Libyenkonferenz in Rom

Wettlauf gegen die Zeit

In Sirte liefert sich der IS Gefechte mit verschiedenen Milizen, aufgenommen im November 2015
In Sirte liefert sich der IS Gefechte mit verschiedenen Milizen © picture alliance / dpa
Von Tilmann Kleinjung |
Die Terrormiliz IS gewinnt im Bürgerkriegsland Libyen immer mehr an Boden. Nun ist es dem Außenminister der ehemaligen Kolonialmacht Italien, Paolo Gentiloni, gelungen, die verfeindeten Parteien Libyens in Rom zusammen an einen Tisch zu bekommen.
Nur 600 Kilometer trennen Sizilien von Sirte, der Stadt, in der die Terrormiliz IS bereits ihre schwarzen Fahnen hissen konnte. "Von Libyen aus wollen wir das Kolosseum einnehmen", tönt die IS Propaganda. Italien fühlt sich bedroht und in der Verantwortung. Die ehemalige Kolonialmacht hat bei der Suche nach einem Ausweg aus dem Chaos in dem Bürgerkriegsland die Initiative übernommen. Vorbild ist die Syrienkonferenz in Wien. Italiens Außenminister Paolo Gentiloni ist es gelungen, am heutigen Sonntag in Rom die verfeindeten Parteien in Libyen zusammen mit den wichtigsten Vertretern der internationalen Gemeinschaft an einen Tisch zu bekommen.
"Mit der Konferenz wollen wir als Staatengemeinschaft die Bedingung schaffen für eine Vereinbarung zwischen den Libyern."
Libyen hat zwei Parlamente. Eines in der ostlibyschen Stadt Tobruk, das international anerkannt ist. Und ein von Islamisten dominiertes Abgeordnetenhaus in Tripolis. Der Konkurrenzkampf zwischen diesen beiden Parlamenten erzeugt ein Machtvakuum, in dem sich der IS immer mehr ausbreiten konnte. Deshalb ist das vorrangige Ziel dieser Konferenz: eine Einheitsregierung für Libyen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Norbert Röttgen:
IS hat begonnen, sich in Libyen festzusetzen
"Bereits jetzt hat IS angefangen, sich in Libyen festzusetzen. Und dies würde bedeuten, dass das Vakuum durch IS weiter aufgefüllt würde. Und IS würde seinen Herrschaftsbereich von Syrien über Irak bis Libyen ausdehnen. Und das würde die Gefahr, die von dem IS für Europa ausgehen, weiter verschärfen."
Der CDU Politiker Röttgen hat an einem Mittelmeer-Forum in Rom teilgenommen, bei dem die heutige Konferenz vorbereitet wurde. Eine erste Erfolgsmeldung gab es bereits am vergangenen Freitag. Da konnten sich Vertreter beider libyschen Parlamente darauf einigen, am kommenden Mittwoch, den Vertrag über eine Einheitsregierung zu unterzeichnen. Der Libyen-Beauftragte der Vereinten Nationen, der Deutsche Martin Kobler spricht von einem Wettlauf gegen die Zeit. Er könne "die Bedrohung, die der IS darstellt, nicht überbetonen". In jedem Fall ist eine neue libysche Regierung auf internationale, militärische Unterstützung angewiesen. Auch dabei wird sich Italien seiner Verantwortung kaum entziehen können.
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