Theodor-Heuss-Preis für Leonid Wolkow

Im Informationskrieg gegen Putin

11:26 Minuten
Leonid Wolkow im Porträt.
Sein Exil in Litauen empfinde er zurzeit eher als eine Art Homeoffice, sagt Leonid Wolkow. © imago-images / STAR-MEDIA
Leonid Wolkow im Gespräch mit Vladimir Balzer |
Audio herunterladen
Der russische Publizist Leonid Wolkow ist ein enger Mitarbeiter des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny und lebt im litauischen Exil. Nun bekommt er den Theodor-Heuss-Preis verliehen. Die Wirksamkeit von Putins Propaganda habe nachgelassen, sagt Wolkow.
Der Autor und russische Oppositionelle Leonid Wolkow lebt seit 2019 im Exil in Litauen. Er ist ein enger Vertrauter von Kreml-Kritiker Alexej Nawalny und hat kürzlich ein Buch über die Entwicklung Russlands zur Diktatur veröffentlicht. Für sein Eintreten für Demokratie und Zivilgesellschaft in Russland bekommt er nun den Theodor-Heuss-Preis verliehen.
Er sei sehr erstaunt gewesen, als er erfahren habe, dass der Preis ihm persönlich verliehen wird, sagt Wolkow. Da er als enger Mitarbeiter schon viele Preise für den inhaftierten Nawalny entgegengenommen habe, dachte er zuerst, dass der Preis an diesen geht.

Trotz des Exils eng mit Russland verbunden

Er fühle sich gar nicht wirklich im Exil, sagt Wolkow: "Alle unsere Projekte zielen nach Russland, und wir sind nicht weit entfernt. Es ist ein bisschen wie die Arbeit von zu Hause während der Pandemie. Wir befinden uns in der Anti-Korruptions-Stiftung von Nawalny in einem dauernden Informationskrieg mit Putins Propaganda und seinen Narrativen. Dadurch sind wir täglich mit Russland verbunden."
Er verstehe den Preis nicht als persönliche Auszeichnung, sondern als eine Anerkennung für die Arbeit des gesamten Teams in der Stiftung, sagt Wolkow. Diese Arbeit habe ihre Wirkung nicht verfehlt:

Die Vermutung, dass Putins Propaganda noch funktioniert, ist falsch. Wir sehen genau, wie ihre Wirksamkeit immer mehr nachlässt. Die Propaganda-Shows im Fernsehen haben weniger Zuschauer, und auch in Meinungsumfragen ist die Unterstützung für Putin und den Krieg nach unten gegangen. Das hat teilweise auch mit unserer Arbeit zu tun, denn wir haben unsere Zuschauerzahlen seit Kriegsbeginn verdoppelt.

Leonid Wolkow, russischer Publizist und Oppositioneller

Die größte Verbreitung finde auf YouTube statt, das in Russland nicht gesperrt ist. Aber die Stiftung bespiele viele verschiedene Kanäle, etwa Telegram oder Whatsapp und auch die in Russland eigentlich gesperrten Plattformen Instagram und Twitter, denn viele Menschen seien in der Lage, die Sperren zu umgehen.

Schwindender Rückhalt für Putin

Die Stiftung betreibt seit zehn Jahren auch ein eigenes Meinungsforschungsbüro. An deren Umfrageergebnissen sei klar zu erkennen, dass sich die öffentliche Meinung in Russland gerade dramatisch verändere, insbesondere seit der Teilmobilmachung, sagt Wolkow. "Nahezu jede Familie ist nun betroffen. Jeder hat einen Freund, Bekannten oder Verwandten, der eingezogen wurde oder bei dem man es versucht hat."
Die Meinungsforschung sei auch deswegen so wichtig, weil es nach wie vor keine öffentlich sichtbaren Merkmale des Protests gebe. Das sei eine Folge des harten Durchgreifens der Behörden bei den ersten Demonstrationen. "Es ist noch nicht klar, wie diese Stimmung sich in eine neue Welle der Protestbewegung verändern lässt, aber wir arbeiten daran", sagt Wolkow.
(rja)
Mehr zum Thema