Lernen von der jüdischen Kultur in Prag
Sie besuchen Synagogen, das Jüdische Museum und das sagenumwobene Grab des Rabbi Löw: Jüdische Jugendliche aus Schwerin unternehmen einen Ausflug in die tschechiche Hauptstadt - und erfahren dort vieles über Kultur und Geschichte des Judentums. Eine Reportage.
In der prächtigen spanischen Synagoge von Prag mit ihren wundervollen Buntglasfenstern und Verzierungen beginnt die Besichtigung für die Kinder und Jugendlichen aus Mecklenburg-Vorpommern an diesem Tag. Der 14-jährige Jorge erinnert sich hier zunächst daran, wie er die Stadt anfangs fand, als er sie bei einer Bootstour einen Tag zuvor das erste Mal sah.
"Es wird ja gesagt, dass es eigentlich ganz schön sein soll, aber außen finde ich nicht, die Häuser sind nicht gepflegt und so."
Aber Prag gefällt ihm langsam immer besser und auch sein Freund Martin entdeckt schnell die schönen Seiten der Stadt.
"Es fließt ja auch die Moldau durch, die Aussicht von der Burg, von der Prager Burg, die Aussicht auf die Stadt, ja man hat von da die ganze Stadt gesehen. Von oben sah man da diese ganzen hohen Türme und, ja, das war eben sehr schön."
Die spanische Synagoge, die 1868 im maurischen Stil erbaut wurde, beeindruckt nun fast alle Sonntagsschüler. Paula, 18 Jahre, schaut sich die orientalischen Motive hier ganz genau an.
"Ich habe die so ein bisschen mit der in Schwerin verglichen und die sieht ein wenig anders aus, altertümlich noch, im Gegensatz zu unserer Synagoge. Es ist mal schön, eine altertümliche Synagoge zu sehen, von innen."
Paula ist es besonders wichtig, an diesem Tag viel zu erfahren, denn sie hat großes Interesse an der jüdischen Geschichte.
"Weil ich selber jüdisch bin und gerne was über meine Vorfahren und unsere Geschichte genau erfahren möchte und, ja, man kann nie genug wissen darüber."
Ein Teil des Gebäudes wird durch das Jüdische Museum in Prag als Ausstellungsraum genutzt. Gezeigt wird hier die Geschichte der böhmischen jüdischen Gemeinden von der Industriellen Revolution bis zum Holocaust.
Die Kinder und Jugendlichen sehen sich ausgestellte Gedichte auf Papierblättern, Bilder und Spielzeuge von Kindern an, die im Ghetto Theresienstadt leben mussten. Viele starben dort oder wurden in Auschwitz und anderen Konzentrationslagern umgebracht. Die 16-jährige Taja bleibt vor einem aus Draht und Stoff gestalteten Spielzeugtier stehen
"Es war ja eine sehr schwierig Lage, aber trotzdem brauchten die Kinder irgendwas zum Spielen, was sie aufmuntert. Also heute gibt es Plüschtiere ohne Ende und das ist so ein kleines – ich glaub das ist ein Lama oder sowas - und das ist auch so ganz dünn und selbst gemacht. Das finde ich auch bemerkenswert, dass sie trotzdem solche Spielsachen hatten, auch wenn das jetzt nicht das Neueste war."
Auf dem Weg in das nächste religiöse Gebäude regnet es. Es gibt viel Gedränge inmitten anderer Touristen. Betreuerin Irina Bawina erinnert sich an andere Ausflüge mit den Sonntagsschülern.
"Letztes Jahr zum Beispiel wir waren in Krakau und Auschwitz. Da waren 40 Grad Hitze und wir waren von neun Uhr früh morgens bis neun Uhr abends unterwegs. Das war anstrengend, aber das gehört dazu. Wir waren in Auschwitz und wir haben die Bilder gesehen und wir haben diese Geschichte gehört, was die Leute erlebt haben. Kinder haben das Verständnis dafür und irgendwann sollen wir mit diesem Thema anfangen und dieses Alter, finde ich, ist total okay."
In der Pinkas-Synagoge angekommen, sehen die Jugendlichen die vielen Inschriften mit Namen an den Wänden. Zu lesen sind hier tausende Namen der in der NS-Zeit ermordeten tschechischen und mährischen Juden. Die 15-jährige Anna liest und denkt darüber nach.
"Also wir haben in der Führung erfahren, dass das 80.000 Namen sind, die hier aufgelistet werden. Also mir persönlich gefällt die Form sehr, sehr gut. Es ist ein sehr emotionales und trauriges Thema. Es ist wichtig, an die Menschen zu denken."
Auch die anderen stimmt der Blick auf all die Namen sehr nachdenklich. Nach der Besichtigung der Synagogen geht es weiter zum jüdischen Friedhof von Prag. Er ist der älteste noch existierende in Europa. Auf nur einem Hektar gibt es mehr als 12.000 Grabsteine, viele davon stehen schief und krumm. Darauf liegen dem Brauch nach viele kleine Steine - ein Zeichen der Verbundenheit von Angehörigen und Besuchern. Begraben wurden hier seit der ersten Hälfte des 15.Jahrhunderts vermutlich mehr als 100.000 Menschen.
Am sagenumwobenen Grab des Theologen und Pädagogen Rabbi Löw, der 1609 gestorben ist, stecken unzählige zusammengerollte Zettel. Auf sie haben Besucher Wünsche geschrieben, die sich der Legende nach erfüllen. Die 15-jährige Anna hat nach einem Gespräch mit dem Landesrabbiner William Wolff Zweifel an dieser Legende.
"Der Rabbiner hat auch gesagt, er fragt sich, was die Leute sich vorstellen, wer das lesen würde. Aber Hauptsache die Menschen haben noch Hoffnung, Glauben und stellen sich das vor. Aber für ihn ist das auch Aberglaube."
Die vielen Grabsteine in ihren unterschiedlichen Formen sind für Eugen Bunimov, einen der drei mitreisenden Erwachsenen, ein Sinnbild. Am Ende des Friedhofs bleibt er stehen und dreht sich noch einmal um.
"Ich sehe das aus einer anderen Perspektive: Wenn sie so sehen, diese alten Grabsteine - sie sind wie Menschen. Also kleine Grabsteine sind die Kinder, größere sind die älteren Menschen und die gebrechlichen Menschen, sie stehen schief. Also kleine, große, mittelgroße. So ist es, wie ein Volk, stehen hier alle alten Grabsteine."
Nach der Besichtigung des Viertels hofft der Landesrabbiner, dass die Sonntagsschüler darüber nachdenken werden.
"Ich mache jedes Jahr eine Reise mit unseren Sonntagsschulkindern zu irgendeiner interessanten Stätte in Europa. Ich hoffe, dass, wenn sie sowas gesehen haben, ein Interesse geweckt wird, dass sie sich bewusst sind, dass es eben ein großes jüdisches Erbe gibt."
Gesprächsstoff gibt es sicher genug für alle und auch nach der Rückkehr nach Schwerin werden die Sonntagsschüler in der jüdischen Gemeinde dort wohl noch viel von der Reise nach Prag erzählen und das Erlebte auswerten.
"Es wird ja gesagt, dass es eigentlich ganz schön sein soll, aber außen finde ich nicht, die Häuser sind nicht gepflegt und so."
Aber Prag gefällt ihm langsam immer besser und auch sein Freund Martin entdeckt schnell die schönen Seiten der Stadt.
"Es fließt ja auch die Moldau durch, die Aussicht von der Burg, von der Prager Burg, die Aussicht auf die Stadt, ja man hat von da die ganze Stadt gesehen. Von oben sah man da diese ganzen hohen Türme und, ja, das war eben sehr schön."
Die spanische Synagoge, die 1868 im maurischen Stil erbaut wurde, beeindruckt nun fast alle Sonntagsschüler. Paula, 18 Jahre, schaut sich die orientalischen Motive hier ganz genau an.
"Ich habe die so ein bisschen mit der in Schwerin verglichen und die sieht ein wenig anders aus, altertümlich noch, im Gegensatz zu unserer Synagoge. Es ist mal schön, eine altertümliche Synagoge zu sehen, von innen."
Paula ist es besonders wichtig, an diesem Tag viel zu erfahren, denn sie hat großes Interesse an der jüdischen Geschichte.
"Weil ich selber jüdisch bin und gerne was über meine Vorfahren und unsere Geschichte genau erfahren möchte und, ja, man kann nie genug wissen darüber."
Ein Teil des Gebäudes wird durch das Jüdische Museum in Prag als Ausstellungsraum genutzt. Gezeigt wird hier die Geschichte der böhmischen jüdischen Gemeinden von der Industriellen Revolution bis zum Holocaust.
Die Kinder und Jugendlichen sehen sich ausgestellte Gedichte auf Papierblättern, Bilder und Spielzeuge von Kindern an, die im Ghetto Theresienstadt leben mussten. Viele starben dort oder wurden in Auschwitz und anderen Konzentrationslagern umgebracht. Die 16-jährige Taja bleibt vor einem aus Draht und Stoff gestalteten Spielzeugtier stehen
"Es war ja eine sehr schwierig Lage, aber trotzdem brauchten die Kinder irgendwas zum Spielen, was sie aufmuntert. Also heute gibt es Plüschtiere ohne Ende und das ist so ein kleines – ich glaub das ist ein Lama oder sowas - und das ist auch so ganz dünn und selbst gemacht. Das finde ich auch bemerkenswert, dass sie trotzdem solche Spielsachen hatten, auch wenn das jetzt nicht das Neueste war."
Auf dem Weg in das nächste religiöse Gebäude regnet es. Es gibt viel Gedränge inmitten anderer Touristen. Betreuerin Irina Bawina erinnert sich an andere Ausflüge mit den Sonntagsschülern.
"Letztes Jahr zum Beispiel wir waren in Krakau und Auschwitz. Da waren 40 Grad Hitze und wir waren von neun Uhr früh morgens bis neun Uhr abends unterwegs. Das war anstrengend, aber das gehört dazu. Wir waren in Auschwitz und wir haben die Bilder gesehen und wir haben diese Geschichte gehört, was die Leute erlebt haben. Kinder haben das Verständnis dafür und irgendwann sollen wir mit diesem Thema anfangen und dieses Alter, finde ich, ist total okay."
In der Pinkas-Synagoge angekommen, sehen die Jugendlichen die vielen Inschriften mit Namen an den Wänden. Zu lesen sind hier tausende Namen der in der NS-Zeit ermordeten tschechischen und mährischen Juden. Die 15-jährige Anna liest und denkt darüber nach.
"Also wir haben in der Führung erfahren, dass das 80.000 Namen sind, die hier aufgelistet werden. Also mir persönlich gefällt die Form sehr, sehr gut. Es ist ein sehr emotionales und trauriges Thema. Es ist wichtig, an die Menschen zu denken."
Auch die anderen stimmt der Blick auf all die Namen sehr nachdenklich. Nach der Besichtigung der Synagogen geht es weiter zum jüdischen Friedhof von Prag. Er ist der älteste noch existierende in Europa. Auf nur einem Hektar gibt es mehr als 12.000 Grabsteine, viele davon stehen schief und krumm. Darauf liegen dem Brauch nach viele kleine Steine - ein Zeichen der Verbundenheit von Angehörigen und Besuchern. Begraben wurden hier seit der ersten Hälfte des 15.Jahrhunderts vermutlich mehr als 100.000 Menschen.
Am sagenumwobenen Grab des Theologen und Pädagogen Rabbi Löw, der 1609 gestorben ist, stecken unzählige zusammengerollte Zettel. Auf sie haben Besucher Wünsche geschrieben, die sich der Legende nach erfüllen. Die 15-jährige Anna hat nach einem Gespräch mit dem Landesrabbiner William Wolff Zweifel an dieser Legende.
"Der Rabbiner hat auch gesagt, er fragt sich, was die Leute sich vorstellen, wer das lesen würde. Aber Hauptsache die Menschen haben noch Hoffnung, Glauben und stellen sich das vor. Aber für ihn ist das auch Aberglaube."
Die vielen Grabsteine in ihren unterschiedlichen Formen sind für Eugen Bunimov, einen der drei mitreisenden Erwachsenen, ein Sinnbild. Am Ende des Friedhofs bleibt er stehen und dreht sich noch einmal um.
"Ich sehe das aus einer anderen Perspektive: Wenn sie so sehen, diese alten Grabsteine - sie sind wie Menschen. Also kleine Grabsteine sind die Kinder, größere sind die älteren Menschen und die gebrechlichen Menschen, sie stehen schief. Also kleine, große, mittelgroße. So ist es, wie ein Volk, stehen hier alle alten Grabsteine."
Nach der Besichtigung des Viertels hofft der Landesrabbiner, dass die Sonntagsschüler darüber nachdenken werden.
"Ich mache jedes Jahr eine Reise mit unseren Sonntagsschulkindern zu irgendeiner interessanten Stätte in Europa. Ich hoffe, dass, wenn sie sowas gesehen haben, ein Interesse geweckt wird, dass sie sich bewusst sind, dass es eben ein großes jüdisches Erbe gibt."
Gesprächsstoff gibt es sicher genug für alle und auch nach der Rückkehr nach Schwerin werden die Sonntagsschüler in der jüdischen Gemeinde dort wohl noch viel von der Reise nach Prag erzählen und das Erlebte auswerten.