Lernfestival Limmud immer beliebter

Von Gerald Beyrodt |
Schon Wochen vor dem Festival waren die Karten ausverkauft. Über 500 Juden aus der ganzen Bundesrepublik nehmen am Lernfestival Limmud am Brandenburger Werbellinsee teil. Der Andrang zeigt: Limmud hat sich etabliert in Deutschland.
Für viele ist der das Festival neben Pessach und Jom Kippur ein fester Termin im jüdischen Jahr.

"Ich finde es wunderbar eine Zeit lang mit so vielen Juden zu verbringen, unheimlich viele Leute kennen zu lernen und Erfahrungen auszutauschen, und hab fantastische Workshops gehabt. Ich hab so viel gelernt, wie sonst in drei Jahren nicht."

"Dass man viel lernen kann und viele Juden trifft."

Wer sich bei umhört, bekommt immer wieder zu hören: gerade die Unterschiedlichkeit der Teilnehmer ist ein großes Plus.

"Es ist wunderbar, jüdische Menschen zu treffen, unterschiedlichster Orientierung, Alter, Generation, Herkunft und ein tolles Treffen, sich auszutauschen, zu diskutieren, konstruktiv zu streiten – wunderbar."

"Vor allen, dass es ein Ort ist an dem sich alle treffen, alle Juden, weil im Grunde genommen die jüdische Gemeinschaft sehr in Bezirke aufgeteilt ist. Man geht in die eine Synagoge, und dann gibt es noch vier, in die man ganz bestimmt nicht gehen würde, und bei Limmud treffen sich einfach alle, egal, säkular, orthodox, liberal, was auch immer. Und das finde ich gut, dass es ein Ort ist, wo man sich nicht wirklich aus'm Weg gehen kann und man kann, wenn man über seinen eigenen Schatten springt, durchaus auch von anderen lernen."

Auf dem Gelände am Brandenburger Werbellinsee trifft man orthodoxe Rabbiner genauso wie weibliche Rabbinerinnen. Es hat lange Überzeugungsarbeit gebraucht, um orthodoxe Juden zu dem Festival zu bringen, erzählt Toby Axelrod, die Vorsitzende von Limmud.

"Es gibt mehr Hemmungen seitens orthodoxer Juden, zu so einer Veranstaltung zu fahren, weil sie sind unsicher, dass es tatsächlich alles echt koscher ist, dass wir die Möglichkeiten haben, wirklich eine Shomer-Shabbat-Erlebnis anzubieten, Gottesdienste und so weiter müssen auch passend sein, und sie haben dann erfahren, dass wir wirklich, obwohl unser Team ist ein Spiegel aus alle Richtungen in Judentum, von Konversion bis Orthodoxie, dass wir es ermöglichen, für alle zu Hause zu fühlen bei Limmud. Es ist manchmal ein Kampf, die Gruppen zusammen zu bringen."

Möglich wird orthodoxen Juden die Teilnahme durch Regeln, die für alle gelten: Am Schabbat bleiben in Seminarräumen die Beamer und die CD-Player ausgeschaltet, niemand schreibt sich etwas auf. Auch das Essen ist koscher. In einem eigenen Workshop vermittelt ein Rabbiner, wie man einen Eruw baut, also einen Bezirk, an dem am Schabbat Tragen erlaubt ist. Auf dem Gelände gibt es viele unterschiedliche Gottesdienste: Orthodoxe feiern dort genauso wie Reformjuden, Anhänger der Jewish Renewal-Bewegung und konservative Juden. Natürlich gehen die meisten Beter in die Gottesdienste, die ihnen vertraut sind, doch es gibt Ausnahmen, erzählt Programmdirektorin Julia Itin.

"Im letzten Jahr, ein orthodoxes Mädchen ist in Reformgottesdienst gegangen, um sich das einfach mal anzuschauen, weil sie sich das vorher nie getraut hat, und ich glaube das ist sehr schöne Illustration dafür, wie Limmud Grenzen von verschiedene jüdische Gruppen durchlässiger macht."

Wer zu Limmud komme, wisse, worauf er sich einlasse, findet Toby Axelrod. Er müsse Offenheit für andere mitbringen.

"Und ich finde, dass im Allgemeinen die Sache bewegt sich langsam in der Richtung, dass die Leute verstehen, dass nur Juden aus andere Richtungen kennen zu lernen und im gleichen Klassenzimmer zu sitzen, heißt nicht, dass du plötzlich Reform wirst oder orthodox wirst. Es geht nur darum, dass es andere Menschen sind. Wir können mehr schaffen, wenn wir diese Ängste abschaffen."

Etwa 180 Kurse stehen auf dem Programm. Wer an dem Festival teilnimmt, kann auch einen Vortrag halten oder ein einen Workshop anbieten. Der Grundgedanke von Limmud: Lernende sind Lehrende und Lehrende sind Lernende.
Erstmalig in diesem Jahr hat Limmud besondere Schwerpunktthemen: die Welt verbessern – auf Hebräisch Tikkun olam, und Gender-Fragen. Ein Workshop beschäftigt sich mit Frauenbeteiligung an orthodoxen Gottesdiensten - immer noch ein heißes Eisen. Und wer ganz praktisch die Welt verbessern möchte, kann auf dem Limmud-Gelände gleich Blut spenden, für das nahe gelegene Krankenhaus in der Stadt Eberswalde.

Weitere Infos: Limmud-Lernfestival am Werbellinsee in Brandenburg