüge nicht sprach und nichts Schlechtes auf die Familie kommen ließ, so ähnlich ließ er nichts Schlechtes auf Düsseldorf kommen. Es war für ihn eben das verlorene Paradies."

Dennoch hat sich die Stadt lange Zeit mehr als schwer getan mit der Ehrung ihres berühmten Dichters. Erst 1953, fast 100 Jahre nach seinem Tod, sollte ihm ein Denkmal gewidmet werden, das dann auch tatsächlich in der Stadt aufgestellt wurde. Es war nicht so, dass Heine-Verehrer sich nicht schon früher darum bemüht hätten. Den ersten Versuch unternahm Ende der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts Kaiserin Elisabeth von Österreich – Sisi -, die selbst Gedichte schrieb und den Schriftsteller glühend verehrte. Die Stadt Düsseldorf sollte ein geeignetes Grundstück zur Verfügung stellen, Sisi stiftete das Geld für ein Monument, das dann auch tatsächlich realisiert wurde, erzählt Professor Joseph Kruse.

"Sie nahm Rücksicht auf das allgemeine Wunschdenken, dass man wohl die Loreley darstellen müsse und ein Medaillon Heines davor. Lieber hätte sie Heine auf dem Podest gesehen, weil sie fand, dass er ein Autor war, der eben überhaupt nicht auf dem Podest stand, aber dann hat man sich auf das Heine-Denkmal geeinigt, sie hat ein Denkmal erworben von dem Künstler Herter. Das war eine riesige Loreley und unten saßen auf dem Beckenrand die Rhein-Töchter und das Medaillon war auch dabei. Und die Stadt sollte den Platz, den sogenannten ‚Ananas-Berg’ herrichten, damit das Wasser flösse und damit das Ganze unterhalten würde."

Doch dazu kam es nicht – zu laut war der Protest antisemitischer Kreise in Berlin. Dem ungeliebten jüdischen Autor, der von Paris aus so unverblümt die politischen Verhältnisse in seiner Heimat angeprangert hatte, wollte man kein Denkmal setzen, und Düsseldorfs Bürgermeister fügte sich. Die Loreley ging ins Exil - auf Betreiben deutscher Einwanderer in den USA fand sie einen Platz in der New Yorker Bronx, wo sie bis heute steht. Ende der 1920er Jahre folgte dann einen erneuter Versuch. Der Bildhauer Georg Kolbe schuf die Skulptur "aufstrebender Jüngling". Doch die Nationalsozialisten verhinderten die Aufstellung. Erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Statue im "Ehrenhof" am Hofgarten platziert. Allerdings ohne jeglichen Hinweis auf Heinrich Heine – zu zweifelhaft war Kolbes Rolle in der NS-Zeit gewesen. Die Geschichte der Heine-Denkmäler in Düsseldorf steht somit sinnbildlich für das ambivalente Verhältnis des deutschen Publikums zu einem seiner berühmtesten Schriftsteller, meint Professor Joseph Kruse:

"Es gibt komplizierte Verhältnisse zwischen Dichtern und ihren Geburtsstätten. Nur eine solche Art von Verquickung des Streites um seine Ehrungen – ob man die Universität nach ihm benennt oder ob man ihm ein Denkmal setzen will, ob man sonst etwas zu seiner Ehre einrichten will – und den jeweiligen politischen Verhältnissen ist mir sonst so nicht bekannt. Es gab von meinem Vorgänger, Eberhard Galley, die Bemerkung, dass sich selbst in der deutschen politischen Geschichte zeigt, wenn es besonders brisant war, ging es um Heine-Diskussionen, und wenn sie denn positiv beendet waren, zeigte dies einen gewissen demokratischen Fortschritt."

1953 bekam Heine schließlich sein erstes Monument mit Plakette – doch auch diesmal stand er nicht selbst auf dem Sockel, sondern ein Mädchentorso, der bis heute den "Napoleons-Berg" im Hofgarten ziert. Erst zu seinem 125. Todestag – 1981 - rang sich die Stadt dazu durch, dem Dichter ein unverkennbares, wenn auch nicht unumstrittenes, Denkmal zu setzten.

Der "Schwanen-Markt" ist ein kleiner Park am Rande der Innenstadt. In der Mitte: Eine große Wiese, darauf Bronze-Fragmente eines überdimensionalen Gesichts mit riesiger gekrümmter Nase, die Augen geschlossen. Daneben ein Paar Schuhe, eine Trommel und ein Laken, das von einem Reißverschluss zusammengehalten wird – Das "Heine-Vexier-Monument" – ein "Suchbild" des Düsseldorfer Bildhauers Bert Gerresheim. Es ist angelehnt an Heines Totenmaske und zeigt außerdem Symbole für verschiedene Stationen des Dichters, der die letzten acht Jahre seines Lebens ans Bett gefesselt war und in seiner "Matratzen-Gruft" unsägliche Schmerzen litt. Maja Tönnesmann kommt fast jede Woche hier vorbei – sie ist Stadtführerin, und der Schwanenmarkt darf bei keinem Rundgang fehlen. Wenn sie mit einer Besuchergruppe davor stehe, gebe es erstmal schräge Blicke, doch wenn sie den Hintergrund erkläre, gefalle den meisten das Kunstwerk, sagt Maja Tönnesmann:

"Der Künstler selber hat es auch als Frage-Mal bezeichnet, das heißt, er hat bewusst, fast provozierend, wie letztendlich Heine auch, den Menschen etwas vor Augen geführt, das erfordert, dass man sich ein wenig darauf einlässt, was einzelne Teile zu bedeuten haben im Hinblick auf sein Leben und sein Werk."

Die empörten Debatten der 80er Jahre über die Skulptur scheinen heute vergessen – sie gehört ebenso zum Stadtbild wie der Kolbe-Jüngling, der Frauen-Torso auf dem Napoleons-Hügel, das Heine-Standbild vor der Universität und die Heine-Büste im Rathaus. Auch wenn es lange gedauert hat – heute kann wohl niemand mehr der Stadt Düsseldorf vorwerfen, sie zolle ihrem berühmtesten Dichter nicht genügend Respekt.