Eine kurdische Bürgermeisterin und ihre Hoffnung auf Rückkehr
Leyla Imret fühlt sich auch im deutschen Exil für ihre Stadt Cizre im Südosten der Türkei verantwortlich. Die türkische Regierung hatte die kurdische Bürgermeisterin 2015 ihres Amtes enthoben und eine Zwangsverwaltung eingesetzt.
Die kurdische Politikerin Leyla Imret wuchs bei Verwandten in Bremen auf. Ihre Mutter hatte sie aus Sicherheitsgründen als Kind dorthin geschickt, nachdem ihr Vater 1991 bei Kämpfen in der Südtürkei getötet wurde. Während der Annäherung zwischen der AKP-Regierung und den Kurden in der Türkei ging Imret wieder in die Türkei zurück. Mit 26 Jahren wurde sie in ihrer Heimatstadt Cizre zur Bürgermeisterin gewählt.
Eskalation des Konflikts
Als die Lage sich wieder verschlechterte und seit 2015 in Cizre Ausnahmezustand herrschte, gab es in der Stadt über Wochen kein Wasser und keinen Strom mehr. Bei Kämpfen zwischen dem Militär und der bewaffneten kurdischen Arbeiterpartei PKK wurden zahlreiche Zivilisten getötet. Im Herbst 2015 wurde Imret ihres Amtes enthoben und mehrmals festgenommen. Seit ihrer Ausreise lebt die Bürgermeisterin im deutschen Exil.
Bürgermeisterin des Volkes
"Bis jemand anderes gewählt ist, fühle ich mich immer noch verantwortlich und vertrete natürlich immer noch das Volk", sagte die kurdische Bürgermeisterin Leyla Imret im Deutschlandfunk Kultur. Sie sei von den Bürgern ihrer Heimatstadt Cizre gewählt worden und könne nur durch eine demokratische Neuwahl abgesetzt werden. Wenn die Stadt ihre Rückkehr wünsche und sie erneut zur Bürgermeisterin mache, wäre sie dazu bereit. Sie habe ihre Amtszeit nicht beenden können.
79 Bürgermeister in Haft
"Ich war sehr, sehr überrascht, weil ich habe überhaupt nicht damit gerechnet", sagte Imret über ihre Absetzung, von der sie aus den Medien erfahren habe. Es liefe immer noch ein Verfahren gegen sie wegen angeblicher Propaganda und Volksverhetzung. In der Türkei säßen heute nach vergleichbaren Absetzungen 79 Bürgermeister in Haft. In Deutschland höre man heute nur noch wenig über die Lage der Kurden in der Türkei. Sollte es zu einen Handel zwischen der Türkei und der Bundesregierung rund um Waffenlieferungen kommen, würden damit kurdische Städte zerstört und zerbombt, sagte Imret.