Leonard Cohen

    Songschreiber-Legende mit 82 Jahren gestorben

    Leonard Cohen trägt ein helles Hemd, darüber eine dunkle Weste, außerdem einen Hut und schaut in die Kamera.
    Leonard Cohen bei einem Auftritt in Nimes (Frankreich) im Jahr 2009 © picture alliance /dpa /EPA /Yoan Valat
    Per Kurznachrichtendienst Twitter meldete Cohens Label: "Mit tiefem Schmerz teilen wir mit, dass der legendäre Dichter, Songschreiber und Künstler Leonard Cohen gestorben ist". Der kanadische Sänger hatte erst im Oktober sein Album "You Want It Darker" veröffentlicht, das unsere Autorin Gesa Ufer präsentiert und als musikalisches Testament beschrieben hat.

    Hören Sie hier den Nachruf von Kai Clement:
    "Der Meister des dunklen Klangs".

    Über das letzte Album

    Tiefer und rauher kann ein Mensch nicht singen. Wie ein großer massiver Subwoofer klingt die Stimme des 82-jährigen Leonard Cohen in diesem – vielleicht letzten - Dialog mit seinem Schöpfer.
    "If you are the dealer, I'm out of the game
    If you are the healer, it means I'm broken and lame
    If thine is the glory then mine must be the shame"
    Unterstützt vom Chor der jüdischen Gemeinde seiner Heimatstadt Montreal beschreibt Cohen die Ambivalenz seiner Gefühle: Die Unausweichliche göttlicher Ordnung einerseits und andererseits sein Hadern und sein Wunsch, sich gegen sie aufzulehnen:
    "Wenn du die Karten gibst, verlasse ich das Spiel
    Wenn du der Heiler bist, bedeutet das
    Ich bin gebrochen und gelähmt."
    Und dann die vielleicht stärksten Zeilen:
    "You want it darker
    We kill the flame"
    Während Gott den Kreis des Lebens mit dem Alter, dem Leiden und Tod schließt, leisten wir, die Menschen, unser Bestes, um die Flamme zu löschen, und noch mehr Tod und Verderben in die Welt zu bringen.
    Nach seinem berühmten ambivalent-spirituellen Song "Halleluja" von 1984, dem eine Leonhard-Cohen-Fan-Homepage über einhundert Cover-Versionen nachweist, zitiert der Nachfahre einer jüdisch-kanadischen Tuchhändler-Familie in diesem Song einen weiteren biblischen Ausruf:
    "Hineni, Hineni"
    "Hineni, Hineni" – der wohl mächtigste Ausdruck, den die hebräische Sprache für die Aufmerksamkeit und Bereitschaft kennt, eine Aufgabe mit viel Hingabe zu übernehmen.
    "Hier bin ich. Ich bin bereit, o Herr".

    Warum greift Gott nicht ein?

    Sein Leben lang hat Cohen die direkte Konfrontation mit Gott und spirituellen Fragen gesucht, anfangs noch als Dichter, wie in seinem ersten Lyrikband "Let us compare Mythologies" von 1956, später dann mithilfe seiner Musik. 15 Jahre lebte Cohen sogar in einem Zen-Kloster und kochte dort für seinen Meister.
    Beschäftigt hat ihn, den Meister der Melancholie, immer auch das Schweigen und Nichteingreifen eines Gottes trotz unermesslicher Grausamkeiten auf der Welt. Ob Cohen auch in diesem Song darauf anspielt, wenn er von seinen Dämonen singt, von Tätern, die ihre Gefangenen säuberlich in Reihen stellten, um sie zu töten und zu verstümmeln?
    "They're lining up the prisoners
    And the guards.
    are taking aim

    I struggled with some demons
    They were middle class and tame
    I didn't know I had permission to murder and to maim
    You want it darker"
    Du willst es dunkler, scheint Cohen seinem zynischen Gott mit Grabesstimme zuzuraunen.

    Ankündigung des eigenen Todes

    Und dann ist da noch die Sache mit dem eigenen Tod, über die Leonard Cohen immer gern seine Witze gemacht hat. "Entschuldigen Sie bitte, dass ich noch nicht sterbe", hat er noch vor zwei Jahren bei einem Konzert gefrotzelt. Anfang diesen Jahres hat er seiner langjährigen Geliebten und Muse, der todkranken Norwegerin Marianne Ihlen einen Brief geschickt, in dem er sich von ihr verabschiedet und ihr ankündigt, ihr bald folgen zu wollen.
    "You want it Darker" könnte zu seinem musikalischen Testament werden.
    Der kanadische Sänger und Songwriter Leonard Cohen (9.10.2011).
    Leonard Cohen ist im Alter von 82 Jahren gestorben.© dpa / picture alliance / J.L. Cereijido

    Leonard Cohen ist tot

    Sein Label Sony Music Canada meldete auch auf Leonard Cohens Facebook-Seite: "Wir haben einen der verehrtesten und produktivsten Visionär verloren." Eine Gedenkveranstaltung werde es zu einem späteren Zeitpunkt in Los Angeles geben. Die Familie bitte darum, ihre Privatsphäre zu respektieren.

    Kanadas Ministerpräsident: "Kanada und die Welt werden ihn vermissen"

    "Die Musik von niemand anderem klang oder hat sich so angefühlt wie die von Leonard Cohen. Trotzdem berührte sein Werk Generationen", schrieb Kanadas Ministerpräsident Justin Trudeau bei Twitter. "Kanada und die Welt werden ihn vermissen."

    Mit Songs wie "Hallelujah", "Suzanne" oder "So long Marianne" war der 1934 geborene Cohen weltberühmt geworden. Zuvor hatte er bereits Gedichte und Romane geschrieben. Den Durchbruch als Musiker hatte Cohen in den 60er-Jahren in New York geschafft.

    Der Kanadier hat bei einem Interview im Magazin "New Yorker" nach der Veröffentlichung seines letzten Albums im Oktober angedeutet, dass er sich dem Sterben nahe fühle: "Ich bin bereit zu sterben. Ich hoffe nur, es wird nicht zu ungemütlich. Das ist es dann auch schon für mich."

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