Lernen von leisen Siegern

24.01.2013
Deutsche Firmen sind Weltspitze, nicht nur im Maschinenbau, sondern auch bei Software für Bildbearbeitung, Reißzwecken oder Orgeln. Hermann Simon hat ausgewertet, was ihren Erfolg ausmacht. Er liefert keine Zauberformeln, aber langfristige Erfahrungswerte.
Wer sich dafür interessiert, warum Deutschland bisher vergleichsweise gut durch die Krisenjahre gekommen ist, der sollte Hermann Simons Buch über "Die Erfolgsstrategien unbekannter Weltmarktführer" lesen. Seit 25 Jahren sammelt der Unternehmensberater Daten über diese "Hidden Champions". Anders als im Sport sind diese ökonomischen Weltmeister fast gänzlich unbekannt. Die Zurückhaltung ist gewollt, denn man hat in diesen Unternehmen gelernt, dass es lohnender ist, eher seine Kunden zu bedienen als die Neugier der Öffentlichkeit.

Dass deutsche Firmen nicht nur im Maschinenbau und der Autoherstellung Weltspitze sind, sondern in höchst unterschiedlichen Branchen, dafür liefert der Autor zahllose Beispiele: Wir lesen von Spitzensoftware für Bildbearbeitungssysteme, Festigkeitstests für Hausfassaden, Hunderollleinen, Reißzwecken oder Orgeln, deren Hersteller den Weltmarkt beherrschen.

Bestens für "Globalia" gerüstet
Überraschend, dass Simon ausgerechnet die deutsche Kleinstaaterei des 19. Jahrhunderts als einen Grund ausgemacht hat, warum hiesige Unternehmen bis heute weltweit führend sind. Doch genau die einstige Enge hat dafür gesorgt, dass deutsche Unternehmen von Anfang an international denken und handeln mussten, wollten sie nicht untergehen.

Dieses internationale Denken prägt Firmen wie Unternehmer bis heute, die deshalb für "Globalia", also die Zukunftsmärkte wie die in China und Indien bestens gerüstet sind. Die gründliche deutsche Berufsausbildung, ein vielgelobter Teil der ansonsten eher umstrittenen deutschen Bildungslandschaft, ist ein weiterer Faktor für die Spitzenqualität von "Made in Germany".

Eine Art Kochbuch, wie man am schnellsten zum Weltmarktführer aufsteigt, mit dem sich auch die dafür nötigen Unternehmens-Chefs backen lassen, erwartet man von diesem Buch allerdings vergebens. Zu unterschiedlich sind die Firmen, zu verschieden deren Führungspersonal. Allerdings hat Hermann Simon in seinem manchmal bis zur Erschöpfung faktenreichen Buch sowohl die Strategien der Weltmarktführer herausgearbeitet, als auch die gemeinsamen Eigenschaften ihrer Führungspersönlichkeiten - Eigenschaften wie Vitalität und Ausdauer, Einheit von Person und Mission, fokussierte Zielstrebigkeit, Inspiration und Furchtlosigkeit eint, die ihnen halfen, über Jahre und Jahrzehnte Firmen für Spitzenprodukte zu leiten.

Erfolg ist kein Selbstläufer
Dass erfolgsverwöhnte Unternehmensführer, die oft sehr jung Verantwortung übernommen haben, sich am Ende schwer tun, ihre Macht an Nachfolger abzugeben, hat sich gerade für Familienunternehmen allerdings als Existenz bedrohend herausgestellt.

Simons Buch liefert keine Zauberformeln, sondern langfristige Erfahrungswerte, deren Essenz nach jedem Kapitel leserfreundlich zusammengefasst wird. Es endet mit der Warnung, Erfolg nicht als Selbstläufer zu betrachten, um nicht vom "Hidden Champion" zum sehr öffentlichen Verlierer zu werden.

Besprochen von Liane von Billerbeck

Hermann Simon: "Hidden Champions. Aufbruch nach Globalia"
Campus, Frankfurt/New York, 2012
447 Seiten, 42,00 Euro